Reise durch die Sonnenwelt
merkwürdig zugehen«.
Der Stoß erfolgte in der uns schon bekannten Art und Weise. Für Palmyrin Rosette hatte er zunächst die Folge, ihn urplötzlich von seinem Diener Joseph zu trennen. Als er aus langer Betäubung wieder erwachte, sah er sich allein auf einem Eiland, dem einzigen Ueberbleibsel vom Archipel der Balearen.
So lautete die Geschichte des Professors, die er mit vielen Ausrufungen spickte und mit so drohendem Runzeln der Augenbrauen begleitete, wie es der Kreis seiner wohlwollenden Zuhörer schwerlich verdiente Er schloß, wie folgt:
»Hochwichtige Veränderungen waren eingetreten, wie die Ortsveränderung der Cardinalpunkte des Himmels und die Verminderung der Schwerkraft. Ich, meine Herren, lebte dabei nur nicht wie Sie in der Täuschung, mich noch auf dem Erdsphäroïd zu befinden. Nein! die Erde gravitirte durch den Weltraum weiter in Begleitung des ihr immer treu gebliebenen Mondes und folgte ihrer früheren Bahn, welche durch den Stoß keine Veränderung erlitt. Der Komet hatte sie ja so zu sagen nur gestreift und ihr die wenigen, verhältnißmäßig unbedeutenden Theile ihrer Oberfläche entrissen, welche Sie nach und nach wieder gefunden haben. Es ist demnach Alles sehr glücklich abgegangen und wir haben keinerlei Ursache zu klagen. Wir konnten ja entweder zermalmt werden durch den Anprall des Kometen, oder die Erde konnte letzteren fest an sich halten; in keinem Falle genössen wir den beneidenswerthen Vorzug, jetzt durch die Sonnenwelt zu fliegen.«
Palmyrin Rosette sprach das Alles mit einer solchen Befriedigung aus, daß an einen Widerspruch gar nicht zu denken war. Nur Ben-Zouf wagte unkluger Weise seine Meinung dahin zu äußern, »daß, wenn der Komet statt auf jenen Theil Afrikas gegen den Montmartre gestoßen wäre, dieser Berg gewiß hinreichenden Widerstand geleistet hätte und dann …«
»Der Montmartre! rief Palmyrin Rosette, der Zwerg von Montmartre-Hügel wäre in Staub verwandelt worden wie ein gewöhnlicher Maulwurfshaufen, dem er ja gleicht!
– Einem Maulwurfshaufen! rief nun seinerseits Ben-Zouf auf’s Tiefste verletzt. Mein heimatlicher Hügel hätte Ihr Kometen-Bröckchen im Fluge gehascht und sich dasselbe wie einen Käppi aufgesetzt!«
Um dieser nur kurzen, aber unzweckmäßigen Discussion ein Ende zu machen, befahl Hector Servadac Ben-Zouf zu schweigen, und theilte dem Professor des Näheren mit, welch’ eigenthümliche Ideen seine Ordonnanz über die Festigkeit des Montmartre-Hügels habe.
Der Zwischenfall erschien also »auf Ordre« erledigt, doch konnte der Soldat niemals Palmyrin Rosette verzeihen, daß dieser so wegwerfend über seinen heimatlichen Berg gesprochen hatte.
Jetzt hätte man gern erfahren, ob Palmyrin Rosette auch nach dem Zusammenstoße im Stande gewesen sei, seine astronomischen Beobachtungen fortzusetzen, und welcher Art die Resultate derselben bezüglich der Zukunft des Kometen sein möchten.
Mit aller, dem griesgrämigen Temperamente des Professors gegenüber nothwendigen Zurückhaltung stellte Lieutenant Prokop die zweifache Frage nach dem Wege, dem die Gallia jetzt im Weltraume folgte, und nach der Dauer ihrer Umlaufszeit um die Sonne.
»Ja, mein Herr, ließ sich Palmyrin Rosette vernehmen, ich hatte die Bahn meines Kometen zwar vor der Collision bestimmt, mußte nach derselben die Berechnungen jedoch auf’s Neue vornehmen.
– Und warum das, Herr Professor? fragte Lieutenant Prokop etwas erstaunt über diese Erklärung.
– Weil auf der einen Seite die Erde durch jenen Zusammenstoß nicht aus ihrer Bahn gelenkt wurde, das auf der anderen aber mit der Gallia-Bahn der Fall war.
– Diese Bahn ist durch den Stoß eine andere geworden?
– Das wage ich bestimmt zu behaupten, erwiderte Palmyrin Rosette, vorausgesetzt daß meinen Beobachtungen nach dem Zusammentreffen nicht die nöthige Genauigkeit mangelt.
– Sie haben für diese Bahn also neue Elemente erhalten? fragte Lieutenant Prokop lebhaft.
– Ja wohl, bestätigte Palmyrin Rosette ohne Zögern.
– Nun, so wissen Sie auch …
– Was ich weiß, mein Herr, beschränkt sich auf Folgendes: Die Gallia traf auf die Erde in ihrem aufsteigenden Knoten in der Nacht vom 31. December zum 1. Januar um zwei Uhr siebenundvierzig Minuten fünfunddreißig sechs Zehntel Secunden des Morgens; am 10. Januar durchschnitt sie die Bahn der Venus, erreichte ihr Perihel am 15. Januar, hierauf zum zweiten Male die Bahn der Venus, durchschnitt die Erdbahn im absteigenden Knoten am 1. Februar,
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