Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
der er einst mehrere Jahre verlebte, traten die Bilder seiner Freunde, die nun nicht mehr waren, vor seine Seele. Sein Gedanke schweifte weiter nach der Heimat, nach Frankreich. Er fragte sich, ob die furchtbare Erdrevolution nicht auch dort verheerend aufgetreten sein möge. Dann suchte er in der Tiefe des Wassers einige Spuren der verschlungenen Hauptstadt zu entdecken.
    »Nein, rief er verzweifelt, eine solche Katastrophe ist doch reinweg unmöglich! Eine Stadt verschwindet doch nicht im Handumdrehen mit Mann und Maus! Es müßten doch wenigstens einige Trümmer umherschwimmen. Von der Casbah, von dem hundertfünfzig Fuß hohen Fort Empereur würde doch eine Spitze das Wasser überragen! Und wenn nicht ganz Afrika tief in die Eingeweide der Erde verschlungen wurde, müssen wir doch einige Spuren desselben wieder finden!«
    Es erschien in der That auffallend, daß kein Trümmerstück auf dem Meere schwamm, kein entwurzelter oder gebrochener Baum, dessen Aeste doch fortgetrieben wären, keine Planke von den vielen Fahrzeugen in der prächtigen, zwanzig Kilometer langen Bai, die sich noch vor einem Monat zwischen Cap Matifou und der Landspitze Pescade ausdehnte.
    Wenn das Auge aber nur über die Meeresoberfläche Aufschluß gab, konnte man dann nicht eine Sonde benutzen und mit deren Hilfe irgend ein Ueberbleibsel der auf so sonderbare Weise verschwundenen Stadt zu erlangen suchen?
    Graf Timascheff, der Kapitän Servadac’s Gemüth von jedem Zweifel entlasten wollte, gab Befehl zu sondiren. Das Bleigewicht sank in die Tiefe.
    Zur größten Verwunderung Aller und vorzüglich zum größten Erstaunen Lieutenant Prokop’s wies die Sonde einen Grund von fast constantem Niveau und nur in fünf bis sechs Faden Tiefe nach. Zwei Stunden lang ward diese Sonde über eine weite Strecke dahin geschleppt und verrieth dabei doch niemals nur andeutungsweise jene Niveauunterschiede, wie sie jene, wie Algier, in amphitheatralischer Form erbaute Stadt hätte darbieten müssen. Sollte man nun auch noch annehmen, daß die Wogen mit Eintritt der Katastrophe auch die ganze Umgebung der Hauptstadt Algiers eingeebnet hätten?
    Das war doch etwas zu unwahrscheinlich.
    Der Meeresboden selbst bestand weder aus Felsen, noch aus Schlamm, weder aus Sand, noch aus Muscheldetritus. Die Sonde lieferte nur einen durch sein lebhaft goldiges Schimmern ausgezeichneten Metallstaub, dessen eigentliche Natur für jetzt nicht weiter zu bestimmen war. Jedenfalls entsprach der Befund sehr wenig den im Mittelmeere durch Sondirungen gewöhnlich erlangten Resultaten.
    »Da sehen Sie, Lieutenant, sagte Hector Servadac, wir sind entfernter von der Küste Algiers, als Sie glauben.
    – Wenn wir weit davon weg wären, entgegnete kopfschüttelnd der Angeredete, so würden wir nicht fünf Faden Tiefe, wohl aber zwei-bis dreihundert finden.
    – Nun dann? … fragte Graf Timascheff.
    – Ich weiß nicht, was ich hiervon denken soll.
    – Herr Graf, begann da Kapitän Servadac, ich wage die Bitte, Ihr Schiff gefälligst nach Süden gehen zu lassen, um dort vielleicht zu finden, was wir hier vergeblich suchen!«
    Graf Timascheff wechselte einige Worte mit dem Lieutenant Prokop, und da die Witterung günstig erschien, ward der Beschluß gefaßt, die Dobryna etwa sechsunddreißig Stunden lang nach Süden steuern zu lassen.
    Hector Servadac dankte seinem Wirthe, der dem Untersteuermann Befehl gab, den neuen Cours einzuhalten.
    Mit größter Sorgfalt wurde nun im Laufe der nächsten sechsunddreißig Stunden das Fahrwasser untersucht. Man begnügte sich dabei nicht allein mit der Sondirung des verdächtigen Meeres, das noch immer bei vier bis fünf Faden Tiefe einen durchweg ebenen Boden zeigte, sondern schleppte über letzteren auch eiserne Schaufeln hin, welche indessen weder einen bearbeiteten Stein, noch ein Stückchen Metall, einen abgebrochenen Zweig oder eine einzige Wasserpflanze, noch eines jener zahllosen Seethiere zu Tage förderten, die sonst auf dem Meeresgrunde zu nisten pflegen. Welcher Erdboden vertrat also jetzt wohl die Stelle des früheren Grundes im Mittelländischen Meere?
    Die Dobryna segelte bis zum 36. Grade der Breite. Die Eintragung in die an Bord vorhandenen Karten ergab unzweifelhaft, daß das Schiff sich zur Zeit über dem vormaligen Sahel, einem Bergrücken, der das Meer von der gesegneten Mitidja-Ebene scheidet, und zwar genau an dem Punkte befand, wo sich früher die höchste Spitze desselben, die Bouzareah, bis auf vierhundert Meter erhob.

Weitere Kostenlose Bücher