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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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drei Seiten hin jedem Winde frei lagen.
    Nach einer Fahrt von etwa vierhundert Kilometer längs dieser Küste ward die Dobryna plötzlich durch eine scharfe Biegung derselben aufgehalten. Lieutenant Prokop, der Stunde für Stunde die Lage des neuen Continentes ruf der Karte nachgetragen hatte, erklärte, daß sie jetzt in der Richtung von Norden nach Süden verlaufe. Hier erschien das Mittelmeer, etwa entsprechend dem 22. Meridian, also abgeschlossen. Erstreckte sich diese Sperrung nun bis nach Italien oder Sicilien? Das mußte ja bald entschieden sein, und wenn es der Fall war, so erschien das große Bassin, dessen Wellen Europa, Asien und Afrika bespülten, um fast die Hälfte seiner Ausdehnung verkleinert.
    Die Goëlette drehte, in der Absicht, jeden Punkt dieser neuen Küste zu untersuchen, nach Norden bei und dampfte in der Richtung auf Europa zu. Nach einigen weiteren hundert Kilometern mußte sie in die Gegend von Malta kommen, wenn diese alte Insel, welche nacheinander die Phönicier, die Karthager, die Sicilier, Römer, Vandalen, Griechen, Araber und die Malteserritter besaßen, von der Katastrophe verschont geblieben war. Man fand aber nichts, und als die Sonde am 14. Februar an der von Malta eingenommenen Stelle herabgesenkt wurde, brachte sie wiederum nur jenen metallischen Staub herauf, der jetzt den Boden des Mittelmeeres bildete und dessen Natur noch immer unbekannt blieb.
    »Die Zerstörungen reichen also bis weit über das Festland Afrikas hinaus, bemerkte Graf Timascheff.
    – Ja, antwortete Lieutenant Prokop, und wir können die Grenze derselben jetzt unmöglich bestimmen!
    – Was ist nun aber Ihre Absicht, Vater? Nach welchem Theile Europas soll die Dobryna gehen?
    – Nach Sicilien nach Italien, nach Frankreich, ganz gleich, dahin, wo wir endlich hören können …
    – Wenn die Dobryna nicht die einzigen Ueberlebenden der Erdkugel trägt!« fiel ihm mit ernstem Tone Graf Timascheff in’s Wort.
    Kapitän Servadac schwieg still, denn seine traurigen Ahnungen waren mit denen des Grafen Timascheff ganz identisch. Das Schiff ward gewendet und passirte bald die Stelle, wo sich der Breitengrad und der Meridian der verschwundenen Insel kreuzten.
    Die Küste erstreckte sich immer gleichmäßig von Süden nach Norden und unterbrach jede Verbindung mit dem Golf von Sydra, der früheren großen Syrte, die sich ehedem bis nach Egypten ausdehnte. Ebenso wenig konnte man weiter im Norden, jetzt voraussichtlich mehr nach Griechenland und den Häfen des türkischen Reiches gelangen. Damit mußten dann auch der griechische Archipel, die Dardanellen, das Marmara-Meer, der Bosporus, das Schwarze Meer und die diesen benachbarten Landstrecken Rußlands verschlossen sein.
    Der Goëlette stand für später also nur ein einziger Weg offen, d.h. der nach Westen, um auf diese Weise die nördlichen Küstenländer des Mittelmeeres zu erreichen.
    Im Laufe des 16. Februar versuchten die Reisenden jene Richtung einzuschlagen. Aber als ob die Elemente sich gegen sie verschworen hätten, vereinigten sich Wind und Wellen, um sie von diesem Wege zurückzuhalten. Bald entfesselte sich ein furchtbarer Sturm, der es einem Fahrzeuge von nur zweihundert Tonnen überhaupt schwer machte, die See zu halten. Die Gefahr wuchs aber noch mehr, da es der Wind gegen die Küste trieb.
    Lieutenant Prokop war höchst unruhig. Er hatte alle Segel einnehmen und die Marsstengen niederholen lassen, vermochte aber durch die Kraft der Maschine allein nicht gegen das schwere Wetter aufzukommen.
    Die enormen Wellen warfen die Goëlette wohl hundert Fuß hoch empor und schleuderten sie ebenso tief in die Abgründe, welche sich zwischen den Wogen öffneten. Ost arbeitete die Schraube nur noch in der Luft und verlor also ihre Wirkung gänzlich. Obwohl die Dampfspannung bis auf das irgend zulässige Maximum gesteigert wurde, so verlor die Goëlette doch an Weg gegen den wüthenden Orkan.
    In welchem Hafen konnte sie nun Schutz suchen? Die unzugängliche Küste bot ja keinen einzigen. Lieutenant Prokop konnte also in die unangenehme Verlegenheit gerathen, auf gut Glück gegen das Land anzufahren. Er überlegte diesen Ausweg. Was sollte indeß aus den Schiffbrüchigen werden, wenn es ihnen auch gelang, an diesem steilen Ufer Fuß zu fassen? Welche Hilfsquellen hatten sie in jenem offenbar ganz wüsten Lande zu erwarten? Wie konnten sie nach Erschöpfung ihrer Provision dieselbe erneuern? Durste man darauf hoffen, jenseit dieser unwirthlichen Mauer einen noch

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