Reise durch die Sonnenwelt
Dobryna auf ihrer Entdeckungsfahrt niemals den östlichen Cours geändert hatte.
Hier trat also eine neue Thatsache hervor, deren Consequenzen man sich klar machen mußte. Graf Timascheff wollte eben hierauf eingehen, als ein Getöse seine Aufmerksamkeit ablenkte. Er drehte sich um und sah mit mißfälligem Erstaunen Mannschaften von seiner Dobryna im Streite mit englischen Soldaten.
»Sie befinden sich hier auf einem Boden, über dem die Flagge Englands weht!« (S. 126.)
Und die Ursache dieser Aufregung? Ganz einfach ein Wortwechsel zwischen dem Matrosen Panofka und dem Corporal Pim. Woher aber rührte dieser?
Weil das aus der Kanone geschleuderte Geschoß einen Balken der Goëlette zertrümmert, und dabei Panofka’s – – Pfeife zerbrochen hatte, was freilich ohne eine kleine Schramme an der Nase, welche für eine russische Nase wohl etwas zu lang sein mochte, nicht abgegangen war.
Während also Graf Timascheff und Kapitän Servadac einige Mühe hatten, sich mit den englischen Officieren zu verständigen, drohte auch noch ein Handgemenge zwischen der Besatzung der Dobryna und der Garnison des Eilandes.
Natürlich vertrat Hector Servadac hierbei den Matrosen und zog sich hierdurch von Major Oliphant die Erklärung zu, daß England für seine Geschosse nicht verantwortlich sei; daß hier ein Fehler des russischen Matrosen vorliege; daß dieser Matrose sich an einem Punkte befunden habe, wo er, zur Zeit als die Kugel vorüber sauste, nicht hätte sein sollen, und daß die ganze Sache, wäre er ein Landsmann gewesen, gewiß gar nicht vorgekommen wäre, u. dergl. m.
Trotz seiner reservirten Haltung ward Graf Timascheff hierüber doch allmälig bös, und nach Austausch einiger nicht gar so freundlichen Worte mit den beiden Officieren, befahl er seinen Leuten, sich unverzüglich einzuschiffen.
»Wir werden uns noch treffen, meine Herren! verabschiedete sich Hector Servadac von den beiden Engländern.
– Wann es Ihnen beliebt!« erwiderte Major Oliphant.
Für jetzt erfüllte, gegenüber dieser neuen Erfahrung, nach der Gibraltar an der Stelle lag, wo man Korfu gesucht hätte, den Grafen Timascheff und Kapitän Servadac nur noch der eine Gedanke, einerseits Rußland, andererseits Frankreich wieder aufzusuchen.
Eben deshalb lichtete die Dobryna auch ohne Säumen die Anker, und zwei Stunden später sah man nichts mehr von dem, was von Gibraltar noch übrig geblieben war.
Fünfzehntes Capitel.
In welchem man sich bemüht, eine Wahrheit zu entdecken, der man sich vielleicht nähert.
Gleich die ersten Stunden der Fahrt verwendete man darauf, die Consequenzen jener neuen und unerwarteten Thatsache zu besprechen. Gelang es ihnen dabei auch noch nicht, die volle Wahrheit zu ergründen, so durften der Graf, der Kapitän und Lieutenant Prokop doch hoffen, einen Schritt weiter in das Geheimniß ihrer sonderbaren Lage einzudringen.
Nun, und was wußten sie denn jetzt unzweifelhaft? Das Eine, daß die Dobryna, nachdem sie die Insel Gourbi unter 18° östlicher Länge verlassen, die neu entstandene Küste etwa unter 33° östlicher Länge angetroffen hatte. Es entsprach das also einer Entfernung von fünfzehn Längengraden. Rechnete man hierzu die Länge der Meerenge, auf welcher sie den neuen unbekannten Continent durchfahren hatten, zu etwa dreiundeinhalb Grad, dann noch die Strecke von deren östlichem Ausgange bis Gibraltar zu etwa vier Graden, und endlich den Raum zwischen Gibraltar und der Insel Gourbi zu ungefähr sieben Längengraden, so ergab das im Ganzen neunundzwanzig Grade.
Die Dobryna hätte demnach von ihrem Abfahrtspunkte an der Insel Gourbi bis ebendahin zurück, wobei sie genau demselben Breitengrade folgte oder mit anderen Worten eine vollständige Rundfahrt ausführte, annähernd neunundzwanzig Grade zurückzulegen gehabt.
Achtzig Kilometer auf einen Grad gerechnet, ergab das eine Summe von 2320 Kilometern.
Wenn die Insassen der Dobryna an Stelle Korfus und der Ionischen Inseln auf Gibraltar trafen, so sagte das, daß der ganze Rest der Erdkugel, im Umfange von 331 Längengraden, vollständig verschwunden war. Hätte man vor der Katastrophe in östlicher Richtung von Malta nach Gibraltar segeln wollen, so hätte man die zweite, östliche Hälfte des Mittelmeeres, den Kanal von Suez, das Rothe Meer, das Indische Meer, den Stillen Ocean, das Cap Horn und nordöstlich hinauf das Atlantische Meer passiren müssen. Statt dieses ungeheuren Weges hatte eine neue Meerenge von zweihundertsechzig
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