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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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seine richtige Stelle im lithologischen Systeme anzuweisen, aber weder Graf Timascheff, noch der Stabsofficier oder Lieutenant Prokop vermochten deren Natur zu erkennen.
    Wenn dieser Hohlweg aber auch keine Spuren von Feuchtigkeit aus der jüngsten, oder aus älterer Zeit aufwies, so war doch leicht einzusehen, daß er unter veränderten klimatischen Verhältnissen einst sehr beträchtlichen Wassermassen als Abfluß dienen werde.
    Schon glänzten da und dort auf der Böschung beschränkte, mit Schnee bedeckte Stellen, welche nach oben immer ausgedehnter auftraten und die höchsten Punkte des Bergkammes in dicken Lagen überdeckten. Höchst wahrscheinlich lag auch das ganze Terrain hinter der Ufermauer unter einer gleichen Schnee-und Eisdecke begraben.
     

    Mit Schnee bedeckte Stellen glänzten da und dort auf der Böschung. (S. 145.)
     
    »Das wären also die ersten Spuren von Süßwasser, die wir auf der Gallia entdecken, bemerkte Graf Timascheff.

    – Ja wohl, antwortete Lieutenant Prokop, und weiter oben werden wir nicht nur Schnee-, sondern in Folge der zunehmenden Kälte auch Eisbildungen antreffen. Vergessen wir nicht, daß wir uns, wenn die Gallia eine sphäroïdale Gestalt besitzt, hier in der Nähe ihrer arktischen Gebiete befinden, welche die Sonnenstrahlen nur in sehr schräger Richtung treffen. Es kann daselbst, ebenso wie während des Sommers an den beiden Polen der Erde, niemals völlig Nacht werden, da die Sonne, in Folge der sehr geringen Neigung der Rotationsachse, den Aequator kaum verläßt; die Kälte muß dagegen sehr hohe Grade erreichen, vorzüglich wenn sich die Gallia beträchtlich von dem Centrum der Wärme, der Sonne, entfernen sollte.
    – Haben wir nicht zu befürchten, Lieutenant, fragte Kapitän Servadac, daß diese Kälte dabei so sehr zunehmen wird, um die Existenz jedes lebenden Wesens zu vernichten?
    – Nein, Kapitän, erwiderte Lieutenant Prokop. So weit wir uns auch von der Sonne entfernen mögen, niemals wird die Kälte unter die Temperatur des Weltraumes herabsinken können, d.h. unter die derjenigen Stellen, an denen nicht einmal mehr Luft vorhanden ist.
    – Und diese Temperaturgrenzen sind? …
    – Etwa sechzig Grad (des hunderttheiligen Thermometers) unter Null, nach der Angabe eines Franzosen, des gelehrten Naturforschers Fourier.
    – Sechzig Grad! rief Graf Timascheff, sechzig Grad unter Null! das ist aber eine Temperatur, welche selbst für Russen unerträglich werden dürfte.
    – Aehnliche Kältegrade, fuhr Lieutenant Prokop fort, haben englische Seefahrer in den Polarmeeren schon angetroffen, und Parry hat, wenn ich nicht irre, auf der Insel Melville sechsundfünfzig Grad unter Null am Thermometer beobachtet.«
    Die drei Wanderer standen einen Augenblick still, um Athem zu schöpfen, denn auch ihnen erschwerte, wie es Bergsteigern so häufig ergeht, die nach und nach sich verdünnende Luft das Aufsteigen mehr und mehr. Außerdem empfanden sie, ohne eine besonders große Höhe erreicht zu haben – sie mochten etwa 6-bis 700 Fuß emporgestiegen sein – eine sehr merkliche Abnahme der Temperatur. Glücklicher Weise erleichterte ihnen die streifige Structur der mineralischen Substanz des Rinnenbettes das Gehen und so erreichten sie vom Strande aus in etwa anderthalb Stunden die Höhe des Bergkammes.
    Dieses Küstengebirge überragte nicht nur das Meer nach Süden zu, sondern auch nach Norden die ganze, rasch abfallende Umgebung.
    Kapitän Servadac konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken.
    Frankreich war nicht mehr vorhanden! Unzählige Felsengebilde folgten einander bis zum entferntesten Horizonte. Von Schnee und Eis bedeckt, floß dieses Steinmeer zur einförmigen Wüste zusammen, in welcher man nichts als eine Anhäufung sechskantiger, regelmäßiger Prismen erkannte. Die ganze Gallia schien das Product einer mineralischen, gleichartigen und unbekannten Formation zu sein. Wenn der eigentliche Kamm des steilen Ufers, das jetzt den Rahmen des Mittelmeeres bildete, nicht diese Gleichartigkeit der höchsten Spitzen zeigte, so mochte das von irgend einer Ursache – vielleicht von derselben, der man überhaupt noch das Vorhandensein des Meeres verdankte-herrühren, welche bei Gelegenheit der großen Katastrophe die äußere Textur dieser Gebirgsmauer veränderte.
    Doch wie dem auch sei, jedenfalls sah man in diesem Theile der Gallia kein Ueberbleibsel des europäischen Festlandes. Ueberall hatte die neue Substanz den alten Boden bedeckt. Hier fand sich nichts von

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