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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und Letzterer schien durch eine bezeichnende Kopfbewegung zu antworten:
    »Lassen Sie das nur gut sein, mein Kapitän; Sie sind letzt hier General-Gouverneur. Ich habe das einmal so arrangirt!«
    Kapitän Servadac bedeutete dem Juden, zu schweigen, und dieser neigte ehrfurchtsvoll den Kopf und kreuzte die Arme über der Brust.
    Jetzt konnte man ihn nach Belieben mustern.
    Es war ein Mann von fünfzig Jahren, den man leicht für sechzig halten konnte. Klein und hager von Gestalt, mit lebhaften, aber falschen Augen, gebogener Nase, gelblich-rothem Barte, struppigem Haar, großen Füßen, langen, krallenartigen Händen, zeigte er ganz den Typus des deutschen Juden, der sich von allen anderen leicht unterscheidet. Das war der Wucherer mit dem Katzenbuckel und kalten Herzen, der Münzenkipper, der zusammenscharrende Geizhals von oben bis unten.
    Silber hatte auf diesen Menschen ebensoviel Anziehungskraft wie der Magnet auf Eisen, und wenn es diesem Shylock gelungen wäre, sich auf die bekannte Weise von seinem Schuldner bezahlt zu machen, so hätte er dessen Fleisch gewiß noch einmal weiter verschachert. Obwohl von Geburt Israelit, spielte er in mohammedanischen Ländern den Mohammedaner und wäre Heide geworden, wenn ihm das »mehr abgeworfen« hätte.
    Dieser Jude nannte sich Isaak Hakhabut und stammte aus Köln, war also erst Preuße und in zweiter Linie Deutscher. Nach seiner Mittheilung gegen Kapitän Servadac befand er sich das ganze Jahr über in Handelsgeschäften auf der Reise, wobei er Küstenhandel längs der Umgebungen des Mittelmeeres betrieb. Sein Magazin – eine Tartane von zweihundert Tonnen, ein wahrhafter fliegender Krammladen – versorgte die Küstenorte mit tausenderlei verschiedenen Artikeln, von den Streichhölzchen an bis zu den bunten Bilderbogen aus Frankfurt oder Epinal.
    Isaak Hakhabut hatte keinen anderen Wohnsitz als seine Tartane, die »Hansa«. Unbeweibt und kinderlos lebte er an Bord. Ein Obersteuermann und drei Mann Besatzung genügten zur Führung des leichten Fahrzeuges, welches bei seinen kurzen Küstenfahrten Algerien, Tunis, Egypten, die Türkei, Griechenland und alle Stapelplätze der Levante berührte. Mit Vorräthen an Kaffee, Zucker, Reis, Tabak, Pulver, Kleidungsstoffen u.s.w. reichlich versehen, verkaufte, vertauschte und trödelte Isaak Hakhabut überall mit größtem Eifer und gewann dabei ein gut Stück Geld.
    Die Hansa ankerte zufällig in Ceuta, an der vorspringendsten Spitze Marokkos, als die Katastrophe eintrat. Der Obersteuermann und seine drei Leute befanden sich in der Nacht vom 31. December zum 1. Januar nicht an Bord und verschwanden damals spurlos, gleich so vielen Anderen. Der Leser erinnert sich aber, daß die äußersten Felsen von Ceuta, gegenüber Gibraltar, damals verschont blieben, wenn man sich unter den obwaltenden Verhältnissen dieses Ausdruckes bedienen darf; mit und auf ihnen blieben auch zehn Spanier übrig, welche nicht im entferntesten ahnten, was vorgegangen war.
    Diese Spanier, andalusische Majos (d.s. Gebirgsbewohner Andalusiens mit bunter, phantastischer Tracht und verrufene Raufer), unwissend von Natur, träge aus Liebhaberei, aber immer bei der Hand, Naraja oder Guitarre zu spielen, von Profession Ackerbauer, hatten einen gewissen Negrete zum Anführer, dessen Kenntnisse die der Uebrigen nur deshalb ein wenig übertrafen, weil er früher etwas in der Welt umhergekommen war. Als sie sich auf dem Felsen von Ceuta allein sahen, kamen sie in nicht geringe Verlegenheit. Wohl war die Hansa sammt ihrem Besitzer zur Stelle, und sie hätten gewiß keine Gewissensbisse darüber empfunden, sich zur Heimfahrt dieses Schiffes zu bemächtigen, nur fand sich leider kein Seemann unter ihnen. Nun konnten sie selbstverständlich doch nicht ewig auf diesem Felseneilande bleiben, und so zwangen sie nach Aufzehrung ihrer Vorräthe Hakhabut, sie an Bord seines Schiffes aufzunehmen.
    Mittlerweile erhielt Negrete den Besuch der beiden englischen Officiere von Gibraltar, dessen im Vorhergehenden Erwähnung geschah. Was damals zwischen den Engländern und den Spaniern gesprochen wurde, wußte der Jude nicht. Jedenfalls veranlaßte Negrete in Folge dieses Besuches Hakhabut, unter Segel zu gehen, um ihn und seine Genossen nach dem nächsten Punkte der marokkanischen Küste überzuführen. Der Jude sah sich gezwungen, diesem Ansinnen zu entsprechen; bei seiner Gewohnheit aber, aus Allem Nutzen zu ziehen, stipulirte er mit den Spaniern einen Preis für die Ueberfahrt,

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