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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Fernrohres zu erkennen … (S. 211.)
     
    Damals wurde auch eine gewisse Etiquetten-Frage gelöst.
    Man erinnert sich, daß Ben-Zouf seinen Herrn als General-Gouverneur der Kolonie vorgestellt hatte. Er begnügte sich aber nicht, ihm diesen Titel zu octroyiren, sondern er nannte ihn bei jeder Gelegenheit auch noch »Monseigneur«. Hector Servadac berührte das endlich unangenehm, so daß er seiner Ordonnanz aufgab, ihm diesen Ehrentitel nicht ferner beizulegen.
    »Aber, Monseigneur? … antwortete unverdrossen Ben-Zouf.
    – Wirst Du schweigen, Kerl!
    – Ja, Monseigneur!«
    Da sich Hector Servadac gegen Ben-Zouf’s Trotzköpfigkeit nicht anders zu helfen wußte, nahm er ihn eines Tages beiseite und sagte:
    »Wirst Du endlich aufhören, mich Monseigneur zu nennen?
    – Ganz wie es Ihnen beliebt, Monseigneur! antwortete Ben-Zouf.
    – Weißt Du Querkopf denn, was Du thust, wenn Du mich so nennst?
    – Nein, Monseigneur.
    – Kennst Du nicht die Bedeutung dieses Wortes, das Du, wie es scheint, ohne Verstand im Munde führst?
    – Nein, Monseigneur.
    – Nun, dieses heißt im Lateinischen so viel wie: ›Mein Alter‹, und Du verletzest den Respect gegen Deinen Vorgesetzten, wenn Du mich ›Mein Alter‹ nennst.«
    Seit dieser kleinen Lection verschwand wirklich der Titel Monseigneur aus Ben-Zouf’s Wortschatze.
    Die erwartete strenge Kälte war mit der zweiten Hälfte des März noch nicht eingetreten, so daß Hector Servadac und seine Gefährten sich auch noch nicht von der Außenwelt abzuschließen brauchten. Man unternahm sogar einige Ausflüge längs des Ufers und über den neuen Continent, wodurch man sich über das Gebiet im Umkreise von fünf bis sechs Kilometer nähere Kenntniß verschaffte. Ueberall aber bestand Warm-Land aus einer Felsenwüste ohne jede Spur von Vegetation. Da und dort deuteten einige gefrorene kleine Wasserläufe oder mit Schnee bedeckte Stellen das Vorhandensein des flüssigen Elementes auf seiner Oberfläche an. Wie lange Zeit mußte aber der Niederschlag atmosphärischer Dünste fortdauern, bevor diese in Gestalt eines Flusses sich ein Bett in diesem steinichten Boden auszuhöhlen und ihre Wellen nach dem Meere zu entsenden im Stande sein würden! Bildete diese ganze, von den Gallia-Bewohnern Warm-Land genannte, homogene Masse überhaupt einen Continent oder nur eine Insel, reichte sie vielleicht bis zum Südpole hinab? Wer hätte das entscheiden mögen, da eine Expedition über diese metallischen Krystallisationen rein unmöglich erschien!
    Kapitän Servadac und Graf Timascheff gelangten indeß eines Tages dazu, sich eine allgemeine Vorstellung ihrer Umgebungen zu verschaffen, als sie dieselben vom Gipfel des Vulkanes aus beobachteten. Dieser Berg erhob sich bekanntlich am Ende des Vorgebirges von Warm-Land und maß etwa neunhundert Meter über dem Meere. Er stellte einen enormen, sehr regelmäßigen und in der Form eines abgestumpften Kegels erscheinenden Block dar. An dem stumpfen Gipfel gähnte der enge Krater, durch den die Eruptionsmassen ausflossen, welche fortwährend ein Riesenhelmbusch von Dunstwolken krönte.
    Nach der alten Erde versetzt, hätte man diesen Vulkan gewiß nur mit größter Mühe besteigen können. Seine steilen Abhänge und schlüpfrig-glatten schiefen Ebenen waren dazu angethan, auch die tollkühnsten Bergsteiger abzuschrecken. Jedenfalls wäre ein solcher Versuch mit den größten Schwierigkeiten verknüpft gewesen, ohne die Erreichung des letzten Zieles zu gewährleisten. Hier dagegen verrichteten Hector Servadac und Graf Timascheff, Dank der bedeutenden Verminderung der Schwere und der daraus resultirenden, relativen Zunahme ihrer Muskelkraft, wahrhafte Wunder von Gewandtheit und Kraft. Eine Gemse hätte nicht behender von einem Felsstücke zum anderen springen, ein Vogel nicht sicherer als sie auf dem schmalen Kamme des Abgrundes dahin gehen können. Kaum eine Stunde brauchten sie, um den Niveau-Unterschied von etwa dreitausend Fuß zwischen dem Fuß und dem Gipfel des Berges zu überwinden. Am Krater angelangt, fühlten sie sich nicht mehr ermüdet, als wären sie unter anderen Verhältnissen einen Kilometer weit gegangen. Offenbar bot das Bewohnen der Gallia neben verschiedenen Unbequemlichkeiten doch auch manches Angenehme.
    Von der Höhe des Berges vermochten die beiden Beobachter mittels Fernrohres zu erkennen, daß das äußere Ansehen des Asteroïdes sich überall gleich blieb. Nach Norden zu dehnte sich das große Gallia-Meer mit spiegelglatter

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