Reise durch die Sonnenwelt
davon auf seine Person.
Es ging sehr lustig zu. Die Spanier vorzüglich wurden geradezu ausgelassen. Der eine holte die Guitarre hervor, ein Anderer die Castagnetten und Alle begannen im Chore zu singen. Ben-Zouf seinerseits gab das in der ganzen französischen Armee so bekannte »Lied des Zuaven« zum Besten, dessen Reiz freilich nur Der zu schätzen weiß, der es von einem Virtuosen, wie die Ordonnanz des Kapitän Servadac, vortragen hörte. Es lautete übrigens:
Misti goth dar dar tire lyre!
Flic! floc! flac! lirette, lira!
Far la rira
,
Tour tala rire
,
Tour la Ribaud
,
Ricandeau
,
Sans repos, répit, répit repos, ripette!
Si vous attrapez mon refrain
,
Fameux vous étes
. 1
Dann ward ein Ball improvisirt, gewiß der erste auf der Gallia. Die russischen Matrosen versuchten sich in einigen vaterländischen Tänzen, denen Alle selbst nach den bezaubernden Fandangos der Spanier, reichen Beifall zollten. Ben-Zouf executirte eine im Elysium des Montmartre sehr beliebte Tanzpièce mit solchem Geschicke und solcher Ausdauer, daß der liebenswürdige Choreograph die ernsthaftesten Complimente Negrete’s erntete.
Um neun Uhr ging dieses Einzugsfest zu Ende. Jeder fühlte das Bedürfniß, frische Luft zu schöpfen, denn durch die Tänze und die schon vorher herrschende Temperatur war es im großen Saale etwas gar zu warm geworden.
Ben-Zouf ging den Anderen voraus durch jenen Hauptgang, der an der Küste von Warm-Land auslief. Kapitän Servadac, Graf Timascheff und Lieutenant Prokop folgten ihm langsameren Schrittes, als wiederholte Ausrufe von außerhalb sie zu größerer Eile antrieben. Sie hörten indessen, daß jene keine Ausrufe des Schreckens waren, sondern ein Freudengeschrei mit Hurrahs, welche in dieser trockenen und reinen Atmosphäre laut widerhallten.
Als Kapitän Servadac mit seinen beiden Begleitern den Ausgang der Galerie erreichte, sahen sie die Anderen alle auf dem Felsen zusammenstehen. Ben-Zouf wies mit der Hand gen Himmel und schien ganz außer sich zu sein.
»Ah, Herr General-Gouverneur! Hier, gnädiger Herr! rief er mit nicht wiederzugebender freudig erregter Stimme.
– Nun, was giebt es? fragte Kapitän Servadac.
– Dort, dort, der Mond!« erwiderte Ben-Zouf.
In der That, da stieg der Mond auf aus den Nebeldünsten der Nacht und goß sein Licht zum ersten Male über die erstaunten Bewohner der Gallia.
Fußnoten
1 Deutsch nicht wiederzugeben, da der größte Theil aus sinnlosen Silben besteht.
Anm. d. Uebers.
Zweiundzwanzigstes Capitel.
Welches mit einem kleinen Experimente aus der unterhaltenden Physik endigt.
Der Mond! Doch wenn das der Mond war, warum war er so lange verschwunden? Und wenn er jetzt zurückkehrte, woher kam er? Bisher hatte noch kein Satellit der Gallia auf ihrer Bahn um die Sonne das Geleite gegeben. Verließ die ungetreue Diana jetzt etwa gar die Erde, um bei dem neuen Gestirn in Dienst zu treten?
»Nein, das ist unmöglich, meinte Lieutenant Prokop. Die Erde steht mehrere Millionen Meilen von uns entfernt und ihr Mond gravitirt um sie gewiß noch ganz so wie früher.
– Ja, darüber wissen wir nichts, bemerkte Kapitän Servadac. Warum sollte der Mond nicht in letzterer Zeit in das Attractionsbereich der Gallia gekommen und deren Satellit geworden sein?
– Er müßte sich dann an unserem Horizonte schon gezeigt haben, mischte sich Graf Timascheff in das Gespräch, und wir hätten nicht erst drei Monate zu warten gebraucht, um ihn wieder zu Gesicht zu bekommen.
– Meiner Treu, antwortete Kapitän Servadac, es ist ja Alles, was uns widerfuhr, gar so merkwürdig und sonderbar.
– Herr Kapitän, erwiderte Lieutenant Prokop, die Hypothese, daß die Attraction der Gallia mächtig genug wäre, um die Erde ihres Satelliten zu berauben, ist absolut unzulässig.
– Zugegeben, Lieutenant, entgegnete Hector Servadac. Wer verbürgt Ihnen aber, daß dasselbe Ereigniß, welches uns von der Erde ablöste, nicht gleichzeitig auch den Mond mit fortriß? Nach monatelangem Durchirren der Sonnenwelt sucht er sich nun an uns anzuschließen.
– Nein, Herr Kapitän, gewiß nicht, versicherte Lieutenant Prokop, und zwar aus einem ganz unwiderlegbaren Grunde.
– Und der wäre?
– Der, daß die Masse der Gallia eine weit geringere ist als die des Erdtrabanten. In Folge dessen müßte die Gallia eher dessen Mond werden, jener aber niemals der unsere.
– Ich stimme Ihnen gerne zu, Lieutenant, sagte Hector Servadac, wer aber vermag den Beweis zu führen, daß
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