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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Shea
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Licht. Eine Fackel! Es gibt eine harzige Schlingpflanze im Tal. Sie brennt sogar naß.«
    »Aber wie sollen wir sie in der Dunkelheit finden?« fragte Cugel.
    »Sie ist an ihren Dornen spürbar.«
    Das Licht der Sterne genügte gerade, um ein paar Schritt weit zu sehen, drang jedoch nicht durch die dichten Baumkronen des Wäldchens, in das sie nun eindrangen und in dem sie verzweifelt um sich tasteten und mehr als einmal ekelerfüllt die Hände zurückzogen, wenn sie schleimige Pflanzen mit großen klebrigen Blüten berührten.
    Polderbag schrie auf, und es war nicht gerade ein Freudenschrei über die Entdeckung. »Ich habe die verdammte Ranke gefunden. Helft mir, sie abzutrennen.« Es war eine schwierige Arbeit, die allen dreien blutende Hände verschaffte. Dadurch wurde natürlich auch Feuerstein und Stahl glitschig, und es kostete viel Mühe und Geduld, die provisorische Fackel anzuzünden.
    Sie schafften es gerade, als der Gehirnsauger nur noch zwei Meter von ihnen entfernt war. Als Cugel ihm die Fackel entgegenstreckte, sprang er aufheulend zurück. Er warf seinen zwiebelförmigen, gallertigen Kopf nach hinten, während sein kurzer, schwarzer Rüssel Laute wie schmatzende Küsse ausstieß.
    Die drei Gefährten eilten noch schneller dahin, die Fackel hoch erhoben. »Ich hoffe nur, unser Licht erlischt nicht, ehe wir die Stadt erreicht haben«, stöhnte Polderbag. »Die Gehirnsauger sind die schlimmste Art von psychischen Vampiren. Ihre Opfer werden zu zombieähnlichen Räubern, die sich ihrerseits als Gefahr für ahnungslose Reisende erweisen.« Der Gehirnsauger wimmerte immer stärker, doch hielt er sich, obgleich er ihnen dichtauf folgte, außerhalb der Reichweite der Fackel.
    Vielleicht aufgrund dieser Kombination von Licht und der bedrohlichen Gestalt stieß das Trio auf keine weitere Gefahr auf dem Weg – zumindest auf nichts Schlimmeres als undefinierbare Schatten, die manchmal aus den Augenwinkeln zu sehen waren.
    Die Fackel brannte gerade aus, als die drei die äußeren Häuser der Stadt erreichten. Polderbag schrie: »Nun müssen wir die Beine in die Hand nehmen!« Cugel warf den schwelenden Fackelstumpf von sich, und die drei rannten, was sie konnten, mit der bleichen Gestalt dicht hinter ihnen. Umsonst hielten sie Ausschau nach Menschen. Die Häuser hier waren unbewohnt, zum Teil sogar zerfallen. Keuchend hasteten sie zwischen ihnen hindurch, schnappten nach Luft, während ihr Verfolger leichtfüßig und mühelos immer näher kam.
    Der bewohnte Teil der Stadt schien ihnen noch in unerreichbarer Ferne. Als sie um eine Ecke bogen, machten die kurzen Beine des Zauberers nicht mehr mit. Er stürzte auf die Straße und hatte keine Kraft mehr, sich zu erheben. Der Than und sein Lehnsmann konnten nicht ausweichen. Sie stolperten über ihn und landeten ebenfalls auf dem Boden.
    Wie gelähmt erwarteten sie, daß der Gehirnsauger nun über sie herfallen würde. Doch er kam nicht. Erst jetzt wurde ihnen bewußt, daß eine Straßenlampe ihren, wenn auch düsteren Schein über sie warf, und mehrere Fußgänger erstaunt über ihre etwas ungewöhnliche Ankunft auf sie herunterblickten. Sie hatten das von Leben erfüllte Millions Gather erreicht.
    Ein wenig verlegen standen Sull und Cugel auf und halfen Polderbag auf die Füße. Die Fußgänger waren bereits weiterspaziert. Das war die typische Haltung der Menschen hier, keiner kümmerte sich um den anderen. Das heißt, nicht nur die der Menschen, sondern die aller Bürger, von denen ein großer Teil, wie sie bald feststellten, alles andere als auch nur menschenähnlich war.
    Auf ihrem halbstündigen Weg zu einer Polderbag bekannten Herberge begegneten sie den phantastischsten Kreaturen: spinnenbeinigen Wesen, solchen mit purpurfarbiger Haut und langen, fächelnden Fühlern, überhaupt eine Unzahl der verschiedenartigsten Gestalten.
    Cugel und der Than wunderten sich, daß ihr Begleiter sie zu einer Herberge brachte, denn des öfteren hatte er von einem Kollegen gesprochen, dem es eine Ehre sein würde, sie bei sich aufzunehmen, und bei dem sie jegliche Annehmlichkeit erwarten würde. Jetzt sprach er von ihm lediglich als von einem Bekannten, von dem der Than vermutlich Rat und Auskunft bekommen konnte. Er sagte, er würde ihn für den nächsten Tag anmelden.
    Sull dachte im Augenblick nur an etwas zu essen und an ein weiches Bett, und das konnte er hier in der Herberge genausogut bekommen. Cugel empfand jedoch ein gewisses Mißtrauen, denn Polderbag erinnerte ihn in

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