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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Shea
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für jene, die darüber Bescheid wissen und vorsichtig sind.« Das Trio eilte auf das nahe Westtor zu.
    Erst nach einer längeren Weile, als die Straße einen Hügelkamm erreicht hatte, von dem aus ein guter Ausblick auf die Stadt war, schauten sie zurück.
    Waddlawg war mit Fackeln und den Hecklichtern der unzähligen Gondeln erhellt. Menschenmengen drängten sich in wirrem Durcheinander auf den krummen Straßen, und Schreie und Schluchzen hoben sich in die Nacht.
    Schweigend schritten die drei Zauberer weiter.
     

 
5. Millions Gather
     
    Die untergehende Sonne verschmolz mit den purpurnen und schwarzen Schatten der zerklüfteten Felsen. Sull, Cugel und Polderbag fröstelten in den nassen Kleidern, die sie einem eben erst überstandenen Wolkenbruch zu verdanken hatten. Durch schnelleres Laufen versuchten sie, sich warmzuhalten und bogen um den letzten Felsblock des Berges, der ihnen einen Blick auf das gewaltige Tal des Zoos gestattete.
    An dem ihnen gegenüberliegenden Ende des Tales lag Millions Gather. Fenster leuchteten auf, wenn die letzten Sonnenstrahlen sich in ihnen brachen. Der größte Teil der Stadt war auf den Hängen der Talwand erbaut, was bedeutete, daß die Reisenden die ganze Länge des Tales überqueren mußten, um zu ihr zu gelangen.
    Erschöpft ließen die drei Gefährten sich am Straßenrand nieder. Mumber Sull betrachtete hoffnungsvoll die noch ferne Stadt. »O langersehnter Anblick«, rief er. »Ich fühle, daß wir nun ganz gewiß unseren Weg zu Simbilis finden. Unsere Mühen werden bald belohnt. Jene, die mir Unrecht taten, müssen mit ihrer Bestrafung rechnen.«
    »Ich schlage vor, daß wir nicht länger auf der Schwelle zur verhältnismäßigen Sicherheit verharren«, drängte Polderbag nervös. »Das bewaldete Tal behaust zahllose Hybriden, Nachkommen jener großen Versammlung, die Simbilis veranlaßte. Viele von ihnen sind nicht ausgesprochen menschenfreundlich.«
    Trotzdem erhob sich keiner von ihnen sofort. Jeder Muskel schmerzte, sie spürten alle Knochen im Leib. Der Weg war lang und beschwerlich gewesen und hatte viele Gefahren mit sich gebracht, woran nicht zuletzt Polderbag schuld war, der sich offenbar auf dem Weg nach Waddlawg diverse Feinde gemacht hatte. Nicht nur einmal wurden sie von den Bürgern aus einer Stadt, durch die sie kamen, vertrieben.
    »Wir müssen jetzt unbedingt weiter«, erklärte Polderbag. Müde erhob er sich, und die anderen taten es ihm gleich.
    Cugel fand Sulls Begeisterung für Millions Gather ansteckend. Seine Stimmung stieg bei dem Gedanken, daß sie Simbilis vielleicht tatsächlich finden würden. Er war, was diese Sache betraf, normalerweise durchaus nicht optimistisch und war nur notgedrungenermaßen überhaupt so weit mitgekommen. Die kleine Gruppe war nämlich auch auf diesem Teil der Reise, von Waddlawg hierher, auf keine südwärts führende Straße gestoßen. Cugel hatte sich mehrmals nach der Beschaffenheit des weglosen, nach Süden führenden Terrains erkundigt, denn er war inzwischen schon fast bereit, sein Glück auch allein zu versuchen. Aber was er hörte, war alles andere als ermutigend. In einer Stadt erfuhr er, daß ätzende Sümpfe, in denen Snieks und Schrills hausten, in südlicher Richtung lagen. In einer anderen sagte man ihm, südwärts würde er in eine Gegend glühender Steine kommen, die die Stiefelsohlen unter den Füßen der Wanderer verbrannten, wonach die Barfüßigen schließlich von den riesigen Panzerfröschen getötet und verzehrt würden.
    Das Trio hastete nun, so schnell es Polderbags kurze Beine erlaubten. Trotzdem funkelten bereits die Sterne am Himmel, als sie den Talboden erreichten. Hier schlängelte die Straße sich zwischen niedrigen, mit Bäumen bewachsenen Hügeln dahin. Mehrmals überquerten sie hölzerne Brücken über breite, laut rauschende Bäche, doch ansonsten herrschte eine geradezu gespenstische Stille, wenn man von ihren auf Steinen und morschen Ästen knirschenden Schritten absah.
    »Hört!« flüsterte Polderbag, als sie etwa eine Meile zurückgelegt hatten. Er wirbelte herum, um den Weg, den sie gekommen waren, zurückzuspähen. Erschrocken drehten Sull und Cugel sich mit ihm um und lauschten. Ein noch fernes, wimmerndes Geräusch war aus der Finsternis zu vernehmen, und gleich darauf sahen sie eine bleiche, fast durchscheinende Gestalt, ebenfalls noch fern, doch zweifellos ständig näher kommend.
    »Ein Gehirnsauger«, erklärte Polderbag mit verängstigter Stimme. »Wir brauchen sofort

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