Reise in die Unterwelt
ärgerlich, wenn jemand auf einem verantwortungsvollen Posten sitzt, den er nicht auszufüllen imstande ist. Verstehe ich recht, daß Ihr mit Eurer Vorgesetzten nicht einverstanden seid?«
»Sie ist mir, außer an körperlicher Kraft, in jeder Weise unterlegen. Ihr Benehmen ist unverzeihlich. Die Vorschriften besagen ausdrücklich, daß jede hier Beschäftigte anteilmäßig völlig gleich von der Devitalisierung der Gefangenen profitieren soll. Aber Slog beansprucht die meisten Eingelieferten für sich allein. Rechtmäßig sollten meine Kollegin und ich, beispielsweise, je ein Drittel eurer Lebenskraft erhalten. Aber Slog wird sie uns vorenthalten. Sie allein wird sich damit vollaufen lassen. Deshalb ist sie auch von gerade obszöner Stärke, die es ihr erlaubt, ihre unterernährten Schwestern herumzukommandieren.«
»Wird das unser Ende sein?« krächzte Polderbag.
»Oh, euer Geschick geht weiter«, versicherte die Zombie ihnen, »nur werdet ihr nach eurer Devitalisierung kein Interesse mehr daran haben. Eure leere Hülle wird per Frachtblase in die Glaswüste transportiert, wo die Kadaver für Experimente recht nützlich sind.« Sie hielt inne, als die andere Zombie zurückkam und erklärte:
»Die Gefangenen sollen einstweilen jeder für sich in irgendwelche Gruben geworfen werden, denn Slog wird sie bereits in Kürze benötigen. Erst verlangt sie jedoch das Amulett, als Sühne für den Kindsmord. Die Gefangenen selbst müssen unmittelbar danach – lebend und unbeschädigt – einer nach dem anderen zu ihr gebracht werden.«
»Dann hilf mir, die drei zu trennen«, knurrte die höhere Zombie.
»Nur den ersten«, brummte die andere. »Ich bin der Patrouille zugeteilt und muß mich beeilen.«
Die beiden Zombies hoben das Gitter, lösten Polderbag von den Ketten und hoben die beiden anderen heraus. Dann verschlossen sie das Gitter wieder. Die untergebene Zombie rannte, um ihrer Streifenpflicht nachzukommen, und ließ die andere mit den beiden Gefangenen zurück.
»Gebt mir jetzt das Amulett«, verlangte sie. »Ihr habt dann noch ein wenig Zeit, ehe ihr auch euer Leben geben müßt.«
Mumber Sull machte keine Anstalten, ihr das Amulett auszuhändigen. Cugel deutete auf den Beutel am Gürtel des Thans. »Mein Herr bewahrt es dort auf«, erklärte er. Sull starrte ihn über diesen Verrat ungläubig an. Die Zombie zog das Amulett heraus und brummte: »Auch das wird Slog für sich allein beanspruchen. Es ist eine gemeine Ungerechtigkeit.«
»Wie dem auch immer sei«, murmelte Cugel mit scheinbarer Aufregung und zitternder Stimme, »hängt es Euch keineswegs um.«
Diese Worte und sein besorgtes Gesicht erregten offenbar die Neugier der Zombie, die sie jedoch zuerst zu verheimlichen suchte. Sie steckte das Amulett ein, dann klemmte sie sich die Gefangenen unter die Arme und schritt hangabwärts zu einer weiteren Grube, in die sie den Than schob. Als sie mit Cugel davor stand, holte sie das Amulett wieder heraus und betrachtete es.
»Weshalb hast du mir so verzweifelt abgeraten, es umzuhängen?«
»Weil ich die schreckliche Kraft fürchte, die sich auf Euch übertragen würde. Das Amulett vervielfacht die individuelle Stärke um ein Tausendfaches. Ich finde Euch angsteinflößend genug, so wie Ihr jetzt seid.«
Die Kreatur schien die Antwort nicht unglaubhaft zu finden. Aber dann fragte sie doch ein wenig mißtrauisch. »Wenn das die Wirkung des Amuletts ist, weshalb hat dein Herr es dann nicht selbst verwendet, um seine Gefangennahme zu verhindern?«
»Der Than«, erwiderte Cugel glatt, »hält die Ehre und Würde seines hohen Ranges für unübertrefflich. Er verachtet die Verwendung von Zauber.« Mit dieser Antwort hoffte er, unüberlegte Einwände des Thans abzuwenden, der diese Erklärung tatsächlich mit majestätischem Nicken bestätigte. Auch die Zombie schien zufrieden.
»Auch mir ist die Überheblichkeit deines Herrn aufgefallen. Er ist ein Narr.« Sie betrachtete das kostbare Amulett mit einem breiten Grinsen. »Slogs Stunde hat geschlagen!« rief sie triumphierend und hängte sich den Talisman um den Hals.
Cugel spürte, wie der Griff um seine Handgelenke plötzlich bedeutend schwächer wurde. Er warf sich auf die bleiche Gestalt, die zitternd und verwirrt vor ihm stand. Er fesselte und knebelte sie mit ihrem eigenen Gewand, das von ihr abgefallen war, als ihre Gestalt sich plötzlich so sehr verkleinert hatte. Er band sie fest zusammen, damit sie sich nicht gleich befreien konnte, wenn er sich das
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