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Reise nach Ixtlan.

Reise nach Ixtlan.

Titel: Reise nach Ixtlan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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nicht grob zu ihnen. Ich beschloß, ihn anzusprechen. Als ich ihm mit lauter Stimme etwas zurief, sprang er auf und flüchtete zu einem Felssims und lugte hinter ein paar Steinen zu mir herüber. Er schien bereit, um sein Leben zu laufen. Ich mochte ihn. Er schien Angst zu haben, und trotzdem fand er noch die Zeit, die Ziegen von mir wegzutreiben.
    Ich redete lange auf ihn ein; ich sagte ihm, daß ich mich verirrt hätte und den Weg nach Ixtlan nicht wisse. Ich fragte, wie der Ort hieß, an dem wir uns befanden, und er bestätigte, daß es der Ort war, an dem ich zu sein glaubte. Das machte mich sehr froh. Mir wurde klar, daß ich nicht mehr verirrt war, und ich staunte, welche Kraft mein Verbündeter hatte, daß er meinen ganzen Körper in kürzerer Zeit, als ein Augenzwinkern dauert, so weit befördern konnte.
    Ich dankte dem Jungen und ging davon. Er kam vorsichtig aus seinem Versteck und trieb seine Ziegen auf einen kaum sichtbaren Pfad. Der Pfad führte anscheinend ins Tal hinab. Ich rief den Jungen an, und er lief nicht davon. Ich ging auf ihn zu, und als ich ihm zu nahe kam, sprang er ins Gebüsch. Ich lobte ihn für seine Vorsicht und stellte ihm ein paar Fragen.
    »Wohin führt dieser Pfad?« fragte ich. »Runter«, sagte er. »Wo wohnst du?« - »Da unten.« - »Gibt es da unten viele Häuser?« - »Nein, nur eins.« - »Wo sind die anderen Häuser?« - Der Junge wies gleichgültig, wie Jungen in seinem Alter es so machen, nach der anderen Seite des Tals. Er begann, mit seinen Ziegen den Pfad hinabzusteigen.
    »Warte«, sagte ich zu dem Jungen. »Ich bin sehr müde und hungrig. Nimm mich mit zu deinen Leuten.«
    »Ich habe keine Leute«, sagte der Junge, und das machte mich hellhörig. Ich wußte nicht warum, aber seine Stimme ließ mich zögern. Der Junge bemerkte mein Zögern, blieb stehen und wandte sich zu mir um. »Zu Hause ist niemand!«, sagte er. »Mein  Onkel ist fort, und seine Frau ist auf dem Feld. Es gibt reichlich zu essen. Komm mit mir mit.«
    Ich wurde beinah traurig. Auch der Junge war ein Phantom. Der Klang seiner Stimme und sein Eifer verrieten ihn. Die Phantome waren hinter mir her, aber ich fürchtete mich nicht. Ich war immer noch betäubt von meiner Begegnung mit dem Verbündeten. Ich wollte auf den Verbündeten oder auf die Phantome böse werden, aber irgendwie konnte ich mich nicht ärgern, wie ich es gewohnt war, und so gab ich es auf. Dann wollte ich traurig werden, denn ich hatte den kleinen Jungen gemocht, aber auch das konnte ich nicht.
    Plötzlich wurde mir bewußt, daß ich einen Verbündeten hatte und daß die Phantome mir nichts anhaben konnten. Ich folgte dem Jungen den Pfad hinab. Andere Phantome kamen geschwind herbei und versuchten, mich den Abhang hinunterzustoßen, aber ich war stärker als sie. Das mußten sie wohl gespürt haben, denn sie hörten auf, mich zu belästigen. Nach einiger Zeit säumten sie nur noch meinen Weg. Von Zeit zu Zeit sprang einer auf mich los, aber ich hielt ihn mit meinem Willen zurück. Und dann hörten sie überhaupt auf, mich zu plagen. Don Genaro schwieg lange. Don Juan sah mich an.
    »Und was geschah dann, Don Genaro?« fragte ich. »Ich ging weiter«, stellte er sachlich fest.
    Anscheinend hatte er seine Erzählung beendet und wollte nichts mehr hinzufügen. Ich fragte ihn, wieso die Tatsache, daß sie ihm zu essen anboten, ein Hinweis darauf gewesen sei, daß sie Phantome waren. Er antwortete nicht. Ich drang weiter in ihn ein und fragte, ob es bei den Mazatec-Indianern üblich sei, zu leugnen, daß man etwas zu essen hat, oder ob Essen für sie generell ein vielbesprochenes Thema sei. Er sagte, der Ton ihrer Stimmen, ihr Eifer, ihn zu verleiten, und die Art, wie die Phantome über das Essen sprachen, seien Hinweise gewesen - und er habe dies gewußt, weil sein Verbündeter ihm half. Er beteuerte, daß er von sich aus nie auf solche Einzelheiten geachtet hätte.
    »Waren diese Phantome Verbündete, Don Genaro?« fragte ich. »Nein, es waren Menschen.«
    »Menschen? Aber du nanntest sie doch Phantome.«
»Ich sagte, daß sie nicht mehr wirklich waren. Nach meiner Begegnung mit dem Verbündeten war nichts mehr wirklich.« Wir schwiegen lange.
    »Und wie endete dein Erlebnis schließlich, Don Genaro?« fragte ich.
    »Endete?«
    »Ich meine, wann und wie kamst du schließlich nach Ixtlan?« Beide fingen gleichzeitig an zu lachen. »Das also ist für dich das Ende«, bemerkte Don Juan. »Nun, sagen wir's einmal so: Genaros Reise hatte kein

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