Reise ohne Ende
wir nicht bleiben. Wenn von der Menge dort jemand herauskommt und uns sieht, wie wir hier wie alte Kumpel quatschen, dann lynchen sie mich gleich mit, und mein Hitzegewehr nützt uns da auch nicht viel – es hat nicht einmal eine Einstellung, mit der es für Menschen tödlich ist. Los – beeilen Sie sich!«
Er zerrte ihn hastig hinter sich her in eine enge Seitenstraße, und eine Zeitlang ging Gildoran ohne Widerspruch mit, doch dann hielt er an.
»Nein! Ich kann es nicht riskieren, mich hier zu verlaufen. Ich darf auf einer fremden Welt den Transmitter nicht aus dem Auge verlieren …«
»Sie müssen mir vertrauen«, flehte ihn der junge Mann an und zog ihn in eine Mauernische. »Hören Sie – offensichtlich haben Sie keine Ahnung von der politischen Situation hier auf Lassellis Welt, und für Erklärungen ist jetzt keine Zeit. Nur soviel: Wenn Sie hier zu den lokalen Behörden gehen und verlangen würden, mit der Zentrale verbunden zu werden, würden Sie es nie schaffen. Außerdem warten sie nur darauf, daß Sie versuchen, sich zur Transmitter Station zurückzuschleichen – ich würde hundert Stellare wetten, wenn ich sie hätte, daß jemand von der Menge dort jeden Eingang bewacht und nur darauf wartet, einen Tumult anzufangen. Hier gibt es eine Bande, die versucht, die Kontrolle über den Transmitter-Verkehr zu bekommen … Ja, ich weiß, daß die Zentrale das für illegal erklärt hat, aber die Zentrale ist weit weg von hier. Tatsache ist doch, daß jeder, dem irgendein politisches System nicht paßt, sich nur in eine Transmitter-Kabine zu stellen braucht, und in fünf Minuten ist er am anderen Ende der Galaxis.
Deshalb werden die Leute von hier ständig untersucht und überprüft, wenn sie sich einer Transmitter-Station nähern, und Leute von anderen Welten werden herumgeschubst und angepöbelt, damit sie nicht mit den Leuten hier reden und sie unzufrieden machen. Unglückliche Leute brauchen etwas, was sie hassen können – und zur Zeit seid ihr dran.«
Gildoran sagte: »Und was mache ich jetzt?«
Der Mann sagte: »Ich habe eine Idee. Leicht wird es nicht sein, aber vielleicht schaffen wir es. Ich heiße übrigens Merrik, und du? Ich darf doch du sagen?«
»Einverstanden – Gildoran von der Samtfalter. «
»Gut, Gildoran, sie erwarten von dir, daß du genauso reagierst, wie du es getan hast – daß du Angst hast, dich zu weit von der Transmitter-Station zu entfernen, weil du dich verlaufen könntest. Also warten sie und denken, daß du alles riskieren würdest, um zurückzukommen, vielleicht verkleidet. Was sie allerdings nicht erwarten ist, daß du es schaffst, zu einer anderen Transmitter-Station zu kommen, vielleicht fünfzig Kilometer von hier. Klar, sie werden schon ein Auge auf die öffentlichen Transportmittel haben, aber sie werden nicht erwarten, daß du Hilfe bekommst. Vielleicht können wir sie reinlegen. Wieviel Zeit hast du eigentlich noch? Doch hoffentlich nicht nur noch Minuten, oder?«
Gildoran schaute auf die Uhr an seinem Handgelenk, die die Zeit auf dem Planeten der Samtfalter zeigte, ganz gleich, wieviel Uhr es nach lokaler Zeit war. Es war ein merkwürdiges Gefühl, als ihm klar wurde, daß dort früher Abend war, während hier offensichtlich gerade erst der Vormittag zur Hälfte vorbei war.
»Nein, mir bleiben noch ungefähr drei Stunden objektiver Planetenzeit.«
Merrik stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Ah, gut. In der Zeit schaffen wir es leicht. Hier, durch die Passage. Ich nehme dich mit in meine Wohnung. Mit deinem Haar und deiner Haut müssen wir was machen, bevor wir uns auf eine öffentliche Straße wagen können.«
Gildoran folgte ihm verblüfft und erleichtert. In einem kleinen Lift, der in einem riesigen Gebäude zu Merriks Wohnung führte, fragte er ihn: »Warum tust du das?«
Merrik machte ein etwas dummes Gesicht und zuckte die Achseln. »Die Späher interessieren mich. Ich bin fasziniert von ihnen. Ich denke manchmal, das sind die einzigen echten Abenteurer, die es noch gibt. Die Vorstellung, völlig außerhalb der Zeit zu stehen wie ihr …«
Gildoran blinzelte; das war eine seltsame Einstellung dazu. Nach seiner Vorstellung waren es die Erdwürmer, die Planetenbewohner, die außerhalb der Zeit lebten, wie er sie kannte, die in einem Augenzwinkern von einem Planeten zum anderen reisten – und das buchstäblich –, während er mit dem Einstein-Antrieb zwischen den Sternen hin und her kroch. Er versuchte, davon etwas zu erzählen. Merrik
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