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Reise um den Mond

Reise um den Mond

Titel: Reise um den Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Ausbruchs seine ursprüngliche Form behielt. Durch Erkalten fest geworden, haben sie das Bild stereotypirt, welches den Mond einst unterm Einwirken plutonischer Kräfte darstellte.
    Die Reisenden waren von den ringförmigen Gipfeln des Tycho nicht so sehr weit entfernt, um nicht die hauptsächlichsten Details wahrnehmen zu können. Ueber dem aufgeworfenen Schuttdamm, welcher die Umwallung des Tycho bildet, erhoben sich die Berge auf den Seiten der inneren und äußeren Böschung stufenweise, wie riesenhafte Terrassen. Sie schienen westlich drei-bis vierhundert Fuß höher, als östlich. Kein Befestigungssystem auf der Erde war mit diesem natürlichen zu vergleichen. Eine auf dem Grund dieser kreisförmigen Aushöhlung erbaute Stadt wäre durchaus unzugänglich gewesen.
     

    Eine Kolik des Mondes. (S. 163.)
     
    Unzugänglich und wunderbar weit ausgedehnt auf diesem mit malerischen Vorsprüngen bunt besetzten Boden! die Natur hatte in der That den Grund dieses Kraters nicht flach und leer gelassen. Er besaß seine besondere Orographie, ein Gebirgssystem, welches gleichsam eine besondere Welt aus ihm machte. Die Reisenden unterschieden deutlich kegelförmige Spitzen, Hügel in der Mitte, merkwürdige Abwechselungen des Terrains, die von Natur geeignet waren, die Meisterwerke der selenitischen Architektur aufzunehmen. Hier war der Platz für einen Tempel abgesteckt, dort der Raum für ein Forum, an dieser Stelle sah man den Grundbau für einen Palast, an jener die Hochfläche für eine Citadelle. Alles von einem fünfzehnhundert Fuß hohen Centralgebirge beherrscht. Ein weiter Umfang, wo das alte Rom zehnmal Platz gehabt hätte!
    »Ah! rief Michel Ardan voll Enthusiasmus bei diesem Anblick, was für eine großartige Stadt ließe sich in diesem Ring von Gebirgen erbauen! Welch ruhiger, friedlicher Zufluchtsort außerhalb alles menschlichen Elends! Wie könnten da alle Misanthropen ruhig für sich allein leben, alle, denen das gesellige Leben verleidet ist!
    – Alle! Dafür würde es doch hier an Raum fehlen!« erwiderte Barbicane.
Achtzehntes Capitel.
Bedeutsame Fragen.
    Unterdessen war das Projectil an dem Bereiche Tycho’s vorüber gekommen. Barbicane und seine beiden Freunde beobachteten dann noch mit sorgfältigster Achtsamkeit die glänzenden Lichtstreifen, welche der berühmte Berg so merkwürdig nach allen Seiten hin verbreitet.
    Was hat es mit dieser strahlenden Lichtkrone für eine Bewandtniß? Welches geologische Phänomen hatte diesem gluthsprühenden Hauptschmuck den Ursprung gegeben? Diese Frage nahm mit Recht Barbicane’s Gedanken in Anspruch.
    Unter ihren Augen sahen sie wirklich nach allen Richtungen hin lange Lichtstreifen ziehen mit aufgebogenem Rand und vertiefter Mitte, zwanzig bis fünfzig Kilometer breit. Diese glänzenden Streifen liefen vom Tycho aus an manchen Stellen bis zu dreihundert Lieues weit hinaus und schienen, vornehmlich nach Osten, Nordosten und Norden hin, die Hälfte der südlichen Hemisphäre zu bedecken. Einer dieser Ausläufer reichte bis zum Circus Neander unter dem vierzigsten Meridian. Ein anderer durchfurchte das Nectarmeer und brach sich nach einem Laufe von vierhundert Lieues an der Pyrenäenkette. Andere bedeckten in westlicher Richtung das Wolkenmeer und das Meer des Humors.
    Wie entstanden diese funkelnden Strahlen, die auf den Ebenen wie auf den Höhen, so hoch es auch sein mochte, zu sehen waren? Alle gingen von einem gemeinschaftlichen Centrum, dem Krater Tycho’s, aus; sie waren ein Ausfluß desselben. Herschel hielt sie ihres glänzenden Aussehens wegen für ehemalige, im Kalten fest gewordene Lava-Ausströmungen, seine Ansicht fand aber keinen Beifall. Andere Astronomen wollten in diesen unerklärlichen Strahlen eine Art Schuttanhäufung sehen, unregelmäßige Trümmer und Blöcke durcheinander, welche zur Zeit der Bildung des Tycho dahin geworfen wurden.
    »Und warum nicht? fragte Nicholl Barbicane, der diese verschiedenen Meinungen vortrug und verwarf.
    – Weil die Regelmäßigkeit dieser lichtstrahlenden Linien und die Gewalt, welche nöthig war, um die vulkanischen Stoffe in solche Entfernung zu schleudern, damit nicht zu erklären sind.
    – Ja, wahrhaftig! erwiderte Michel Ardan, es scheint mir so schwer nicht, den Ursprung dieser Strahlen zu erklären.
    – Wirklich? sagte Barbicane.
    – Wirklich, erwiderte Michel. Ich brauche nur zu sagen, es geschah durch ein ungeheures sternförmiges Zerspringen, wie wenn man mit einem Ball oder Stein wider ein

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