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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zeigte bald ein sehr wildes Aussehen. Auf die hohe Waldung folgten niedere Schläge Tamarinden und Zwergpalmen, nachher ausgedehnte dürre Ebenen, die mit magerem Gesträuch und großen Syenitblöcken bedeckt waren. Dieser ganze Theil des obern Bundelkund, wohin Reisende selten kamen, ist von einer fanatischen, in den fürchterlichsten Uebungen der Hindu-Religion verhärteten Bevölkerung bewohnt. Die Herrschaft der Engländer hat auf einem dem Einfluß der Rajahs unterliegenden Gebiete noch nicht regelmäßig festen Bestand gewinnen können, da es schwer gehalten haben würde, in ihren unzugänglichen Schlupfwinkeln des Vindhiagebirges ihnen beizukommen.
    Manchmal gewahrte man Scharen wilder Indier, welche zornige Geberden machten, als sie das rasche Thier vorübertraben sahen. Uebrigens wich ihnen der Parse möglichst aus, weil er sie für Leute hielt, mit denen man nicht gerne zu thun hat. Man sah diesen Tag über wenig Thiere, kaum einige Affen, welche mit allerlei Grimassen, die dem Passepartout viel Spaß machten, das Weite suchten.
    Diesen Burschen plagte unter vielen anderen auch der Gedanke, was denn wohl Herr Fogg nach seiner Ankunft zu Allahabad mit dem Elephanten machen würde. Unmöglich würde er ihn mitnehmen; durch den Transportpreis würde das ohnehin schon über die Maßen theure Thier zum Ruin führen. Würde man ihn verkaufen? oder in Freiheit setzen? Das schätzbare Thier verdiente wohl eine solche Rücksicht. Sollte es Herrn Fogg einfallen, ihm, Passepartout, ein Geschenk mit demselben zu machen, so würde ihn dies nur in große Verlegenheit setzen. Solche Gedanken ließen ihm keine Ruhe.
    Um acht Uhr Abends war man über die Hauptkette der Vindhia hinaus, [70] und die Reisenden machten am Fuße des Nordabhanges in einem verfallenen Hause halt.
    Man hatte an diesem Tage ungefähr fünfundzwanzig Meilen zurückgelegt, und ebensoviel waren noch bis zur Station Allahabad zu machen.
    Die Nacht war kalt. Der Parse zündete in dem Hause aus dürrem Gezweig ein Feuer an, das recht behaglich wärmte. Für das Abendessen hatte man sich zu Kholby vorgesehen, und die Reisenden sprachen zu wie abgemattete, zerschlagene Leute. Die mit abgebrochenen Sätzen angefangene Unterhaltung ging bald in lautes Schnarchen über. Der Führer wachte neben Kiuni, der, an einen dicken Baumstamm gelehnt, stehend einschlief.
    Kein Unfall störte diese Nacht. Die Stille wurde mitunter durch Gebrüll von Löwen, Tigern und Panthern, dazwischen von hellem Hohngelächter der Affen unterbrochen. Aber das reißende Gewild ließ es beim Schreien bewenden, und verschonte die Gäste des Hauses mit Feindseligkeiten. Sir Francis Cromarty, als ein wackerer, von Strapazen ermüdeter Krieger, schlief schwer wie ein Sack. Passepartout träumte in unruhigem Schlaf von den bestandenen Purzelsprüngen. Herr Fogg dagegen lag in tiefster Ruhe, als befinde er sich in seinem stillen Hause der Saville-Row.
    Um sechs Uhr früh machte man sich wieder auf den Weg. Der Führer hoffte noch an demselben Abend zu Allahabad anzukommen, so daß Herr Fogg nur einen Theil der seit Anfang der Reise gesparten achtundvierzig Stunden eingebüßt haben würde.
    Es ging den letzten Abhang der Vindhia hinab, und Kiuni war wieder in seinem raschen Trabe. Gegen Mittag bog der Führer um den Flecken Kallenger herum, am Cani, einem der Nebenzuflüsse des Ganges; denn er wich stets den bewohnten Orten aus, weil er sich in den menschenleeren Ebenen, welche die ersten Niederungen des großen Flußbeckens bildeten, sicherer wußte. Die Station Allahabad befand sich nur noch zwölf Meilen nordöstlich. Man machte unter einem Wäldchen von Pisang Halt, deren Früchte, so gesund wie Brod, so »saftig wie Crême«, sehr köstlich waren.
    Um zwei Uhr drang der Führer in das Dickicht eines Waldes, unter welchem wir einige Meilen weit hindurch mußten; denn er wählte gerne für die Reisenden ein solches Obdach. Jedenfalls war ihm bis jetzt noch nichts Widriges begegnet, und die Reise schien ohne Unfall vollendet zu werden, als der Elephant mit einigen Zeichen von Unruhe plötzlich stehen blieb.
    [71] Es war eben vier Uhr.
    »Was giebt's? fragte Sir Francis Cromarty, indem er den Kopf aus seinem Korbe heraussteckte.
    – Ich weiß nicht, Herr Officier«, erwiderte der Parse, und lauschte einem wirren Gemurmel, welches man durch das dichte Gezweig hindurch vernahm.
    Nach einigen Augenblicken war das Getöse schon besser zu unterscheiden. Man konnte meinen, es sei ein noch weit

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