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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Entrüstung zu äußern sich nicht enthalten konnte.
    – Und dieser Leichnam? fragte Herr Fogg.
    – Eines Fürsten, der ihr Gemahl war, erwiderte der Führer, ein unabhängiger Rajah des Bundelkund.
    – Wie, fuhr Phileas Fogg fort, ohne daß seine Stimme die geringste Gemüthsbewegung verrieth, diese barbarischen Gebräuche existiren noch in Indien, und die Engländer haben sie noch nicht abschaffen können?
    – Im größten Theile Indiens, erwiderte Sir Francis Cromarty, werden diese Opfer nicht mehr vollzogen, aber wir haben auf diese wilden Gegenden, und besonders das Gebiet des Bundelkund, keinen Einfluß. Der ganze nördliche Abhang der Vindhia ist der Schauplatz unaufhörlichen Mordens und Plünderns.
    – Die Arme! brummte Passepartout, lebendig verbrannt!
    – Ja, fuhr der Brigadegeneral fort, verbrannt; und würde sie's nicht, Sie können nicht glauben, in welch' jämmerliche Lage sie sich dann von ihren nächsten Verwandten versetzt sähe. Man würde ihr die Haare abscheeren, ihr kaum eine Handvoll Reis zur Nahrung reichen, sie von sich stoßen; sie würde wie eine unreine Person angesehen, und in irgend einem Winkel wie ein räudiger Hund hinsterben. Daher treibt diese Aussicht auf so ein erschreckliches Dasein diese unglücklichen Personen oft weit mehr zur Opferung, als Liebe oder religiöser Fanatismus. Manchmal jedoch ist das Opfer ein wirklich freiwilliges, und es ist ein energisches Dazwischentreten von Seiten der Regierung nöthig, um es zu hindern. So sah ich vor einigen Jahren, als ich zu Bombay wohnte, eine junge Witwe, die sich vom Gouverneur die Erlaubniß ausbat, sich mit dem Leichnam ihres Mannes zu verbrennen. Sie können sich denken, daß der Gouverneur es abschlug. Da zog die Witwe aus der Stadt weg und flüchtete zu einem unabhängigen Rajah, wo sie ihre Opferung vollzog.«
    Während der Erzählung des Brigadegenerals schüttelte der Führer den Kopf, und als derselbe ausgeredet hatte, sprach er:
    [76] »Das Opfer, welches morgen bei Tagesanbruch statthaben soll, ist kein freiwilliges.
    – Woher wissen Sie das?
    – Es ist eine Geschichte, die im Bundelkund allgemein bekannt ist, erwiderte der Führer.
    – Die Unglückliche schien aber doch gar keinen Widerstand zu leisten, bemerkte Sir Francis Cromarty.
    – Das kommt daher, weil man sie mit Hanfrauch und Opium berauscht hat.
    – Aber wo führt man sie hin?
    – In die Pagode zu Pillaji, zwei Meilen von hier. Dort wird sie die Nacht zubringen bis zur Zeit der Opferung.
    – Und dieses Opfer wird statthaben? ...
    – Morgen bei Tagesanbruch.«
    Nach dieser Antwort führte er den Elephanten aus dem Dickicht und schwang sich auf seinen Hals. Aber im Moment, als er im Begriff war, ihn durch ein eigenthümliches Pfeifen anzutreiben, hielt Herr Fogg ihn ab und sprach zu Sir Francis Cromarty:
    »Ob wir diese Frau retten könnten?
    – Diese Frau retten, Herr Fogg! ... rief der Brigadegeneral.
    – Ich habe noch zwölf Stunden voraus. Ich kann sie dem widmen.
    – Nun! Sie sind ja ein Mann von Gemüth! sagte Sir Francis Cromarty.
    – Bisweilen, erwiderte einfach Phileas Fogg, wann ich dazu Zeit habe.«

Dreizehntes Capitel.
Ein abermaliger Beweis, daß das Glück dem Kühnen hold ist.
    Das Vorhaben war kühn, voll Schwierigkeiten, vielleicht unausführbar. Herr Fogg setzte sein Leben in Gefahr, oder doch seine Freiheit, und damit [77] den Erfolg seiner Unternehmung; aber er besann sich keinen Augenblick. Uebrigens fand er in Sir Francis Cromarty einen entschlossenen Gehilfen.
    Passepartout war gerne zur Verfügung. Die Idee seines Herrn begeisterte ihn. Er empfand, daß unter dieser Hülle von Eis ein Herz schlug, eine Seele lebte. Nun fühlte er sich gedrungen, Phileas Fogg zu lieben.
    Wie würde nun aber der Führer sich dabei verhalten? Sollte er wohl zu den Hindu halten? In Ermangelung seiner Mitwirkung mußte man wenigstens seiner Neutralität sicher sein.
    Sir Francis Cromarty legte ihm offen die Frage vor.
    »Herr Officier, erwiderte der Führer, ich bin Parse und diese Frau ist Parsin. Ich stehe zu Diensten.
    – Wohl, wackerer Mann, erwiderte Herr Fogg.
    – Jedoch, merken Sie wohl, fuhr der Parse fort, wir setzen nicht allein unser Leben ein, sondern haben auch, wenn wir gefangen werden, eine schauderhafte Hinrichtung zu gewärtigen. Also, sehen Sie wohl zu.
    – Das ist schon geschehen, erwiderte Herr Fogg. Ich denke, wir müssen zum Handeln die Nacht abwarten.
    – Das ist auch meine Meinung«, versetzte der Führer.
    Der

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