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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Gruppen belebten sich. Tam-Tamschläge, lautes Geschrei und Gesang ertönten. Es war die Todesstunde der Unglücklichen gekommen.
    In der That, die Pforten der Pagode öffneten sich und es strahlte ein helleres Licht aus dem Innern heraus. Herr Fogg und Sir Francis Cromarty konnten in heller Beleuchtung wahrnehmen, wie zwei Priester das Opfer herausschleppten. Es kam ihnen sogar vor, als bemühe sich die Unglückliche, im äußersten Drange der Selbsterhaltung die Betäubung abschüttelnd, ihren Henkern zu entrinnen. Sir Francis Cromarty, dem das Herz zerspringen wollte, faßte mit krampfhafter Bewegung Phileas Fogg's Hand, und fühlte, daß diese Hand ein Messer gezückt hielt.
    In dem Augenblicke setzte sich die Masse in Bewegung. Die junge Frau war in die durch Hanfrauch erzeugte Erstarrung zurückgesunken. Sie schritt mitten durch die Fakirs, welche sie mit frommem Geschrei umgaben.
    Phileas Fogg und seine Genossen schlossen sich im Gedränge den hintersten Reihen der Masse an.
    Nach zwei Minuten gelangten sie an den Rand des Baches, und hielten keine fünfzig Schritte von dem Scheiterhaufen an, worauf der Leichnam des Rajah lag. Im Halbdunkel sahen sie das Opfer regungslos neben der Leiche ihres Gemahls liegen.
    Darauf wurde mit einer Fackel das ölgetränkte Holz angezündet, das sogleich in heller Flamme loderte.
    In dem Moment wollte Phileas Fogg, von edelmüthigem Wahnsinn getrieben, auf den Scheiterhaufen zustürzen, doch Francis Cromarty und der Führer hielten ihn zurück ...
    Phileas Fogg stieß sie von sich – da änderte sich plötzlich die Scene. [83] Ein Schrei des Entsetzens ward vernommen, und die gesammte Menge warf sich in Bestürzung zu Boden.
    Der alte Rajah war also nicht todt? man sah ihn plötzlich wie ein Gespenst sich aufrichten und die junge Frau in den Armen vom Scheiterhaufen herab, einer Geistererscheinung vergleichbar, mitten durch die Dampfwolken schreiten. Die Fakirs, die Leibwächter, die Priester hatten sich, von plötzlichem Schrecken befallen, zu Boden geworfen, wagten nicht ihr Angesicht aufzurichten, um ein solches Wunder zu schauen!
    Leblos lag das Opfer in den kräftigen Armen, die es trugen. Herr Fogg und Sir Francis Cromarty waren stehen geblieben, der Parse hatte den Kopf gesenkt und Passepartout war ohne Zweifel nicht minder erstaunt!
    Der Wiederauferstandene kam so in die Nähe der Stelle, wo Herr Fogg und Sir Francis Cromarty sich befanden, und hier sprach er mit leiser Stimme:
    »Nun eilen wir wohl! ...«
    Passepartout selbst war's, der mitten durch den dichten Qualm zum Scheiterhaufen gedrungen war! Passepartout hatte unter'm Schutz des noch herrschenden Dunkels die junge Frau vom Tode errettet! Passepartout, der seine Rolle mit dem Glücke des Kühnen spielte, schritt mitten durch die vom Schrecken gelähmte Menge.
    In einem Augenblicke waren sie alle vier im Gehölz verschwunden, und der Elephant trabte mit ihnen rasch von dannen. Aber Geschrei und Geheul, und selbst eine Kugel, die durch Phileas Fogg's Hut drang, gaben zu erkennen, daß man den listigen Streich entdeckt hatte.
    Wirklich, als der Scheiterhaufen in hellen Flammen stand, sah man darin den Leichnam des alten Rajah.
    Die Priester erholten sich von ihrem Schrecken und merkten nun, daß eine Entwendung stattgefunden hatte.
    Sie stürzten über Hals und Kopf in den Wald, gefolgt von den Leibwächtern. Dieselben schossen ihre Gewehre ab, aber die Räuber waren bereits auf rascher Flucht, und befanden sich bald weit voraus, daß weder Kugeln noch Pfeile sie erreichen konnten.
[84]

Vierzehntes Capitel.
Phileas Fogg fährt das wundervolle Gangesthal hinab, ohne daß er sich kümmert, es zu sehen.
    Der kühne Raub war gelungen. Nach einer Stunde noch lachte Passepartout über den glücklichen Erfolg. Sir Francis Cromarty drückte dem unerschrockenen Burschen die Hand und sein Herr sprach zu ihm: »Brav«, was in dem Munde dieses Gentleman einen hohen Grad von Befriedigung bedeutete. Passepartout erwiderte darauf nur, die ganze Ehre dabei gehöre seinem Herrn. Er habe dabei nur eine »drollige« Idee gehabt, und er lache noch bei dem Gedanken, daß er, Passepartout, vormals Gymnast und Exsergeant der Pompiers, einige Augenblicke der Witwer einer reizenden Frau, ein alter einbalsamirter Rajah, gewesen sei!
    Die junge Indierin war bei dem Vorfall ohne Bewußtsein. In Reisedecken eingewickelt lag sie auf einem der Tragkörbe.
    Inzwischen lief der Elephant, von dem Parsen mit größter Sicherheit geleitet, rasch

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