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Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Reise Um Die Erde in 80 Tagen

Titel: Reise Um Die Erde in 80 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und konnte dem Gentleman die Spitze bieten.
    »Jetzt, sprach Passepartout zu sich selbst, haben wir ihn fest!«
    Um elf Uhr Vormittags befand sich der Zug auf dem Höhepunkt der Wasserscheide zwischen den beiden Oceanen, zu Passe-Bridger, siebentausendfünfhundertvierundzwanzig [189] Fuß über dem Meeresspiegel. Noch etwa zweihundert Meilen, dann befand man sich auf den weit ausgedehnten, bis zum Atlantischen Meere reichenden Ebenen, welche der Anlage von Eisenbahnen so günstig sind.
    Bereits kamen die ersten Quellflüsse der Atlantischen Abdachung zum Vorschein, Neben- und Zuflüsse des obern Platte-River. Am ganzen nördlichen und östlichen Horizont ragte der ungeheure halbkreisförmige Mittelwall, welcher den nördlichen Theil des Felsengebirges bildet, der vom Pic Laramie beherrscht wird. Zwischen diesem krummen Höhenzug und der Eisenbahn breiteten sich ungeheure, reichlich von Gewässern durchströmte Ebenen aus. Rechts von dem Schienenweg stuften sich die ersten Abhänge des Hauptgebirgsstocks ab, welcher im Süden bis zu den Quellen des Arkansas, eines der großen Nebenflüsse des Missouri, reicht.
    Um halb eins bekamen die Reisenden einen Augenblick das Fort Halleck zu sehen, welches diese Gegend beherrscht. In einigen Stunden konnte man über das Felsengebirge hinaus sein, und es stand zu hoffen, daß kein Unfall mehr auf dieser schwierigen Stelle vorkommen werde. Der Schneefall hatte aufgehört, und es trat trockene Kälte ein. Von der Locomotive aufgescheucht, entflohen weithin die Vögel; kein Rothwild, Bär oder Wolf zeigte sich auf der Ebene, einer kahlen Einöde von ungeheurer Ausdehnung.
    Nach einem erquicklichen, im Bahnwagen eingenommenen Frühstück hatten Herr Fogg und seine Spielgenossen eben ihr Whist, das kein Ende nehmen wollte, wieder begonnen, als man heftiges Pfeifen vernahm. Der Zug hielt an.
    Passepartout steckte den Kopf zum Fenster hinaus, und sah nichts, was zu diesem Anhalt veranlaßt haben konnte. Keine Station war zu sehen.
    Mrs. Aouda und Fix mochten eine Weile befürchten, Herr Fogg werde auf den Gedanken kommen, auszusteigen. Aber der Gentleman sagte nur zu seinem Diener:
    »Sehen Sie doch, was es giebt.«
    Passepartout sprang aus dem Waggon. Bei vierzig Reisende waren ebenfalls ausgestiegen, darunter der Oberst Stamp Proctor.
    Der Zug hatte vor einem rothen Signalzeichen angehalten, welches den Weg sperrte. Der Maschinist und der Conducteur waren ausgestiegen und disputirten lebhaft mit einem Bahnwärter, welchen der Bahnhofdirector der [190] Station Medecine-Bow dem Zug entgegengeschickt hatte. Einzelne der Reisenden hatten sich dazugesellt und nahmen an dem Disput Theil, – unter andern der gedachte Oberst Proctor mit seinem lauten Ton und gebieterischen Geberden.
    Passepartout hörte, als er zu der Gruppe kam, wie der Bahnwärter sprach:
    »Nein! Es ist nicht möglich hinüberzukommen! Die Brücke von Medecine Bow ist schadhaft und verträgt nicht mehr das Gewicht des Zugs.«
    Die fragliche Brücke war eine Hängebrücke über einen reißenden Bergstrom, eine Meile von der Stelle entfernt, wo der Zug stehen geblieben war. Nach Aussage des Bahnwärters waren einige der Hängeketten zersprungen, und man durfte ein Darüberfahren nicht riskiren.
    Es war das gar keine Uebertreibung. Und zudem bei der gewöhnlichen Fahrlässigkeit der Amerikaner kann man annehmen, daß, wenn sie wirklich einmal vorsichtig sind, man wahnsinnig wäre, wollte man es nicht sein.
    Da Passepartout nicht wagte, seinem Herrn davon Kenntniß zu geben, so hörte er mit grimmiger Miene zu, unbeweglich wie eine Statue.
    »Ei was! schrie der Oberst Proctor, wir werden doch nicht, denk' ich, hier im Schnee einwurzeln!
    – Oberst, versetzte der Conducteur, man hat nach der Station Omaha telegraphirt, um einen Extrazug von dort aus, aber es ist nicht wahrscheinlich, daß er vor sechs Uhr zu Medecine-Bow ankommt.
    – Sechs Uhr! rief Passepartout.
    – Allerdings, erwiderte der Conducteur. Uebrigens brauchen wir auch soviel Zeit, um zu Fuß bis zur Station zu kommen.
    – Doch ist sie nur eine Meile von uns entfernt, sagte ein Passagier.
    – Eine Meile wohl, aber von der andern Seite des Flusses aus.
    – Und kann man denn nicht auf einem Fahrzeug über den Fluß kommen? fragte der Oberst.
    – Unmöglich. Es ist ein reißender Bergstrom, dessen Wasser vom Regen angeschwollen ist, und um eine Furth zu finden, müßten wir einen Umweg von zehn Meilen nordwärts machen.«
    Der Oberst schleuderte eine Kette

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