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Reisefieber (Beachrats: Teil 3) (German Edition)

Reisefieber (Beachrats: Teil 3) (German Edition)

Titel: Reisefieber (Beachrats: Teil 3) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Jäger
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ziemlich schnell wieder und es war nicht zu übersehen, dass Alex Clay verehrte.
    Rick und Kevin gaben mir jedenfalls ein Zuhause. Sie hatten zwei Pflegekinder, Justin und Brian, die ebenfalls schwul waren. Es fühlte sich gut an, mit ihnen zusammen zu sein, aber Clay war wie ein Gespenst, das mich jede Minute des Tages begleitete.
    Meine erste Reaktion auf seinen Tod war Wut.
    Ich ging zu Leuten, die eine Rechtsberatung für Studenten anboten, um zu sehen, ob ich das Krankenhaus, die Ärzte oder die Universität für seinen Tod verklagen konnte. Ich wollte und brauchte kein Geld. Ich wollte nur Rache. Ich wollte, dass sie dafür bestraft werden, weil ich Clay verloren hatte. Die Anwälte hörten mir aufmerksam zu, sagten mir dann aber höflich, dass ich keine Grundlage für eine Klage hätte.
    Als nächstes ging ich durch eine Zeit, in der ich mich schuldig fühlte.
    Clay hatte diese Kopfschmerzen schon drei Tage lang, bevor ich ihn überredete, zum Arzt auf dem Campus zu gehen. Warum hatte ich so lange gewartet? Warum hatte ich ihn nicht sofort dorthin gebracht? Für mindestens zwei Wochen war ich davon überzeugt, dass die ganze Sache meine Schuld war. Irgendwann realisierte ich allerdings, dass es nichts gab, was ich hätte tun können.
    Die dritte Phase war das Leugnen.
    Ich war davon überzeugt, dass es nicht so passiert war, wie alle behaupteten. Jemand hatte es auf Clay abgesehen und war erfolgreich gewesen. In dieser Phase fuhr ich zu Rick und Kevin, um Thanksgiving mit ihnen zu verbringen. Dort lernte ich Kevins Eltern, seinen Bruder und seine Schwägerin kennen. Letztere mochte ich besonders, denn sie schien mich wirklich zu verstehen und mit mir zu fühlen. Kevins Mutter war auch unglaublich nett, aber sie schien ihre Aufmerksamkeit mehr Brian und Justin zu widmen, was ich ihr aber nicht übel nahm.
    Direkt vor den Prüfungen begannen die Depressionen.
    Ich fühlte mich nur noch lustlos, fast schon leblos. Ich redete nicht viel und lachte nie. Ich hatte nicht viele Freunde in Gainesville, aber die wenigen Freunde, die ich hatte, interessierten mich nicht. Ich verbrachte viel Zeit damit, zu weinen. Wenn ich so recht darüber nachdenke, weinte ich eigentlich die ganze Zeit. Vom Tag, an dem Clay starb, bis zu meiner Abreise nach Newport Beach für Weihnachten, verlor ich 20 Pfund und ich dachte, dass daran nur das Wasser Schuld ist, das ich durch die Tränen verloren hatte.
    Irgendwie schaffte ich es durch meine Prüfungen.
    Als ich nach Newport Beach kam, wollte ich nur noch schlafen. Schlafen, weinen, schlafen, weinen. Das war ich. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind.
    Sie sagten: ›wir fahren nach New Orleans‹ und ich stieg ins Auto ein, ohne mich wirklich dafür zu interessieren, was vor sich ging. Ich quälte mich durch das Essen, das vermutlich großartig war, aber für mich hatte es keinen Geschmack.
    Anschließend gingen wir Weihnachtslichter ansehen, aber auch das interessierte mich nicht. Später gingen wir auch noch in eine Karaoke-Bar. Alex sang, alle tanzten, ich vegetierte mit meinen Depressionen vor mich hin.
    Am nächsten Tag gingen wir auf die Rennbahn. Alle waren so aufgeregt und wollten wetten, sich die Pferde und die Rennen ansehen. Alex machte von allem und jedem mit seiner verdammten Kamera Fotos. Er und die anderen schienen so glücklich zu sein.
    Ich fühlte mich nur wie betäubt. Gedanklich war ich an einem völlig anderem Ort als mit meinem Körper. Ich weiß zwar nicht genau, wo das war, aber es war mit Sicherheit nicht die Rennbahn in New Orleans.
    Als wir wieder nach Hause kamen, legte sich mehr oder weniger jeder für ein Nickerchen hin. Ich ging ein bisschen spazieren und entdeckte einen großartigen Friedhof, nur ein paar Blocks vom Haus entfernt. Um hinein zu kommen, musste ich über einen Zaun springen, aber es lohnte sich. Alles war aus weißen Steinen und es gab Gebäude, die wie kleine Kirchen aussahen. Ein paar von ihnen hatten sogar Fenster aus farbigem Glas. Außerdem gab es große Monumente.
    Ich dachte darüber nach, wie es wäre, tot zu sein und zum ersten Mal in meinem Leben dachte ich über Selbstmord nach. All die Schmerzen wären weg und ich wäre endlich wieder mit Clay zusammen. Sehr langsam ging ich nach Hause zurück.
    Als ich dort ankam, mussten wir uns alle zum Abendessen umziehen. Wir fuhren in ein ziemlich schickes Restaurant, aber ich stocherte nur in meinem Essen herum. Das war das, was ich seit Wochen tat, zumindest wenn ich das Essen nicht

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