Reiseführer Barcelona
großartigen mittelalterlichen Kirchen Kataloniens, und er war stolz darauf, die Baumaterialien zu verwenden, die das Land hergab: Lehm, Stein und Holz. Im Unterschied zur Überschwänglichkeit seiner Bauten führte Gaudí ein einfaches Leben und war sich auch nicht zu schade, an Türen zu klopfen und um Geld für den Bau der Sagrada Família zu betteln.
Als Gaudí immer experimentierfreudiger wurde, erschien er zunehmend als einsamer Wolf. Im fortgeschrittenen Alter wurde er fast ausschließlich von seinen festen religiösen Überzeugungen angetrieben. Einen großen Teil seiner zweiten Lebenshälfte widmete er dem Wahrzeichen der Stadt, der unfertigen Sagrada Família. Er starb 1926: Bei seinem täglichen Spaziergang zur Kirche Sant Felip Neri wurde er von einer Straßenbahn erfasst. Da er zerrissene Kleidung trug und außer einer Orangenschale nichts bei sich hatte, wurde der Verletzte anfänglich für einen Bettler gehalten und zu einem Krankenhaus in der Nähe gebracht, wo er auf einer Armenstation landete und zwei Tage später verstarb. Seiner Beisetzung wohnten Tausende bei. Sein Leichnam wurde in einer knapp 1 km langen Prozession zur Sagrada Família gebracht, wo er in der Krypta bestattet wurde.
So wie die Arbeiten an der Sagrada Família fortdauern, ist auch Gaudís Geschichte noch lange nicht zu Ende. Im März 2000 beschloss der Vatikan, den Antrag auf seine Heiligsprechung zu prüfen, und schon heute kommen Pilger in die Krypta der Kirche, um ihm Ehre zu erweisen. Einer der wichtigsten Bildhauer, die an der Kirche arbeiten, der Japaner Etsuro Sotoo, trat aufgrund seiner Leidenschaft für Gaudí zum Katholizismus über.
Gaudís Werke
Gaudís Werk ist ein leidenschaftlicher Aufruf zur kraftvollen Bewegung, jedoch oft mit einer traumhaften oder surrealen Note. Das private Wohnhaus Casa Batlló ist ein gutes Beispiel dafür: Alles erscheint als Aufruhr des unnatürlichen Natürlichen – oder des natürlichen Unnatürlichen. Nicht nur sind alle geraden Linien vollkommen verschwunden, sondern auch die Übergänge zwischen Realem und Irrealem, Nüchternem und Trunkenem, Strengem und Spielerischem erscheinen verschwommen. Je nachdem, wie man die Fassade anschaut, sieht man vielleicht den hl. Georg (einen der Schutzpatrone der Stadt), wie er einen Drachen tötet, einen großartigen, schillernden Fisch (ein Symbol der Völker des Mittelmeers) oder Elemente eines ausgelassenen Karnevalsumzugs.
Besonders viel Spaß scheint Gaudí an Dächern gehabt zu haben. Beim Palau Güell schuf er als Schornsteine alle möglichen phantastischen bunten Gebilde aus Kacheln, die überdimensionalen blütenähnlichen Bäumen ähneln und direkt aus Alice im Wunderland stammen könnten.
LaSagrada Família
Gaudís Meisterwerk ist die Sagrada Família, mit deren Bau 1882 begonnen wurde. In ihr sind viele der Ideen zu erkennen, die Gaudí über die Jahre entwickelte. Die gewaltigen Ausmaße der Kirche erinnern an die Pracht der gotischen Kathedralen Kataloniens, während die organischen Elemente vom Streben nach Harmonie mit der Natur zeugen.
Die Fassade der Geburt Christi, die einzige, die Gaudí zu Lebzeiten fertigstellte, weist Dutzende von Pflanzenarten auf; zwei der Hauptsäulen werden von Schildkröten getragen. Drinnen neigen sich gewaltige schraubenartige Säulen in dynamischen Winkeln wie große Baumstämme, verästeln sich oben und bilden ein Blätterdach. Die prächtigen Buntglasfenster erzeugen ein Lichtspiel mit lebendigen Farben – feurigen Rot- und Goldtönen und tiefen Blau- und Grüntönen; andere Fenster sind durchsichtig und symbolisieren so Reinheit.
Die Kirche steckt voller Symbole, die auf greifbare Weise Gaudís Glauben verkörpern: Die 18 Glockentürme symbolisieren Jesus, die Jungfrau Maria, die vier Evangelisten und die zwölf Apostel. Die drei Fassaden befassen sich mit Leben, Tod und Auferstehung Christi. Auch die Lage der Kirche ist eindrucksvoll: Die Fassade der Geburt Christi blickt nach Osten, wo die Sonne aufgeht; die Fassade der Passion Christi blickt nach Westen, wo die Sonne untergeht.
GEORGE LUCAS
Die ungewöhnlichen kriegerähnlichen Schornsteine der Pedrera sollen die Kostümbildner von George Lucas inspiriert haben, die die Figur des Darth Vader und die imperialen Sturmtruppen nach diesen außergewöhnlichen Formen schufen.
Zurück zum Anfang des Kapitels
DOMÈNECH I MONTANER
Lluís Domènech i Montaner (1849–1923) steht zwar im Schatten Gaudís, war aber dennoch einer der großen
Weitere Kostenlose Bücher