Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras
und stellte keine weitere Frage der Art.
Der Doctor ergriff wieder das Wort:
»Alle unsere Anstrengungen, sagte er, können jetzt nur darauf gerichtet sein, den Porpoise aufzufinden; statt den gefahrvollen Weg nach der Bassins-Bai einzuschlagen, können wir nun auf einem um ein Drittel kürzeren Wege ein Fahrzeug erreichen, das alles Nöthige zu einer Ueberwinterung bietet.
– Es ist gar keine andere Wahl möglich, meinte Bell.
– Und ich füge hinzu, sagte der Schiffer, daß wir dazu keinen Augenblick zu verlieren haben. Freilich müssen wir, entgegen der gewöhnlichen Art und Weise, die Dauer unseres Zuges nach unserem Vorrath an Nahrungsmitteln berechnen und baldmöglichst aufbrechen.
– Sie haben Recht, Johnson, erwiderte der Doctor; wenn wir morgen, den 26. Februar, abreisen, müssen wir, mit genauer Noth dem Hungertode entgehend, am 15. März beim Porpoise eintreffen. Was meinen Sie, Hatteras?
– Treffen wir sogleich alle nöthigen Vorbereitungen zur Reise. Der Weg könnte auch weiter sein, als wir annehmen.
– Warum? entgegnete der Doctor, der Mann scheint doch der Lage seines Schiffes sicher zu sein.
– Wenn nun der Porpoise aber, antwortete Hatteras, mit seinem Eisberge weiter getrieben ist, wie es uns mit dem Forward erging?
– Freilich, sagte der Doctor, diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen.«
Johnson und Bell berührten eine Sache gar nicht, die ihnen so verderblich gewesen war.
Altamont, dem diese Reden nicht entgingen, bedeutete dem Doctor durch Zeichen, daß er sprechen wolle. Nach einviertelstündigen Bemühungen hatte Clawbonny so viel sicher erfahren, daß der Porpoise mit einer Seite auf dem Strande liege und sein Felsenbett unmöglich verlassen haben könne.
Wenn das auch den vier Engländern einerseits eine sehr beruhigende Nachricht war, so raubte es ihnen andererseits doch die Aussicht, mit Hilfe des Schiffes nach Europa zurückkehren zu können, wenn es Bell nicht etwa gelänge, aus Theilen des Porpoise ein neues kleines Fahrzeug zu erbauen. Doch wie dem auch sein mochte, man war darüber einig, den Platz des Schiffbruchs baldigst aufzusuchen.
Noch eine letzte Frage richtete der Doctor an Altamont; die, ob er in jener Breite von dreiundachtzig Grad schon Etwas von einem eisfreien Meere bemerkt habe.
»Nein«, erwiderte dieser.
Die Unterhaltung brach hier ab, und man begann sofort, sich zur Abreise zu rüsten; Bell und Johnson besorgten den Schlitten und stellten ihn jetzt, da ihnen Holz dazu nicht fehlte, dauerhafter her; die auf der Excursion nach dem Süden hin gesammelten Erfahrungen wurden nun verwerthet; vor Allem erhöhte man auch die Kufen, da man die schwachen Seiten dieser Transportmethode kennen gelernt, und auf reichlichen, dichten Schnee zu rechnen hatte.
Auch ein bequemes Lager richtete Bell darauf ein, dem die Zeltleinwand als schützende Decke diente, und welches für den Amerikaner bestimmt war. Der wenig beträchtliche Proviant belastete das Gefährt ja nicht sehr, dafür wurde aber Holz so viel als möglich mitgenommen.
Der Doctor, der die Provision ordnete, nahm ihre Menge mit peinlichster Sorgfalt auf. Seiner Rechnung nach mußte sich jeder Reisende für eine Zeit von drei Wochen mit Dreiviertelsrationen begnügen. Für die Zughunde reservirte man das volle Futter; zog Duk mitihnen, so sollte dasselbe auch ihm zu Gute kommen.
Die Eile der Arbeiten wurde jetzt freilich durch die gebieterische Nothwendigkeit, sich auszuruhen und zu schlafen, unterbrochen. Bevor sie sich aber niederlegten, umringten die Schiffbrüchigen den Ofen, den man nicht spärlich heizte. Die Armen gestatteten sich einen Luxus von Wärme, dessen sie lange entwöhnt waren; etwas Pemmican, Zwieback und einige Tassen Kaffee erzeugten eine fast heitere Stimmung, die wohl zur Hälfte dem Hoffnungsstrahl zuzurechnen war, der ihnen so schnell, wenn auch nur aus der Ferne, aufleuchtete.
Um sieben Uhr Morgens ging man wieder an die Arbeit, welche erst gegen drei Uhr Nachmittags beendet ward.
Schon dunkelte es wieder; zwar war die Sonne seit dem 31. Januar wieder sichtbar geworden, doch verbreitete sie nur ein schwaches und kurz dauerndes Licht. Zum Glück ging der Mond schon halb sieben Uhr auf und seine Strahlen erhellten bei dem klaren Himmel den Weg. Die Temperatur, welche seit einigen Tagen merklich herunterging, erreichte endlich dreiunddreißig Grad unter Null (– 37° hunderttheilig).
Der Augenblick der Abreise erschien. Altamont freute sich offenbar darüber,
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