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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gegeben wurde, ging das Repertoire bald total zur Neige. Dann machten sich improvisirte Schriftsteller an’s Werk, und Parry selbst schrieb für Weihnachten ein ihrer Lage ganz angepaßtes Stück, welches »Die Nord-West-Passage«, oder »Das Ende der Reise« hieß, und ungeheuren Erfolg hatte.
    – Ein herrlicher Titel, sagte Altamont, doch gestehe ich, daß ich für meine Person bei der Behandlung desselben Sujets um die Lösung der Verwicklung verlegen sein würde.
    – Sie haben wohl Recht, meinte Bell; wer weiß, wie das noch enden wird!
    – Genug, sagte der Doctor; wer wird denn schon an den letzten Act denken, wenn die ersten gut verlaufen? Ueberlassen wir das der Vorsehung, meine Freunde; wir haben nur unsere Rollen nach besten Kräften zu spielen, und da die Lösung den Schöpfer aller Dinge angeht, so wollen wir auch seiner Weisheit vertrauen; er wird uns schon zu helfen wissen.
    – Nun wollen wir aber alles das beschlafen, warf Johnson ein, es ist spät, und da die Zeit der Ruhe da ist, wollen wir auch schlummern.
    – Sie haben rechte Eile, mein alter Freund, sagte der Doctor.
    – Was meinen Sie, Herr Clawbonny, ich befinde mich so wohl in meinem Bette! Und dann träume ich auch gewöhnlich so schön; ich träume von den heißen Ländern, so daß ich wahrlich sagen möchte, daß ich die eine Hälfte meines Lebens unter dem Aequator und die andere am Pole zubringe.
    – Den Teufel, sagte Altamont, da sind Sie ja glücklich organisirt.
    – Wie Sie sagen, erwiderte der Rüstmeister.
    – Nun gut, schloß der Doctor, es würde grausam sein, unseren braven Johnson noch länger sich sehnen zu lassen. Seine Tropensonne erwartet ihn; da wollen wir auch schlafen gehen.

Elftes Capitel.
Beunruhigende Spuren.
    In der Nacht vom 26. zum 27. April schlug das Wetter um; das Thermometer sank merkbar, so daß die Insassen von Doctors-House die Kälte spürten, die bis unter ihre Decken drang. –
     

    Altamont, der die Ofenwache hatte, bemühte sich, das Feuer nicht ausgehen zu lassen, und mußte tüchtig nachlegen, um die Temperatur im Innern auf fünfzig Grad über Null (+ 10° hunderttheilig) zu erhalten.
    Der Wiedereintritt der Kälte bezeichnete das Ende des stürmischen Wetters, worüber sich der Doctor sehr freute; nun konnten ja die gewohnten Beschäftigungen, wie Jagden, Ausflüge, Erforschung des Landes und dergleichen wieder aufgenommen werden, was endlich der thätigkeitslosen Einsamkeit ein Ziel setzte, über die zuletzt auch die besten Menschen ärgerlich werden.
    Am folgenden Morgen verließ der Doctor frühzeitig das Bett und bahnte sich durch die aufgehäuften eisigen Massen einen Weg bis zu dem Gipfel, auf dem der Leuchtthurm stand.
    Der Wind war nach Norden umgesprungen; die Atmosphäre war klar; lange weiße Flächen boten dem Fuße ihren erhärteten Teppich.
    Bald verließen die fünf Wintergenossen Doctors-House; ihre erste Sorge war, das Haus von den umhergelagerten Eismassen zu befreien; das Plateau erkannte man kaum wieder, es wäre unmöglich gewesen, darauf die Spuren einer Wohnung zu erkennen. Der Sturm, der die Unebenheiten des Terrains zufüllte, hatte Alles geebnet; mindestens um fünfzehn Fuß war der Boden erhöht.
    Zuerst mußte man zum Wegräumen der Schneemassen schreiten; dann verlieh man dem Gebäude wieder eine architektonische Form, indem man seine Linien vereinigte und sein Aussehen wiederherstellte. Das war übrigens nicht allzuschwer, denn nachdem das Eis fortgeschafft war, genügte einige Arbeit mit dem Eismesser, den Mauern ihre normale Stärke wiederzugeben.
    Nach zwei Stunden anhaltender Arbeit ward der Granitboden wieder sichtbar; dann wurde auch der Weg nach den Magazinen und dem Pulverhäuschen wieder gangbar gemacht.
    Da sich bei dem so unzuverlässigen Klima ein solcher Zustand jeden Tag wiederholen konnte, entnahm man neuen Vorrath an Lebensmitteln und schaffte ihn in die Küche. Nun machte sich den durch das Salzfleisch gereizten Magen aber auch das Bedürfniß nach frischem Fleische fühlbar; die Jäger wurden demnach beauftragt, diese erhitzende Nahrungsweise einmal abzuändern, und sie bereiteten sich zu einer Partie.
    Doch war mit Ende April der polare Frühling noch nicht gekommen; das dauerte noch mindestens sechs Wochen. Die noch schwachen Sonnenstrahlen vermochten diese Schneeflächen nicht zu durchdringen und dem Boden die dürftige Flora jener Gegenden zu entlocken. Man mußte wohl fürchten, daß die Thiere, Vögel und Vierfüßler noch sehr selten

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