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Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras

Titel: Reisen und Abenteuer des Kapitän Hatteras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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geringsten Zwischenfällen eine Nutzanwendung; sein unerschöpfliches Gedächtniß ließ ihn niemals im Stich; er wandte seine Lehrsätze auf die anwesenden Personen an; erinnerte sie an Dies oder Jenes, was aus diesem oder jenem Umstande hervorging, und erhöhte so das Gewicht seiner Theorieen durch persönliche Beweisgründe.
    Man kann wohl sagen, daß dieser würdige Mann die Seele dieser kleinen Welt war, eine Seele, voll Offenherzigkeit und Gerechtigkeit, womit sie Alles durchdrang. Seine Genossen hatten zu ihm ein unbegrenztes Zutrauen; er verfehlte sogar seines Eindrucks auf Hatteras nicht, der ihn übrigens liebte. Durch seine Worte, sein Wesen und seine Gewohnheiten wirkte er so wohlthätig, daß die Existenz dieser wenigen, sechs Grad vom Nordpole vereinsamten Menschen ganz natürlich erschien; wenn der Doctor sprach, glaubte man ihn in seinem Zimmer in Liverpool zu hören.
    Und doch, wie verschieden war diese Lage von der solcher Schiffbrüchiger, die auf eine Insel des Stillen Oceans verschlagen wurden, jene Robinsone, deren anziehende Geschichte stets die Leser fesselt. Dort bot allerdings ein fruchtbarer Boden, eine üppig reiche Natur tausend Hilfsquellen; in jenen herrlichen Ländern genügte ein wenig Einbildungskraft und Arbeit, um sich materielles Wohlsein zu schaffen; Jagd und Fischfang befriedigten alle menschlichen Bedürfnisse; die Bäume trieben für den Menschen, natürliche Höhlen boten ihm ihren Schutz, die Bäche rieselten, seinen Durst zu löschen, prächtiger Schatten schützte ihn gegen die Hitze, und niemals bedrohte ihn arger Frost in jenen milden Wintern; pflegelos hingeworfene Samenkörner lieferten einige Monate später eine Ernte. Abgesehen von dem Mangel an Gesellschaft war die Glückseligkeit vollkommen. Dazu lagen jene bezaubernden Inseln, jene herrlichen Länder an dem Wege anderer Schiffe; der Schiffbrüchige konnte immer hoffen, wieder mit aufgenommen zu werden, und er wartete geduldig, bis man ihn seiner glücklichen Existenz entriß.
    Aber hier, an dieser Küste Neu-Amerikas, welcher Abstand! Diesen Vergleich stellte der Doctor zwar manchmal an, aber er behielt ihn für sich, obgleich er gewiß über den erzwungenen Müßiggang erzürnt war.
    Mit Begierde erwartete er den Wiedereintritt des Thauwetters, um seine Ausflüge von Neuem vornehmen zu können, und doch sah er ihn nicht ohne Furcht sich nahen, denn er prophezeite sich ernsthafte Auftritte zwischen Hatteras und Altamont. Wenn man jemals bis zum Pole drang, was würde aus der Rivalität der beiden Männer sich ergeben?
    Er mußte also zunächst Alles abzuwenden suchen, nach und nach diese beiden Rivalen zu einem unbewußten Einverständniß und zu freimüthigem Gedankenaustausche bringen; aber einen Engländer und einen Amerikaner unter einen Hut zu bringen, zwei Menschen, die schon ihre Abkunft zu Feinden machte, der Eine von ihnen erfüllt mit dem ganzen Ernste Alt-Englands, der Andere, begabt mit dem unternehmenden, kühnen und rücksichtslosen Geiste seiner Nation welche Arbeit voller Schwierigkeiten bot das!
    Wenn der Doctor über diesen unversöhnlichen Wettstreit der Menschen, diese nationale Eifersucht nachdachte, konnte er nicht umhin, nicht etwa mit den Achseln zu zucken, denn das kam bei ihm überhaupt nie vor, aber doch die menschlichen Schwachheiten zu bedauern.
    Mit Johnson sprach er oft über dieses Thema; der alte Seemann und er stimmten in dieser Hinsicht ganz überein; sie fragten sich dann, welche Mittel sie ergreifen, durch welches vorsichtige Verfahren sie zu ihrem Ziele gelangen sollten, und sahen wohl die in der Zukunft drohenden Verwickelungen.
    Indeß dauerte die üble Witterung fort; nicht auf eine Stunde konnte man daran denken, das Fort Providence zu verlassen; Tag und Nacht mußte man in dem Eishause verweilen. Man langweilte sich, ausgenommen der Doctor, der immer ein Mittel fand, sich zu beschäftigen.
    »Es giebt also keine Möglichkeit, sich zu zerstreuen? sagte eines Abends Altamont; das nennt man doch wahrlich nur nach Art der Reptilien leben, die den ganzen Winter über verscharrt liegen.
    – Es ist wohl wahr, bestätigte der Doctor; leider sind wir nicht zahlreich genug, um irgend ein System von Zerstreuungen zu organisiren.
    – Also glauben Sie, erwiderte der Amerikaner, daß wir weniger mit Müßiggang zu kämpfen hätten, wenn wir in größerer Zahl hier wären?
    – Ohne Zweifel, denn wenn ganze Schiffsmannschaften einen Winter in den Polargegenden verbracht haben, fanden

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