Reisestipendien
Frühstück unter den Händen Ranyah Coghs, dessen schönen afrikanischen Typus Horatio Patterson ganz besonders rühmte. Endlich kam das Volkslogis an die Reihe, dessen Durchstöberung die Mannschaft widerspruchslos zuließ, ferner das gesamte Vorderkastell, das Gangspill und einer der Hauptanker, der am Kranbalken des Steuerbords hing, während der des Backbords im Grunde festlag… alles aber erregte in hohem Grade die Aufmerksamkeit der wißbegierigen und wohl auch etwas neugierigen Jugend.
Zur Beendigung des Rundganges im Schiffe war nun bloß noch der Frachtraum zu besuchen.
Es kann wohl nicht wundernehmen, daß Horatio Patterson sich nicht beeilte, seinen Pensionären in die dunkeln Tiefen des Schiffes zu folgen. Eine Treppe dahin gab es nämlich nicht, nur eine Art Kerben in den Deckstützen, in die man bei gespreizten Beinen die Füße setzen mußte. In den Laderaum verirrte er sich gewiß nicht, ebensowenig wie ihm jemals einfallen konnte, die Webeleinen der Wanten zu betreten, um nach den Marsen und den Raaen des Groß- oder des Fockmastes hinaufzuklettern, selbst wenn er dazu hätte durch das »Soldatenloch« kriechen dürfen. Die jungen Leute dagegen glitten gelenkig nach dem untersten Raume des »Alert« hinab. Den Frachtraum durchstreiften sie vom Vorderteile, das durch eine Leiter mit dem Volkslogis in Verbindung stand, bis nach dem Hinterteile, wo eine feuersichere Scheidewand und Deckenbekleidung den großen Raum von der darüber stehenden Kambüse trennte.
Hier unten lagen Segel, Takelwerk, Reservespieren und auch eine Menge Kisten mit Konserven neben Fässern mit Wein, Tönnchen mit Branntwein und vielen Säcken mit Mehl. Der »Alert« war wirklich so reichlich mit allem versorgt, als sollte er zu einer Weltumseglung abgehen.
Nach dieser gründlichen Besichtigung gesellten sich alle wieder zu ihrem Mentor, der bei dem Kapitän stand. Beide unterhielten sich über das und jenes, Patterson mit der gewohnten und geschraubten Redseligkeit, Harry Markel kurz angebunden und zugeknöpft wie immer. Der Kapitän mochte ja ein ganz tüchtiger Seemann sein, mitteilsam war er aber nicht.
Tony Renault umkreiste die Steuervorrichtung, besichtigte das Gehäuse, das den Kompaß enthielt, legte die Hand auf das Rad, bewegte es einmal hier-, einmal dorthin, wie es ein Steuermann getan hätte. und sagte endlich:
»Herr Kapitän, ich hoffe, Sie erlauben uns… nur dann und wann, ein wenig zu steuern… wenn gerade gutes Wetter ist…
– O, fiel Patterson ein, ich glaube doch nicht, daß das klug und weise wäre!
– Keine Angst, Herr Patterson, wir werden das Schiff schon nicht zum Untergang bringen!« erwiderte Tony Renault.
Harry Markel hatte sich begnügt, eine zusagende Handbewegung zu machen.
Woran mochte der Mann wohl denken? Hatte ihn vielleicht etwas wie Mitleid beschlichen, als er die jungen Leute so glücklich, so vergnügt darüber sah, sich auf dem »Alert« zu befinden?… Nein, schon in der nächsten Nacht sollte womöglich keiner von ihnen vor ihm Gnade finden.
Eben jetzt ertönte auf dem Vorderdeck die Schiffsglocke. Einer der Matrosen verkündigte mit vier Schlägen die elfte Stunde.
»Aha, jetzt kommt das Frühstück, sagte Louis Clodion.
– Dem wir alle Ehre antun werden, setzte Horatio Patterson hinzu. Ich habe Hunger wie ein Wolf…
– Wie ein Meerwolf. ergänzte Tony Renault, und
– Lupus maritimus«,
übersetzte der gelehrte Patterson.
Es war jetzt in der Tat die Stunde des Frühstücks, an dem Harry Markel sich entschuldigte, nicht teilnehmen zu können, da er von jeher gewöhnt sei, alle Mahlzeiten in seiner Kabine einzunehmen.
Das Frühstück wurde in der gemeinsamen Kajüte aufgetragen, wo jeder an dem großen Tische Platz fand. Weiche Eier, kaltes Fleisch, ganz frisch gefangene Fische, Biskuit und Tee… alles mundete vortrefflich. Übrigens würden sich die durch die Morgenpromenade ausgehungerten jungen Magen nicht wählerisch erwiesen haben, und auch Horatio Patterson aß hier zweimal soviel als er im Refektorium der Antilian School genossen hätte.
Nach beendigtem Frühstücke suchten nun alle Harry Markel wieder auf dem Deck auf.
Zuerst wendete sich, einer Verabredung entsprechend, Louis Clodion an diesen.
»Herr Kapitän, fragte er, gedenken Sie wohl bald unter Segel zu gehen?
– Sobald etwas Wind aufspringt, und das kann alle Augenblicke eintreffen, antwortete Harry Markel, der recht gut erriet, worauf die Frage hinauswollte.
– Und wenn es nun ein
Weitere Kostenlose Bücher