Reispudding mit Zimt (German Edition)
das Ende meiner Ausbildung bedeutet, sondern dass ich mich in Zukunft von Gladys weiter unterrichten lasse.
Die Woche geht vorbei wie im Flug. Wir sind jeden Abend völlig KO und Gregory schleicht ermattet zu seinem Quartier bei Gladys zurück. Aber am Morgen steht er wieder frisch und tatkräftig vor der Tür und spuckt in die Hände. Er ist einfach nur glücklich, dass er wieder eine Perspektive hat, und dass er bald wieder arbeiten kann.
„Jetzt brauchen wir aber nicht mehr in die Oper“, eröffne ich ihm am Samstag, als wir gerade neue Vorhänge an die Fenster hängen.
„Wieso nicht?“, fragt er von der Leiter herunter.
„Weil ich nur mit dir in die Oper wollte, um wieder gutzumachen, dass du wegen mir deine Lehrstelle bei Adrian verloren hattest. Aber jetzt kriegst du ja eine neue Stelle.“
„Lustig. Das ist doch wohl nicht dein Ernst? Du bist doch genauso neugierig auf 'Peter Grimes' wie ich.“
Ich bücke mich, um ihm eine weitere Gardine anzureichen. Gut so, dann merkt er nicht, wie rot ich werde.
Ja, ich bin neugierig auf 'Peter Grimes'. Und ich will unbedingt Chris Tubaspielen hören und sehen. Außerdem habe ich große Lust, das tolle Kleid von Clara mal auszuführen, und so eine Opernpremiere ist der die allerbeste Gelegenheit. Es wird sicher ein leichtes sein, Chris aus dem Weg zu gehen, zumal er anscheinend auch keinen großen Wert darauf legt, mich zu sehen.
„Wie willst du das Lokal überhaupt nennen?“, fragt Gregory jetzt.
„Ach, du meine Güte. Da habe ich mir noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Gute Frage.“
„Du kannst es 'Anna's' nennen.“
„Nein. Das ist zu platt.“
„Oder nach deiner Tante einfach 'Clara's'.“
Ich mache ein Gesicht. „Das ist auch nicht viel besser.“
„Stimmt.“
„Vielleicht das 'Crag Café'?“, meine ich jetzt.
„Mm. Das kling schon besser, aber wir sind ja eigentlich kein Café in dem Sinne. Wir machen doch Abends auf und servieren warme Mahlzeiten.“
Ich überlege hin und her. Es fällt mir nichts ein.
Es ist gut, dass Gregory mich auf dieses Problem angesetzt hat, denn so denke ich nicht so viel über Chris und über Sonntag nach.
Sogar vorm einschlafen starre ich an die Decke über meinem Bett und überlege Namen. Es ist ein bisschen so, als würde ich ein Kind erwarten und müsste es mit einem Namen bedenken.
Am Sonntagmorgen gehe ich früh zum Carport und sehe mir Claras Golf an.
Wieder einmal, wie ständig in den letzten Tagen, ist sie mir sehr gegenwärtig.
Die Fahrt von Stanstead nach Aldeburgh. Ihre unmöglichen Pumps. Der erste Moment, als ich wieder das Haus betrat und alles nach ihrem Parfum roch.
Der Golf steht an seinem Platz wie ein Hund, der darauf wartete, dass sein Herrchen oder - in diesem Fall – sein Frauchen mit ihm Gassi geht. Das Auto ist rechts-gelenkt. Ich setze mich probeweise hinter den Lenker. Der Sitz ist etwas zu weit vorgestellt. Clara hatte kürzere Beine als ich. Ich habe auf einem Golf meinen Führerschein in Deutschland gemacht. Gregory und ich werden mit diesem Auto schon die kurze Strecke nach Snape fahren können.
Dann wandere ich eine Runde durch das Haus. In Claras Zimmer habe ich mein neues Schlafzimmer eingerichtet. Die Schränke sind mittlerweile gähnend leer und meine paar Kleidungsstücke liegen darin verloren herum. Die vielen, vielen Schuhe und Kleider habe ich zur Kirche gebracht, die sie beim nächsten „Jumble-Sale“, einer Art Kleiderflohmarkt veräußern will.
Im Gästezimmer habe ich mir ein kleines Wohnzimmer eingerichtet. Der ganze untere Stock ist für das Restaurant reserviert.
Dort haben wir nach einigem Überlegen den Eichentisch an die Wand geschoben, wo er als Anrichte steht. Hier kann man auch mal ein Buffet herrichten, falls es verlangt wird.
Das ehemalige Wohnzimmer bietet gerade Platz für sechs kleine Tische, aber das ist mir ganz recht, denn ich will das Restaurant mit einem Minimum an Geldaufwand betreiben und dazu gehört auch ein Minimum an Personal. Nadine habe ich zufällig im Dorf getroffen. Sie ist genauso unglücklich über die Schließung des 'Seaview' wie wir und hat sich sofort bereiterklärt, für uns zu kellnern.
Alles riecht nach frischer Farbe.
Claras Küche steht bereit wie ein schlafender Löwe. Darin hat man nichts ändern müssen. Es ist eine schöne helle Küche, mit allen denkbaren Einrichtungen, auch wenn die Produkte, die unter Claras Regime daraus hervorkamen eine andere Sprache sprachen.
Am übernächsten Samstag wird es
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