Reispudding mit Zimt (German Edition)
zwei andere Lokale fallen mir ein, aber die haben keinen Meeresblick. Der „Black Anchor“? Nee. Erstens will ich Humphreys Geschäft nicht unterstützen, zweitens kann man die lieblos zubereiteten Imbisse dort bestimmt nicht empfehlen.
Ich zucke bedauernd mit den Schultern. „Nein, tut mir Leid.“
„Schade“, sagt der Mann, „Für einen Moment dachte ich sogar, Sie säßen in einem Restaurant. Aber als wir näherkamen, habe ich meinen Irrtum natürlich sofort bemerkt.“
Er nickt mir noch einmal freundlich zu, hakt seine Frau unter und flaniert mit ihr weiter.
Ich sehe ihnen hinter her. Nette Leute. Eigentlich hätte ich ihnen einfach sagen sollen: „Egal. Auch wenn ich keine Gaststätte habe, kommen Sie doch eben auf die Terrasse. Ich mache Ihnen einfach eine Kleinigkeit. Was halten Sie davon?“
Was hätte er wohl dazu gesagt?
Später liege ich in meinem alten Bett und sehe hinaus auf das Meer. Dies ist nun mein Blick. Mein Zimmer. Mein Haus. Auch wenn ich kreuzunglücklich bin, dass Clara nicht mehr lebt und ich von Chris getrennt bin, flammt ein winziges Glücksgefühl in mir auf. Irgendwie ist es schön zu wissen, dass mich keiner aus diesem Haus vertreiben kann, und dass ich so lange darin bleiben kann, wie ich will. Es ist wie ein wunderbares Schneckenhaus, in das ich mich verkriechen und meine Wunden lecken kann. Vielleicht soll ich doch noch ein bisschen hier bleiben.
Ich träume vor mich hin.
Wie müsste ich es einrichten, damit es mir gefällt?
Ich würde erst einmal Claras abgeschabte Möbel herauswerfen. Ich würde den herrlichen Eichentisch, auf den mein Vater so neidisch ist, mitten in das größte Zimmer ziehen. Ich würde mir ganz viele Stühle besorgen und sie darum herum stellen. Ich würde mir ein nettes Geschirr besorgen, ganz nach meinem persönlichen Geschmack, und dann würde ich alle Leute, die mir besonders lieb sind, zu einem großen Essen einladen und ihnen das beste kochen, das ich kann. Wir würden hinter den großen Fenstern sitzen und auf das Meer schauen. Auf dem Tisch stünden Kerzen und alle, die auf der Promenade vorbeigingen, würden sagen: „Schau, wie nett die Leute da drinnen es haben. Schade, dass wir nicht dazu gehören!“
Und auf einmal kommt mir eine Idee. Eine wunderbare, herrliche, verrückte Idee.
Sie ist so toll, dass ich vor Aufregung ganz wach bin und erst lange nicht einschlafen kann. Dann schlafe ich aber tief und fest und ich wette, dass ich ein breites Lächeln auf meinem Gesicht habe.
Am nächsten Morgen kann ich es kaum abwarten, zu Gladys und Len zu kommen. Ich klingle und warte eine gefühlte Ewigkeit, bis Gladys kommt, um mir aufzumachen. Ihr Mund ist wieder faltig, wie beim allerersten Mal als ich dort geklingelt habe, aber dieses Mal holt sie nicht umständlich ihr falsches Gebiss, sondern strahlt so, dass die Runzeln um ihren Mund sowieso alle schlagartig verschwunden sind, und winkt mich hinein.
„Du kommst gerade rechtzeitig zum Frühstück. Gregory lässt es sich schon schmecken.“
Ich setze mich zu meinem alten Kumpel an den Tisch und sehe ihn nur an.
„Ist was?“, fragt er, „Du siehst so aus, als wolltest du mir unbedingt etwas sagen. Schieß' los.“
Da erzähle ich ihm meinen ganzen herrlichen Plan.
Gregory staunt. „Wow. Wie toll ist das denn?“
„Machst du mit?“, frage ich ihn. „Es wird nicht leicht. Da steckt noch eine Menge, Menge Arbeit drin, aber wenn wir richtig ranklotzen, dann können wir das schaffen, du und ich.“
„Da fragst du noch? Wann geht’s los?“
„Am besten gleich. Zieh dich an und komm in die Crabbe Street. Ich fange schon mal an.“
Und so habe ich meinen ersten richtigen, eigenen Angestellten und Kollegen. Für mein eigenes, kleines Restaurant direkt an der Promenade von Aldeburgh. In Claras altem Haus.
Wir arbeiten wie die Bezerken, denn wir können gar nicht abwarten, bis alles so weit sein wird und wir eröffnen können. Wir bestellen den Sperrmüll. Wie kaufen Farbe und streichen die Wände. Wir mieten uns einen Leihwagen und kaufen in einem preiswerten Möbelgeschäft Tische und Stühle, denn der eine Eichentisch wird natürlich nicht reichen. Wir besorgen kleine Tische und Stühle für die Terrasse. Als mein Konto hoffnungslos überzogen ist, schlucke ich meinen Stolz herunter, rufe Papa an und schildere ihm die Situation. Er findet die Idee toll (Ron Grimstone sei Dank!) und überweist mir eine großzügige Anleihe. Ich muss ihm nur Versprechen, dass dies nicht
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