Reitclub Wedenbruck
denn sie waren sehr dick. Woher sie ihre beachtlichen Rundungen hatten, fand Zottel schnell heraus: regelmäßig unterbrachen sie ihr Federballspiel, um aus einem Versteck hinter der Garage Schokoladenriegel zu holen und sie sich in den Mund zu stopfen.
Solcher Unvernunft galt es, Einhalt zu gebieten! Zottel löste das Problem, indem er sich über den Vorrat hermachte und für seine Vernichtung sorgte. Das ging nicht ohne Protest ab, mit Wutgeschrei stürzten sich die Speckkugeln auf ihn und benutzten ihre Federballschläger, um ihn von seinem Imbiß zu vertreiben. Zottel rächte sich, indem er ihren Federball mit einem gezielten Tritt in die Dachrinne beförderte. So waren seine Kontrahenten erst einmal beschäftigt. Zottel trabte zufrieden ums Haus, während die Jungen ihren ähnlich rundlichen Vater herbeizeterten, um ihren Ball zurückzubekommen. Zottels Chancen wuchsen, denn zu diesem Zweck mußte man erst aus der Nachbarschaft eine Leiter besorgen. Zu dritt trabten sie davon.
Die Frau hatte ihre Einkäufe auf dem Küchentisch abgestellt und sich ins obere Stockwerk des Hauses begeben, um vor der gemeinsamen Teestunde die Wäsche zu bügeln. Aus dem Radio kam fröhliche Schlagermusik und gab dem Bügeleisen den Takt an.
Zottel konnte unglaublich leise gehen, wenn es darauf ankam. Heute kam es eigentlich nicht darauf an, denn die Musik übertönte seine Tritte; trotzdem trat er behutsam auf, als er sich jetzt ins Haus schob und in die Küche hinüberspazierte. Da lag die Pracht, ausgebreitet auf dem Küchentisch wie in einer Schaufensterauslage!
„Häschen? Setzt du bitte schon mal das Teewasser auf?“ kam eine Stimme von oben.
Zottel überhörte die Beleidigung, die in der Anrede „Häschen“ lag und antwortete mit einem tiefen Brummen.
Zuerst die Feigen und die Müsliriegel. Aus dem Radio oben schluchzte Howard Carpendale, Zottel ließ sich den Appetit nicht verderben.
„Du kannst zum Tee die Müsliriegel hinstellen“, kam es von oben.
„ Hmmm “, machte Zottel, obwohl er längst bei den Haferkeksen war.
„Da ist auch noch Honiggebäck!“
Das hatte Zottel inzwischen auch entdeckt, viel war es allerdings nicht, und er ging dazu über, die verschiedenen Tüten auf ihren Inhalt hin zu überprüfen. Leinsamen, Weizenkleie und Sonnenblumenkerne waren recht schmackhaft, ekelerregend, weil zäh wie Gummi, dagegen die Vollkornnudeln. Auch der Naturreis im Urzustand konnte ihn nicht begeistern, und er beförderte ihn auf den Fußboden, wo die Tüte endgültig zerplatzte und sich der Inhalt gleichmäßig über den Boden verteilte. Interessanter war da schon das Netz mit Obst und Gemüse. Um es besser auspacken zu können, schickte Zottel auch dieses eine Etage tiefer und bearbeitete es mit den Hufen. Die ungeliebten Zwiebeln wurden sofort zu Brei zermahlen, auch die Tomaten interessierten ihn nicht sonderlich, sie mischten sich mit Reis- und Zwiebelsalat.
Aber da waren Äpfel und ein Blumenkohl. Und aus einem geplatzten Plastikbecher ergoß sich Joghurt auf den Boden.
„Nimm den Früchtetee!“ rief die Stallbesen-Frau herunter. „Drei Teelöffel auf die Kanne!“
Den Früchtetee zu suchen, sparte sich Zottel, doch die Kanne fand er sofort, sie stand direkt hinter ihm auf dem Küchenschrank. Ein kräftiges Schlagen mit dem Schweif, und er zog die Kanne wie mit einem Lasso über die Kante. Klirrend zerschellte sie am Boden.
„Hast du was kaputtgemacht, Häschen?“
Die Stimme klang weniger besorgt als drohend. Zottel brummte ärgerlich, der Knall hatte ihn erschreckt.
Die Frau beschloß, unten nach dem Rechten zu sehen, nur noch dieses eine Handtuch fertigbügeln, dann war es geschafft. Im gleichen Augenblick schob sich eine Leiter am Fenster vorbei, das gerötete Gesicht ihres Angetrauten erschien, dann sah sie nur noch einen ausgestreckten Arm, der schräg über ihr in der Dachrinne nach etwas fischte. Sie stellte das Bügeleisen ab und sah hinaus.
„Was machst du denn da?“
„Die Kinder haben den Federball hier hineingeworfen, vielmehr hat das Pony... na, ist ja egal, jedenfalls mußten wir uns erst eine Leiter ausleihen.“
„Du warst mit den Kindern weg?“ Ihre Stimme klang verblüfft.
„Sag ich doch. Beim nächsten Bauern. Hat ein bißchen gedauert, entschuldige, Lämmchen.“
„Und wer ist das dann in der Küche unten?“ Ihre Stimme war schrill geworden und überschlug sich fast vor Beunruhigung.
„ Hmmmm “, brummte Zottel, den so grelle Töne nervös machten.
„Keine
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