Reiterferien auf Ponyhof Muehlental - Band 1-3
verschwunden war, wurde es richtig kalt.
Von draußen drangen gedämpft Gitarrenklänge herein. Robert, Annas großer Bruder, hatte sich mal wieder in seinen Probenraum zurückgezogen.
Adelheid, Luisas Mutter, die auf dem Ponyhof in einem alten Speicherhaus eine Tierarztpraxis führte, und Annas Mutter Isabel, die den Ponyhof zusammen mit Annas Vater Rolf betrieb, waren zusammen ausgegangen. Es war Wochen ende, daher durfte Luisa bei Anna übernachten.
Rolf saß wie so oft oben in der alten Uppkammer, wo er sich sein Büro eingerichtet hatte.
Den beiden Freundinnen war das nur recht, denn so bekam er nicht mit, worüber sie redeten und wann sie ins Bett gingen. Sie würden noch lange nicht schlafen können, denn es gab immer so viel zu besprechen. Auch wenn sie sich jeden Tag sahen.
Luisa schloss die Hand um den Fenstergriff und stutzte. Mit zusammengekniffenen Augen spähte sie angestrengt in die Dämmerung. Doch das Wohnzimmerlicht reflektierte in der Fensterscheibe, sodass sie draußen kaum etwas erkennen konnte.
„Ist was?“, fragte Anna.
Luisa schüttelte den Kopf. „Weiß nicht. Kam mir gerade so vor, als ob auf dem Hof jemand herumschleichen würde. Aber ich habe mich wohl getäuscht.“
Anna sprang aus dem Sessel. „Sicher?“
Luisa winkte ab. „Mach mal das Licht aus, sonst kann man nichts sehen.“
Im Dunkeln standen die beiden Freundinnen am Fenster und schauten hinaus auf den Hof, dessen Pflastersteine im fahlen Mondlicht glänzten. Alles war ruhig.
Als Anna den Blick über die Hofgebäude schweifen ließ, kamen ihr wieder die Bilder der Fernsehserie in den Sinn. Wie furchtbar, wenn ein gesamter Gutshof einem Großfeuer zum Opfer fiel und dabei sogar Tiere in ihren Ställen verendeten!
„Ich sage ja, ich habe mich getäuscht“, murmelte Luisa und knipste die Stehlampe wieder an.
Anna zupfte Luisa am Ärmel. „Komm, sagen wir den Ponys gute Nacht.“
Als sie an Roberts Probenraum vorbeikamen, zeigte Luisa mit dem Daumen über die Schulter. „Das sind ja ganz neue Klänge.“
Anna verdrehte die Augen. „Robert hat sich Skippys Bassgitarre ausgeliehen. Aber ich finde, Bass ohne alles klingt wie Spaghetti ohne Soße.“
Luisa kicherte. „Stimmt. Jetzt, wo du es sagst. Skippy, ist das der mit dem Pferdeschwanz?“
Anna nickte. „Ziemlich verrückter Kerl. Ganz nett, was mich aber total an dem stört: Er raucht.“
Luisa schüttelte sich, dann wanderte ihr Blick nach oben. In der Uppkammer brannte noch immer Licht. „Dein Dad kann einem leidtun“, sagte sie. „Dass er so oft noch bis spätabends im Büro hocken muss!“
Anna seufzte. „Stimmt schon. Aber manchmal, glaube ich, sitzt er da länger, als er müsste. Dann kann er in Ruhe seinen geliebten Jazz-Sender hören und die Büroarbeit macht er nebenbei.“
Luisa zwinkerte ihrer Freundin zu und schob die Stalltür auf. „Na, wenn das so ist, dann wollen wir mal nicht zu viel Mitleid mit ihm haben. Auf Väter sollte man ohnehin nicht allzu große Rücksicht nehmen.“
Anna schluckte. Sie fand es komisch, dass Luisa etwas Derartiges sagte. Soweit Anna wusste, hatte Luisa ihren Vater nie kennengelernt. Aber sie mochte ihre Freundin nicht darauf ansprechen. Luisa hatte auch noch nie von sich aus dieses Thema angeschnitten.
Schweigend schlich Anna hinter Luisa in den Stall und knipste nur die kleine Stalllampe an. Die Ponys waren schon zur Ruhe gekommen und sollten nicht zu sehr gestört werden. Gedämpftes Schnauben und Hufescharren drang ihnen entgegen.
Anna seufzte. Sie liebte es, spät am Abend in den Stall zu gehen, zu ihrer Stute Fee oder zu Mücke, dem Voltigierpferd. Oder aber zu Rose, dem Haflinger, der hier auf dem Ponyhof im Mühlental sein Gnadenbrot bekam und von Luisa versorgt wurde. Ihre Freundin kümmerte sich auch um den Connemara-Schimmel Zorro.
Fee reckte Anna den Kopf entgegen und begrüßte sie mit einem sanften Schnauben. Im fahlen Licht der Stalllampe wirkte ihr Fell viel dunkler als sonst. Anna ließ die Hand über das samtweiche Maul der Stute gleiten. „Gute Nacht, du Schöne“, flüsterte sie.
Luisa schlenderte durch die Stallgasse. Schaute links und rechts in die Boxen, in denen die Pferde sich zur Ruhe begeben hatten. Nur die Shetties waren noch draußen im Auslauf, wo sie über Nacht bleiben sollten.
In Zorros Box raschelte es. Mäuse, dachte Luisa und warf einen Blick über die Boxenwand. An Zorros Bein war noch immer eine große Narbe zu sehen, die von einem Unfall im Sommer herrührte.
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