Reiterhof Birkenhain 03 - SOS Pferd verschwunden
ein Tagebuch gefunden. Abgeschlossen«, sagte Herr Ahrend, während alle zusahen, wie das Gerät in kurzen Abständen die Köpfe von Jule und Sally »ausspuckte«. »Die Polizei will, dass wir es öffnen«, fügte er hinzu. »Aber das möchte ich nur im äußersten Notfall. Ich meine, wenn sie spurlos verschwunden wäre, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Aber nun, wo sie sich gemeldet hat...«
Er schüttelte den Kopf. »Das wäre doch ein glatter Vertrauensbruch.«
Man konnte gegen Herrn Ahrend sagen, was man wollte (und man konnte eine Menge finden...), aber er hatte Respekt vor persönlichen Notizen. Sicher, weil er sein Leben lang mit Bankgeheimnissen zu tun hatte.
Er nahm 60 Fotokopien aus der Auffangschale, mehr Papier hatte er nicht vorrätig, stieß die Seiten an der Unterkante auf und steckte den Stapel in einen Umschlag.
Niemand von den Jugendlichen hatte sich bisher getraut die entscheidende Frage zu stellen - würde Herr Ahrend das Stallverbot zurücknehmen?
Luisa fasste sich ein Herz, als sie schon in der Tür standen. »Darf Jule denn wieder in den Stall, wenn sie zurückkommt, Herr Ahrend?«, fragte sie mit klopfendem Herzen.
Ein bisschen hilflos hob Jules Vater die Schultern.
»Natürlich würden wir alles tun, damit Julia nach Hause kommt«, sagte er ausweichend. »Aber das ist doch keine Lösung, dass sie einfach wegläuft, wenn sie schlechte Noten hat.«
Bastian zwang sich ruhig zu bleiben.
Warum waren Jules Eltern so vernagelt? Sie begriffen nicht, dass es gar nicht um die blöden Schulnoten ging. Dass sie mehr lernen musste, sah Jule durchaus ein. Aber warum kriegte sie zusätzlich zum Pauken noch Stallverbot? Darin konnte man wirklich keinen Sinn sehen. Eben noch hatte Bastian an Herrn Ahrend eine gute Seite entdeckt und jetzt wirkte der schon wieder unerbittlich wie früher. Man kam wohl nur über das Thema Zeugnisse an ihn heran.
»Ich könnte Jule Nachhilfestunden in Mathe geben«, bot Bastian an, »dann käme sie schneller voran und hätte Zeit für Sally übrig.«
»Und mein Vater hilft ihr auch in Bio«, fügte Conny eifrig hinzu. »Ich habe ihn schon gefragt. Wofür ist er schließlich Biologielehrer?«
»Das wäre doch eine Möglichkeit, meinst du nicht, Peter?«
Brigitte Ahrend schien eher bereit zu sein nachzugeben als ihr Mann.
»Erst mal müssen wir sie finden«, schloss Jules Vater das heikle Thema ab. Er tippte Bastian auf die Schulter. »Wir sollten ständig in Kontakt bleiben, bis das Kind wieder zu Hause ist.«
Bewaffnet mit ihrer Wanderkarte zogen Ahrends in Richtung Wald ab. Man hörte noch die immer leiser werdenden Satzfetzen. Das Gespräch klang für einen Sonntagmorgen so unerfreulich, dass Conny sich schließlich die Ohren zuhielt.
»Breite Basisfähigkeiten ...« Gekonnt äffte sie den Tonfall von Herrn Ahrend nach. »Leistungsstand ... ideales häusliches Umfeld ... igitt... Ich muss sofort ein Pferd sehen, ein normales Pferd, damit ich wieder klar denken kann.«
»Du meinst doch hoffentlich nicht deinen Rocky«, lästerte Bastian, der nach Connys kleiner Einlage wieder fröhlicher gestimmt war, »wenn du von einem normalen Pferd sprichst.«
Lachend schnappten sie sich ihre Fahrräder und fuhren den Schwaibenweg hinunter zum Stall. Die Sonne schien wieder wie vorgestern, der Wind war völlig eingeschlafen. Es sah so aus, als ob es heute schön warm werden würde.
Sonntagmorgens hatte man normalerweise den ganzen Reiterhof für sich. Die Nervis, die Killerbienen und auch die »normalen« Mädchen krochen kaum vor zehn aus den Federn, und bis sie zum Reiten erschienen, wurde es leicht elf Uhr. Bei den Erwachsenen war es genauso.
An diesem Maisonntag aber war alles anders. Der Parkplatz war bunt von Autos, im Fahrradstand gab es keine
Lücke mehr. Die drei lehnten ihre Räder an einige Holunderbüsche am Zaun.
»Sie werden doch wohl nicht ohne uns zum Suchen losgeritten sein«, fürchtete Luisa. »Wir haben schließlich die Plakate.«
Nein, bisher war noch niemand weg, aber Kai Jensen stellte bereits die Suchtrupps zusammen. Fünf Gruppen sollten es werden.
»Gut, dass ihr kommt«, rief er Luisa, Conny und Bastian zu. »Ihr reitet mit mir, die restliche Jugend-Quadrille, also Nicky, Sophie, Theresa, Merle, Annika und Berit, mit Axel Rakete. Die Gerlach-Zwillinge und Imke Za-velstein gehen zu dritt, die Erwachsenen« - er wandte sich an Steffi Keck, Fritz Voß und Doris Vogel - »können als vierte Gruppe allein ausreiten.«
Er musterte die
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