Reiterhof Birkenhain 05 - Strumnacht am Meer
würde. Rita, Rike und Ronja wussten es natürlich, waren aber von ihren Eltern zum Schweigen verdonnert worden. Weder Kitzel-Überfälle noch Eis-Versprechungen halfen das Geheimnis aus den Drillingen herauszulocken. Endlich!
Um 20 Uhr forderte Henning Harms die Mädchen auf ihm auf den Hof zu folgen. Er bog zum ShetlandponyStall ab.
»Die sind doch alle weg«, sagte Anna vorwitzig. »Auf der Wiese.«
»Aha, wir haben eine Hellseherin unter uns«, witzelte Herr Harms und klopfte Anna gut gelaunt auf die Schulter. Dann nahm er jedem das Versprechen ab, ruhig zu bleiben, nachdem er die Tür geöffnet habe.
»Ihr dürft dann kein lautes Wort mehr sagen«, beschwor er die Mädchen. »Verstanden? Anna?«
»Logisch.«
»Rahel, Mascha, Geraldine?«
Ein zustimmendes Wispern kam zurück. »3-S-Zimmer?«
»Dreimal ja«, flüsterte Sandra stellvertretend für die anderen.
»Jule, Conny, Luisa?«
Ungeduldig nickten die drei. Wenn er doch endlich die Tür öffnen würde!
Fast alle waren gefragt, blieb nur noch eine.
»Jasmin?«
»Aber da drinnen ist doch nichts Ekliges?« Jasmin klammerte sich an Astrid. »Sonst muss ich brechen.«
Herr Harms lachte leise. »Keine Sorge.« Dann drückte er die Holztür auf, drehte sich noch einmal herum und legte den Finger auf die Lippen. »Pssscht.«
Auf Zehenspitzen schlichen die Mädchen hinein. Und dann brachen doch einige ihr Versprechen, ganz leise zu sein. Es war einfach überwältigend, was sie sahen.
Die Abendsonne fiel durchs Fenster und tauchte die Einstreu in der Mitte des Stalls in warmes Licht. Mitten im dicken Stroh stand Stupsy, die dunkelbraune Shetlandstute. Eng an ihre Seite geschmiegt - ein winzig kleines braunes Fohlen. Als die Mädchen hereinkamen,
hopste es schnell hinter seine Mutter. Vorsichtig lugte das Fohlen dann unter dem Hals von Stupsy hervor. »Oh, ist das süß.«
Nur Anna sagte: »Brutal gut.«
»Die Kleine wurde heute Morgen geboren«, erzählte Herr Harms leise. »Ich war mit Kai Jensen dabei. Als ihr eure Reitstunden hattet.« Schmunzelnd wandte er sich an Jasmin. »Na, was ist - musst du brechen?«
Jasmin konnte ihren Blick gar nicht von dem winzigen Fohlen mit dem Plüschfell lösen.
»Nein«, flüsterte sie, »ganz im Gegenteil.«
6. Kapitel
Seewind in der Mähne
»Jule! Nicht!«
Blitzartig griff Rita nach der Klinke der Schlafzimmertür, die Jule soeben auf ihre übliche Art schließen wollte - durch einen Fußtritt.
Rita konnte die Tür gerade noch abbremsen. Eine Sekunde später und sie wäre krachend ins Schloss gefallen.
»Bist du nicht ganz dicht?«, flüsterte Rita und drückte die Klinke behutsam hinunter. »Willst du das ganze Haus aufwecken? Es ist doch erst sechs Uhr!« Schuldbewusst zog Jule den Kopf ein.
Rita hatte Recht - das Letzte, was man an diesem Montagmorgen gebrauchen konnte, waren Ferienkinder, die aus allen Zimmern strömten. Niemand sollte ja mitbekommen, dass die Drillinge und die Hamburger allein ausreiten durften.
Der Ausritt heute - das war ein großzügiges Geschenk von Kai Jensen. Und von Familie Harms. Weil Rita, Rike und Ronja die Galoppstrecke am Strand wie im Schlaf kannten, hatten ihre Eltern den Ausritt erlaubt.
»Aber nur ganz früh, bevor Badegäste aufkreuzen können«, hieß die Einschränkung. »Sonst gibt es Ärger mit der Kurverwaltung.«
Im Gänsemarsch schlichen sechs Reithosen über den langen Flur.
Ein Wunder, dass niemand sonst zu sehen war. Normalerweise hüpften die Ferienkinder kurz nach Sonnenaufgang aus den Federn und kicherten auf dem Flur herum.
Aber gestern waren alle erst spät eingeschlafen. Ausgiebig musste über die ersten Reitstunden geredet werden. Und über das Fohlen.
Und jetzt schliefen sie wie die Murmeltiere. Vor acht würden sie sicher nicht aus dem Bett kriechen, diese Langschläfer!
Im Gegensatz zu Henning Harms und Kai Jensen, die schon seit halb fünf Uhr auf den Beinen waren. Sie hatten die sechs Ausreit-Pferde gefüttert, sich um Stupsy und das Fohlen gekümmert und ausgemistet.
»Kai«, sagte Henning Harms - die beiden Stallbesitzer duzten sich bereits -, »Kai hat mir von euren Heldentaten erzählt, als er im Krankenhaus lag.« Er nickte anerkennend. »Alle Achtung, ihr seid ein starkes Team.« Herr Harms half den Mädchen beim Satteln und Auftrensen.
»Übrigens - Antje und ich spendieren euch ein großes Picknick am Deich, wenn ihr zurückkommt. Um die Zeit ist das Frühstück im Haus sowieso vorbei.«
»Irre.« Ronja flog ihrem Vater um
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