Reiterhof Birkenhain 05 - Strumnacht am Meer
sie.
Sofort fasste ihre Mutter sie um die Taille und hob sie einfach von Felix herunter. Das Pony nutzte seine unerwartete Freiheit und trabte in die Mitte.
Franziska verschlug es vorübergehend die Sprache. Dann schimpfte sie, diesmal ohne Beherrschung: »Sind Sie verrückt? Das ist gefährlich für die anderen, wenn ein reiterloses Pferd durch die Halle läuft.«
Sie schnitt Felix geschickt den Weg ab und es gelang ihr, den Shetty zu fassen. Die Reiterinnen versuchten, so viel wie möglich von der »Show« mitzubekommen. Anna auf Zorro vorneweg. Leider bekamen sie aber nur Bruchstücke mit, weil ihre Pferde sie so in Anspruch nahmen.
»Reiterferien sind nichts für dich«, sagte die Mutter. Sie hielt Jasmin wie ein Kleinkind fest an der Hand und zog sie hinter sich her zum Ausgang. »Wir packen jetzt schnell deinen Koffer und ich nehme dich wieder mit.« »Ich will hier bleiben«, sagte Jasmin matt.
»Was ist passiert?« Antje Harms kam soeben in die Reithalle und hörte die letzten Worte. »Wollen Sie abreisen? Wirklich?«
»Ja.« Das kam laut von der Mutter.
»Nein.« Das war Jasmin. Leise.
Antje Harms suchte Blickkontakt mit Franzi und sah, wie die Betreuerin genervt den Mund verzog. Die Reitlehrerin seufzte. Die Sache ließ sich schnell zusammenreimen. Jasmins Mutter war eine dieser überbesorgten Mamis, die am liebsten jeden Schritt ihrer Kinder bewachen möchten. Das war schon bei der Anreise nicht zu übersehen gewesen.
Immerhin - sie brachte die Frau dazu, mit ihr unter vier Augen zu reden. Dabei konnte Frau Harms erreichen, dass Jasmin wenigstens noch drei Tage auf dem Reiterhof bleiben durfte. Ohne Mutter-Besuch, versteht sich. Danach würde man weitersehen. Antje Harms versprach sofort anzurufen, falls das Mädchen früher zurückwollte.
Jasmin saß schon wieder auf Felix, als ihre Mutter sich verabschieden wollte.
»Cool, dass sie hier bleibt«, rief Anna ihr im Vorbeireiten zu. »Hier ist es nämlich brutal gut.«
Jasmins Mutter zuckte zusammen und ging dann wirklich.
»Dieses Buch, das du schreiben willst«, sagte Rita, als sie neben Conny zum Stall ging, um die Pferde zu holen, »geht es darin auch um Menschen? Also - um solche wie Jasmins Mutter? Oder steht darin nur etwas über Pferdesprache?«
»Bisher hatte ich nur Pferde geplant«, antwortete Conny. »Aber seit einer Minute weiß ich, dass dringend ein Kapitel über nicht reitende Mütter hineingehört.« »Super«, sagte Rita.
Die anderen fanden auch, dass es schade wäre, der Nachwelt solche Mütter-Auftritte vorzuenthalten.
Von zehn bis elf Uhr hatten sie Reitunterricht bei Frau Harms. Jule, Conny und Luisa, außerdem die Drillinge und die Mädchen vom 3-S-Zimmer.
Oie und Kalle benahmen sich so gut wie selten. Selbst Kai Jensen, der kurz mit Henning Harms hereinschaute, gab das zu. »Unsere Fjordies wollen wohl angeben - vor ihren neuen Flammen«, vermutete er augenzwinkernd. Gemeint waren die Pferdemädchen Stella und Stiena, auf denen Rita und Ronja ritten.
Luisa bekam ein dickes Lob. Sie kam wirklich gut mit Santana klar. Das fand nicht nur ihr Hamburger Reitlehrer Jensen, sondern auch Frau Harms.
»Hoffentlich wirst du deiner Flecken-Paula jetzt nicht untreu«, rief Kai Jensen Luisa zu. »Übrigens - wenn ihr wollt, könnt ihr heute Nachmittag mit den Drillingen ausreiten.« Ein paar Minuten vom Hof entfernt besaßen Harms' ein eigenes, riesiges Ausreitgelände. Unübersehbare Wiesen, mittendrin ein flacher Teich. Zäune rings um die Wiesen sorgten dafür, dass kein übermütiges Pferd einfach abzischen konnte, um auf eigene Faust die Nordseeküste zu erkunden.
»Und wann dürfen wir an den Strand?«, drängte Jule. »Ich meine, mit den Pferden.«
Sie konnte es kaum erwarten, an der schäumenden Brandung entlangzugaloppieren, mit dem Wind im Gesicht.
»Morgen«, versprach Frau Harms. »Ihr drei und meine Drillinge.«
»Oh, warum nicht gleich heute?« Jule wollte mal wieder alles sofort.
»Heute habe ich auch noch etwas Schönes für euch«, kündigte Frau Harms an. »Für alle. Eine Überraschung, nach dem Abendessen.«
Wenn etwas geheimnisvoll klang, dann das.
Bevor sie die Reitlehrerin mit weiteren Fragen bestürmen konnten, sagte die: »So, Ende der Ankündigungen. Der Unterricht geht weiter. Jule, mach bitte mit deinem Kalle eine schöne Vorhandwendung ...«
Beim Abendessen saß niemand still. Es war ja wohl klar, dass die Frage diskutiert werden musste, mit welcher Überraschung Familie Harms herausrücken
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