Reiterhof Birkenhain 05 - Strumnacht am Meer
vom Telefon zurückkam, herrschte eine richtig erwartungsvolle Stimmung im Frühstücksraum. Sie seufzte. Als ob Hochwasser eine spaßige Angelegenheit war...
Die Mädchen riefen alle durcheinander. Wetten wurden abgeschlossen, ob und wann Windstärke zwölf erreicht würde.
»Bei Orkan kann man sich auf den Wind legen, ohne umzufallen«, behauptete Anna. »Hoffentlich gibt es eine richtig brutale Windstärke zwölf, damit ich es euch beweisen kann.«
»Ruhe! Seid doch still.«
Conny versuchte das Geschrei zu übertönen. Auf Zehenspitzen reckte sie sich zum Radio hoch, denn es folgte ein Bericht über den Greenpeace-Einsatz von gestern. Sie bekam nur Bruchstücke mit.
»So was Dummes. Jetzt habe ich die Sache mit dem Wal nicht verstanden«, meuterte Conny.
Frau Harms fischte die Dithmarscher Landeszeitung aus dem Korb neben sich. »Steht alles hier drin«, beruhigte sie ihr aufgebrachtes Ferienmädchen. Sie schlug die Seite »Büsum und Umgebung« auf und las den Schluss des Artikels vor.
»... die Boote bildeten einen schützenden Halbkreis um den Pottwal-Bullen und bewahrten ihn so davor, an den Strand zu schwimmen. Mit einbrechender Dunkelheit ging der Kontakt zu dem Tier zehn Seemeilen vor der Küste verloren ...«
»Wie schade«, unterbrach Conny enttäuscht. Jasmin hatte sich dazugesellt und lauschte ebenfalls.
Frau Harms sah die beiden über den Zeitungsrand an. »Nun hört doch erst mal bis zum Schluss zu. Also: Greenpeace ist zuversichtlich, dass der Wal den Weg in den offenen Atlantik gefunden hat.«
Sie faltete die Zeitung zusammen. »Zufrieden?«
»Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich Mitglied bei Greenpeace und rette Wale«, kündigte Jasmin an. Conny musste laut lachen. »Deine Mutter wird begeistert sein.«
Mit dem Rest Zitronen- und Kamillentee in ihren Bechern stießen die beiden auf das Wohl des Wales an.
Die Reitstunden sollten zusammengelegt werden, dafür wurde das Mittagessen verschoben.
»Wir reiten in der Halle, so lange es möglich ist«, entschied Frau Harms. »Der Sturm kann unvermittelt aufkommen. Dann ist es im Gelände zu gefährlich.«
An diesem Morgen benahmen die Ponys sich noch störrischer als sonst. Sogar Franziska und Astrid mussten kämpfen, um Felix, Zorro und Rambo von der Weide zu holen. Die Pflegemädchen hatten überhaupt keine Chance.
»Sie wittern das Unwetter«, meinte Astrid, als sie mit dem widerstrebenden Felix von der Weide kam.
»Dann müssten sie doch gerade froh sein, in ihre Box zu kommen«, wandte Jasmin ein. Sie wartete am Gatter auf ihr Pony, das am Strick neben Astrid herumsprang. »Ich krieche bei Gewitter auch immer ins Bett.«
Antje Harms nutzte die Gelegenheit, um ihren Reitermädchen etwas über das Verhalten von Pferden zu erzählen. Dass sie sich als Herdentiere zwischen anderen Pferden am sichersten fühlten.
»Darum lassen wir sie auch in Sturmnächten draußen auf der Wiese«, erzählte sie. »Unsere See-Pferde sind an Wind gewöhnt. Nur die Stuten mit Fohlen holen wir bei Unwetter herein. Falls etwas durch die Gegend wirbelt. Für die Kleinen ist das zu riskant.«
Bis jetzt flog aber nichts herum. Im Gegenteil. Der Wind schien eingeschlafen zu sein. Es war so friedlich wie im Hochsommer in der Toscana.
Küstenbewohner lassen sich durch so eine überraschende Flaute nichts vormachen. Die Ruhe bedeutete nämlich: Der Sturm lag auf der Lauer wie ein Panther.
Und richtig. Die letzte Reitstunde um 14 Uhr war noch nicht ganz zu Ende, da kroch der Panther aus seinem Versteck.
Plötzlich war der Wind wieder da. Leicht strich er um die Reithalle. Beinahe harmlos. Doch Antje Harms und ihre sturmerfahrenen Töchter ließen sich nciht täuschen.
Die Drillinge machten sich mit Franzi und Astrid auf, um Stuten und Fohlen von der Weide zu holen. Jule, Conny und Luisa halfen. Ausgelassen sprang der Nachwuchs herum. Unwetter kannten die jungen Pferde noch nicht.
Auf dem Rückweg von der Wiese mussten sich die Mädchen bereits kräftig gegen den Sturm stemmen. Innerhalb von zwanzig Minuten hatte er mächtig zugenommen. Man hatte das Gefühl, ein Windstoß könnte Stupsys winziges Shetlandfohlen ohne große Mühe über den Deich fegen.
Kaum standen die Pferde in ihren Boxen, kam der Mähdrescher zurück.
Henning Harms erschien schimpfend auf der Stallgasse. »Einen Tag noch und wir hätten die Ernte unter Dach und Fach gehabt. Morgen ist der Weizen hinüber.« »Nun warte doch erst mal ab, Henning«, sagte Frau Harms.
»Da gibt es
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