Religionen der Menschheit – Das EBook Weltreligionen sciebooks.de (German Edition)
war und ist nicht mit Nichtwirken zu verwechseln…
6.4 Taoismus – Symbole, Feste und Gebote
In der populären Ikonographie (Bildtradition) wird Laotse wahlweise als alter Weiser alleine oder mit dem Büffel dargestellt, auf dessen Rücken er die Grenze überquert habe. In den Büffel-Andachtsbildern verbindet sich für Taoisten die freundliche Demut, Naturverbundenheit und auch Entrückung des Weisen. Der Büffel symbolisiert dabei zugleich auch die Lebenskraft und durchaus bedrohliche Dynamik des Tao als Naturprozess, der hier jedoch zu sanftem Einklang mit dem Menschen gefunden hat und ihn buchstäblich trägt .
Das vielleicht weltweit bekannteste, chinesische Symbol des Yin und Yang findet sich bereits in chinesischen Texten und Orakelknochen Jahrhunderte vor dem Aufkommen des Taoismus. Dennoch wurde es bald besonders mit dem Taoismus identifiziert und gilt heute vielerorts als „das“ Symbol des Taoismus.
Im Kern symbolisiert es die Aussage, dass sich die Vielfalt der Phänomene in Gegensatzpaare aufgliedern lassen, die je einander benötigen und auch je den Keim des Anderen in sich tragen: Weiblich und Männlich, Hell und Dunkel, Stark und Schwach.
Im Taoteking (wenn auch nicht durchgehend in den Traditionen) wird das Tao stärker mit dem Weiblichen in Ve rbindung gesetzt, aus dem dann u nweigerlich auch das Männliche hervorgehe – zur Trinität von Tao, Urschöpfer und Laotse . Es erschließt aber auch, warum nach taoistischem Glauben selbst ein Übermaß des Guten doch wieder nur Schlechtes hervorbringen werde und also Nicht-Handeln vorzuziehen sei.
„ Schafft ab die Heiligkeit, verwerft die Klugheit –
die Menschen werden hundertfach gewinnen.
Schafft ab die Güte, verwerft die Rechtschaffenheit –
die Menschen werden wieder einander lieben.
Schafft ab die Geschicklichkeit, verwerft die Gewinnsucht -
keine Diebe und Räuber wird es mehr geben.“ (Taoteking 19)
Gebote
Das Taoteking selbst bietet kein geschlossenes Gebotssystem, aber im religiösen Taoismus entwickelten sich bald Gebotssammlungen von fünf, acht, zehn, aber auch zwölf, zwanzig oder über hundert Empfehlungen. Sie legen das taoistische Ideal des Nicht-Handelns aus und verbieten Taoisten beispielsweise das Morden, Stehlen und Lügen und Zerstören von Natur , empfehlen die auch in den anderen Weltreligionen zu findende „Goldene Regel“ und die Wertschätzung der natürlichen Spontanität und Intuition.
Taoistische Gebote werden bis in Speise-, Kleidungs- und Bauvorschriften ausgelegt, deren Befolgung für eine segensreichere Übereinstimmung mit dem Fluss des Tao bürgen soll. Für Priester und Klostergemeinschaften, Männer und Frauen gelten in einigen Traditionen je eigene Gebotssammlungen. So leben die meisten taoistischen Priesterinnen und Priester ( tao-shi ) im Kontext von Ehe und Familie ( Zhengyi ), seit dem 12. Jahrhundert aber auch in Traditionen mit Zölibat ( Quanzhen ).
Kalender
Da sich das Tao gleichermaßen in der Innenwelt des Menschen wie in der Außenwelt einschließlich des Himmels verwirkliche, entwickelten Taoisten früh ein besonderes Interesse an Astronomie und entwickelten sie weiter. An den Erarbeitungen und Reformen der chinesisch-staatlichen Kalender waren sie vor allem während der Tang-Dynastie, aber auch darüber hinaus führend beteiligt.
Die heutigen, taoistischen Feste werden meist noch immer entlang des traditionell-chinesischen Mondkalender s berechnet. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um die allgemeinen, chinesischen Feste von Neujahr und Licht, der Ahnen- und Geisterverehrung und des Erntedank, die in einigen taoistischen Traditionen durch spezifische Feiertage ergänzt werden. So wird der Geburtstag des Laotse im Frühjahr mit je regional unterschiedlichen Zeremonien und Tempelritualen begangen, an denen besonders in Taiwan zunehmend auch Laien und Nicht-Taoisten teilnehmen.
6.5 Die Physik des Tao und andere Dialogversuche
Schon im 19. Jahrhundert setzte in Europa eine Taoismus-Begeisterung ein, die etwa durch erfolgreiche Schriften des katholischen Theologen Hermann Schell (1805 – 1906) ausgelöst wurde. Aber auch evangelische Kollegen wie Richard Wilhelm (1873 – 1930) , der Trappistenmönch Thomas Merton (1915 – 1968) oder der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber (1878 – 1965) begeisterten sich für das Taoteking. Auf philosophischer Seite würdigten unter anderem Carl Gustav Jung (1875 – 1961), Karl Jaspers (1883 – 1969) und Eugen
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