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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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einmal wieder kräftiger. »Singen wir Lied Nummer 136, anlässlich des gewaltsamen Dahinscheidens von Erja Yli-Honkila …«
    Aus dem Gemeindevolk erscholl ein einzelner, schriller Schrei: »Herr Jesus, steh uns bei!«
    Dem Schrei folgte entsetztes Schluchzen und immer heftiger werdendes Gerede, das erst versiegte, als der Prediger das Lied anstimmte. Der Gesang begann zaghaft, wurde aber allmählich stärker, bis er schließlich heftig und schneller als üblich erklang:
    »Dein Friedenswort ist meine Rast, o mein Jesus. Dort finde ich Glückseligkeit im Sehnen nach deiner Gnade …«
4
    Karri Vuorio blickte auf die Suunto -Multifunktionsuhr an seinem Handgelenk und bemerkte, dass seine Hände zitterten. Es ging auf neun Uhr abends zu, und sein Blutzuckerspiegel fiel rapide ab. Seit dem belegten Brot zum Kaffee aus der Thermoskanne am Nachmittag hatte er nichts mehr gegessen.
    Erja Yli-Honkila war eine Freundin von Saara aus Kindertagen gewesen. Saara hatte sich mit ihr und zwei anderen alten Freundinnen am Freitagabend vor ihrer Abreise nach Amman getroffen.
    Nach dem Fund der Leiche hatte Karri vorgeschlagen, der Polizei die Wahrheit über die Wilderei zu sagen, aber Tomi und Launo hatten das hitzig zurückgewiesen. Vor allem Tomi war außer sich gewesen. Der Schock durch den Fund der Leiche hatte sich bei ihm in beängstigendem Zorn entladen.
    Tomi hatte das Messer in das aufgehängte Elchkalb gerammt wie in einen vor ihm stehenden Menschen. »Genau so …« , hatte er gezischt, das Messer herausgezogen und mit einer abrupten Bewegung erneut hineingestoßen, »… ergeht es demjenigen …« , dritter Messerhieb, »… der seine Schnauze …« , vierter Hieb, »… nicht halten kann.«
    Auf einmal war Launo in schallendes Gelächter ausgebrochen. Nach dem ersten Schrecken hatte er das Ganze merkwürdig kühl hingenommen. Karri war von Tomis Aggressivität bestürzt gewesen. Dieser hatte selbst bald begriffen, wie seltsam sein Verhalten wirken musste, und versucht, es mit einer Art von Humor zu überspielen, die aber eher das Gegenteil bewirkte. Tomi und Launo hatten Erja noch weniger gekannt als Karri.
    Nachdem Tomi sich etwas beruhigt hatte, übernahm er gleich wieder das Kommando. Gemeinsam hatten sie die Überreste des Kalbs und die Tüten mit dem Fleisch zum Auto getragen und anschließend an der Schlachtbank in der alten Scheune ihre Spuren beseitigt. Aber natürlich würde die Polizei trotzdem merken, dass dort ein totes Tier zerlegt worden war. Tomi war nach Koskenperä gefahren, dort hatten sie die Reste des Tieres vergraben und das Fleisch versteckt, um es später zu holen. Anschließend waren sie zur Scheune zurückgekehrt.
    Im Auto hatten sich Tomi und Launo eine Geschichte über Hasenjagd und eine Kaffeepause vor der Scheune ausgedacht. Karri war damit einverstanden: Wie unschuldig wirkte das bisschen illegale Jagd, verglichen mit dem schweren Verbrechen, das seine Schatten darüberwarf. Außerdem hatte er selbst auch keine Lust, wegen Wilderei angezeigt zu werden. Was ihn betraf, war es das letzte Mal gewesen. Er würde sich andere Beschäftigungen suchen, um sein Leben spannender zu gestalten. Dennoch quälte ihn die Frage, ob ein Diplom-Ingenieur, der seine Firma verkauft hatte, tatsächlich mit aller Gewalt nach einem neuen Lebensinhalt suchen musste.
    Tomi hatte die Polizei angerufen und war sogleich aufgefordert worden, nichts anzufassen. Ein Polizist hatte die Waffen an sich genommen und die drei Männer aufs Revier gebracht. Dort waren sie »routinemäßig« auf Schmauchspuren untersucht worden. Dann hatten sie ihre Geschichte von der Hasenjagd und der Kaffeepause erzählt.
    Die Polizei hatte Verständnis für ihre Erschütterung gezeigt, und Karri begriff, dass bestimmte Routinemaßnahmen bei ihnen durchgeführt werden mussten, auch wenn sie nicht des Mordes verdächtigt wurden. Dennoch hatte er sich auf dem Polizeirevier unwohl gefühlt.
    Jetzt stand Karri unweit von Pudasjärvi auf einem dunklen Waldweg und sog die kühle, feuchte Luft ein. Der Schnee lag mittlerweile fünf Zentimeter hoch. Tomi übergab einer großen, blonden Frau einen schwarzen Sack mit Elchfleisch.
    Tuija Karam riss den Sack förmlich an sich und warf ihn in den Kofferraum ihres Kombis. Karri wäre gern nach Hause gefahren, aber Tomi und Launo hatten das Fleisch unverzüglich loswerden wollen. Karri wäre sogar bereit gewesen, es einfach im Wald liegen zu lassen.
    »Und wenn die Polizei die Scheune genau untersucht?«,

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