Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
HCG-557«, sagte der Mann, der sich mit dem Namen Paatsama gemeldet hatte. »Er wird möglicherweise innerhalb der nächsten Viertelstunde den Grenzübergang Nuijamaa erreichen. Er muss aufgehalten werden, aber so, dass der Fahrer keinen Verdacht schöpft. Erfinden Sie ein Computerproblem oder irgendetwas. Durchsuchen Sie das Fahrzeug nicht, sondern lassen Sie es einfach warten!«
»Worum geht es?«
»Es handelt sich um etwas, das für die nationale Sicherheit von größter Bedeutung ist. Setzen Sie sich in dieser Angelegenheit direkt mit mir, und nur mit mir, in Verbindung.«
»Zuerst muss ich Sie über die SiPo anrufen und prüfen, ob Sie überhaupt derjenige sind, als der Sie sich ausgeben ...«
»Ich bin in wenigen Minuten bei Ihnen und zeige Ihnen meinen Ausweis. Bei mir ist Oberst Railo von der nachrichtendienstlichen Abteilung des Oberkommandos. Wir folgen dem Mercedes und erwarten Beamte des schwedischen Militärgeheimdienstes, die aus Lappeenranta kommen. Ist das klar?«
»Ja. Wir werden das Fahrzeug aufhalten.«
Vuento war Railo mehrmals im Zusammenhang mit Beschlagnahmungen begegnet, die über die Jahre hinweg an der Grenze vorgenommen worden waren. Alles Mögliche hatten die Russen zu schmuggeln versucht, wovon sie glaubten, sie könnten im Westen ein Geschäft damit machen: technische Zeichnungen, Materialien und Komponenten aus der Rüstungs-und Raumfahrtindustrie, sogar ganze Prototypen und selbst Teile von Satelliten und Luftabwehrsystemen. Railo und seine Männer hatten bei der Identifikation der Sachen geholfen und sie dann irgendwohin transportiert wohin, das wusste Vuento nicht.
Die Schlange der wartenden Lkws schien gar kein Ende nehmen zu wollen, aber der Grenzübergang war nun nicht mehr weit.
»Hoffentlich kommt Airas nicht vor der Grenze auf dumme Gedanken«, sagte Paatsama und hielt den Blick fest auf die Rücklichter des Vito hundert Meter vor ihnen gerichtet. Das Überholmanöver, das Airas gerade vollführt hatte, verhieß nichts Gutes. Jetzt war der Golf vor dem Vito. Der Regen wurde stärker, und Paatsama drosselte leicht das Tempo.
»Der Mann ist verzweifelt und unberechenbar«, sagte Railo. »Ich kann ihn verstehen, wenn sein Sohn in dem Van dort ist. Er soll sich nur noch ein paar Kilometer unter Kontrolle halten.«
»Und wenn ihm das nicht gelingt? Wenn er versucht, den Van vor der Grenze zu stoppen? Wir müssen uns darauf gefasst machen, jeden Moment einzugreifen.« Paatsama trat wieder etwas stärker aufs Gas. »Wo, zum Teufel, bleiben die Schweden? Können die nicht mal Auto fahren?«
64
Tero beschleunigte und ließ den Vito hinter sich zurückfallen. Sturzregen prasselte auf die Motorhaube und das Dach des Golf. Ein vorbeihuschendes Schild kündigte auf Finnisch und Russisch an, dass es noch neunzehn Kilometer bis zum Grenzübergang Nuijamaa waren. Die LkwSchlange auf der Wartespur wirkte durch die Geschwindigkeit wie eine Mauer, die exakt der Straße folgte.
Tero versuchte seine Gedanken zu ordnen. Wahrscheinlich würde man ihn an der Grenze festnehmen. Aber würden die finnischen Beamten die wirklichen Mörder tatsächlich entkommen lassen? Paatsama anzurufen war sinnlos, es war überhaupt sinnlos, irgendwen anzurufen, man konnte niemandem vertrauen. Niemandem außer sich selbst.
Tero bremste heftig, bis sein Wagen zum Stehen kam. Die wartenden Lastwagenfahrer starrten erstaunt auf das seltsame Manöver des VW Golf. Tero legte den Rückwärtsgang ein und lenkte das Auto blitzschnell auf eine Ausweichstelle neben den Lastwagen. Sein Herz pochte fast schmerzhaft in der Brust.
Im Seitenspiegel sah er Hellevig näher kommen und wasserpflügend vorbeirauschen. Sofort trat Tero wieder aufs Gas, der Motor heulte auf, und der Golf schoss davon.
Tero sah jetzt nur noch die weiße Hecktür des Vito, sonst nahm er nichts mehr wahr. Er schaltete in den dritten Gang und fuhr von hinten auf den Van auf. Durch die Berührung der Stoßstangen gerieten beide Wagen ins Schlingern. Der Vito musste gegenlenken, um nicht gegen die LkwSchlange am rechten Straßenrand zu prallen.
Der Stoß und das Schlingern waren im Kofferraum des Vito heftig zu spüren. Roni unterdrückte gerade noch einen Aufschrei und schaffte es, den Schraubenschlüssel in der Hand zu behalten, obwohl er mit dem Ellbogen schmerzhaft gegen den Radkasten schlug. Kimmo fiel der Wagenheber aus der Hand, aber das wurde vorne nicht bemerkt, denn dort wurde lautstark auf Schwedisch geflucht.
»Was war das?«,
Weitere Kostenlose Bücher