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Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog

Titel: Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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neu wäre. Betonung auf neu. Nichts hat sich geändert. Es wird sich höchstens dann etwas ändern, wenn nach dem Jahr 2070 bestimmte schwedische Dokumente freigegeben werden.«
    »Wir werden ja sehen, was sich ändert und was nicht, wenn ich mit einigen Journalisten gesprochen habe.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an. Kein einziger ernst zu nehmender Journalist in diesem Land wird sich mit den Geheimtheorien rund um die Estonia die Finger schmutzig machen.«
    Paatsama strahlte unerschütterliche Selbstsicherheit aus, während er das sagte.
    Der ältere Mann schaute Tero etwas menschlicher an und sagte: »Sie sollten begreifen, dass es wichtigere Belange gibt als die des Einzelnen.« Die Miene und die Stimme des Mannes verrieten eine Art väterliche Fürsorge, beinahe Mitgefühl. »Wir leben in einer Welt, in der die Interessen der Staaten Vorrang vor den Bedürfnissen der Individuen haben. Und bei alldem hier ist es von Anfang an um die Interessen von Staaten gegangen. Es gibt Dinge, die einfach von der Öffentlichkeit ferngehalten werden müssen. Sonst wird bedeutender Schaden angerichtet. Irgendwann wird die Wahrheit über die Estonia geklärt und öffentlich verhandelt werden. Aber noch ist nicht die Zeit dafür. Die Geschichte soll urteilen.« Tero zuckte zusammen, als er merkte, dass ihm etwas an den Worten bekannt vorkam: Genau so hatte er selbst im Zusammenhang mit Ronis Verbrechen gedacht - zuerst schweigen und später irgendwann ein Urteil annehmen. Erst jetzt begriff er, wie unerträglich und naiv sein Denken gewesen war. Es hatte keinen Deut moralisches Rückgrat beinhaltet, es war reiner Selbstbetrug gewesen. So tief war er wegen Ronis Karriere gesunken? Er spürte grenzenlose Dankbarkeit dafür, dass Roni selbst zur Vernunft gekommen war und seine Tat sühnen wollte, ohne dass sein Vater sich einmischen musste. Der Mann sah Tero ernst in die Augen. »Ob Sie das glauben oder nicht, aber meine Kollegen und ich, wir sind patriotische Leute. Das Interesse Finnlands steht für uns über allem. Deshalb, und nur deshalb, gehen wir so vor, auch wenn es Ihnen vielleicht schwerfällt, das zu verstehen.«
    Tero schloss die Augen und holte tief Luft. »Ich möchte ins Krankenhaus zu meinem Sohn. Und zu meinem Freund Kimmo.«
    »Sie dürfen bald hin. Wir warten nur ab, bis die schwedischen Kollegen ihre Aufgaben erledigt haben.«
    Ulf Bengtsson saß mit seinen Leuten im Auto und tippte die Seriennummern der Komponenten, die sie den Plastikkoffern entnommen hatten, in ein handtellergroßes Gerät, das die Angaben kodiert nach Stockholm schickte. Die Antworten mit Einmaldekodierung wurden von dem Gerät entschlüsselt.
    Bengtsson sah aus dem Fenster auf Railo, der aus Paatsamas Wagen stieg und auf das Auto der Schweden zukam.
    Daraufhin machte Bengtsson den Koffer zu, legte ihn in einen größeren Aluminiumkoffer und verschloss ihn. Railo durfte die geheimsten Komponenten des Gripen nicht zu Gesicht bekommen. Die Finnen waren gute Knechte - gewissenhaft, zuverlässig und demütig -, aber die gleichwertigen Herren, die in die wahren Geheimnisse eingeweiht werden konnten, saßen aus Stockholmer Sicht in London und Washington.
    Schließlich nahm Bengtsson die VHSKassette aus der Plastiktüte und verstaute sie rasch in seinem Aktenkoffer. Am allerwenigsten durften die Finnen davon erfahren. Man hatte ihnen bislang über die Estonia nur berichtet, was unabdingbar war.
    Bengtsson stieg aus dem Wagen, und einer seiner Kollegen setzte sich auf seinen Platz, um die Ladung zu bewachen. Die Lichterkette der Lastwagenschlange leuchtete im feuchten Herbstabend.
    Bengtsson ging mit Railo ein Stück vom Wagen weg und sagte: »Ich bin sehr erschüttert, dass all das so viele Todesopfer gefordert hat.« Man hatte inzwischen nämlich auch die Leichen von Nykvist und Anatoli Rybkin, dem langjährigen Russland-Kontaktmann des MUST, gefunden.
    »Du hast getan, was du konntest«, sagte Railo. »Niemand hätte mehr machen können. Ich bin bereit, das auch in Stockholm zu berichten, falls nötig.« »Danke, Jorma. Ich habe deine Hilfe und dein Vertrauen immer zu schätzen gewusst. Ich weiß, dass ich, wenn es eng wird, aus Finnland verlässlicher Hilfe bekomme als von woanders.«
    Railo streckte fast gerührt die Hand aus. »Ein düsterer Tag, in vielerlei Hinsicht. Aber unser gegenseitiges Vertrauen wird dadurch nur gefestigt werden.«
    Bengtsson ergriff Railos Hand und sah ihm in die Augen. »Ich fliege jetzt mit der Ladung nach Stockholm

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