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Renate Hoffmann

Renate Hoffmann

Titel: Renate Hoffmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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verstauten sie in Bernds Kastenwagen. Silvia hatte ihn bei einer Lesung kennen gelernt, und auch, wenn sie es vehement bestritt, dass sie Gefühle für ihn hatte, war es doch für jeden Außenstehenden offensichtlich, dass Bernd es auf seine Art geschafft hatte, den Schutzwall, der sie vor weiteren leidvollen Erfahrungen hätte bewahren sollen, zu durchbrechen.
    Nachdem Renate die Papplaschen des letzten Kartons zugeklappt und ineinander gesteckt hatte, schweifte ihr Blick durch ihre inzwischen leere Wohnung. In diesem Augenblick erinnerte sie sich für einen winzigen Moment daran zurück, wie sie vor sieben Jahren hier eingezogen war. Die trostlose Leere dieser Wohnung hatte zu jenem Zeitpunkt genau der Leere entsprochen, die ihr Inneres ausgefüllt hatte.
    Vielleicht hatte sie sich auch deswegen für sie entschieden. Vielleicht hatte sie diese nackte Trostlosigkeit gebraucht, um weitermachen zu können. Zum ersten Mal war Renate der harten Frau Hoffmann dankbar. Sie wusste, dass es ihr nicht leicht gefallen war, weiterzumachen, und doch hatte sie ihrer beider Überleben gesichert. Ohne sie hätte Renate es nicht geschafft.
    Renate stand auf dem Balkon. Der Himmel färbte sich langsam dunkelrosa. An diesem Abend schien es keine Grenzen zu geben, es gab nur Möglichkeiten. Die lang gezogenen Schatten der Baumkronen, die die Straße säumten, glitten gemächlich über den kargen Betonboden der Plattenbauanlage. Und während sie die sich sanft wiegenden Schattenspiele beobachtete, schloss Robert sie von hinten in die Arme und küsste sie sanft auf die Wange.
    „Wir sind fertig“, flüsterte er. „Wollen wir dann nach Hause fahren?“
    Der süßliche Duft von Schweiß lag in der Luft. Renate drehte sich zu ihm um, stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihre zierlichen Arme um seinen Hals. „Ich würde gerne noch kurz bleiben, wenn es dir nichts ausmacht...“
    „Nein, überhaupt nicht...“, sagte Robert und streichelte ihr übers Haar. „Dann fahre ich jetzt Heim und dusche...“ Der laue Wind legte sich auf ihre erhitzte Haut. „Soll ich dich später abholen?“
    „Das brauchst du nicht...“, sagte Renate und küsste ihn. „Ich nehme die U-Bahn...“
    Wenig später beobachtete Renate, wie sich Robert, Silvia und Bernd als kleine Punkte über den kargen Betonplatz bewegten, Silvia und Bernd gingen zum gegenüberliegenden Block, Robert verschwand in Richtung Straße, dann war alles leer.
     
Kapitel 116  
    Renate war allein. Sie stand auf ihrem Balkon und beobachtete wie die Nacht sich langsam über den Tag legte. Der Himmel war in tiefes Blau gehüllt, die Luft kühlte ein wenig ab. Hier hatte alles angefangen, und hier würde es enden.
    Renate griff in ihre Handtasche und kramte nach ihrem angebrochenen Zigarettenpäckchen. Sie zog eine heraus und zündete sie an. Und in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie es nicht nur geschafft hatte mit dem Rauchen anzufangen und zu masturbieren, sondern, dass sie ohne es zu merken auch noch Freunde gefunden hatte. Und sie hatte nicht nur mit einem weiteren Mann geschlafen, sie hatte sogar die Liebe wieder entdeckt. Vielleicht hatte sie die weite Reise nicht gemacht und noch nie im Meer gebadet, doch es schien plötzlich nicht mehr undenkbar, dass sie auch das noch erleben würde.
    Und während sie genussvoll an ihrer Zigarette zog und den filigranen Rauchschwaden nachsah, breitete sich eine riesige blauschwarze Decke über ihr aus, die von unzähligen silbern funkelnden Sternen übersät war. Vielleicht war das nicht der schönste Sternenhimmel, den es geben konnte, doch es war der mit Abstand schönste, den Renate jemals gesehen hatte. Er war wie eine Art Abschiedsgeschenk, es war, wie ein kleines Wunder.
    Während Renate in die funkelnde Nacht schaute, dachte sie an Henning. Henning war der Träumer gewesen, der, der das Leben geliebt und ausgekostet hatte, ohne sich vor den Folgen zu fürchten. Diese wunderbare Eigenschaft hatte ihn ihr zwar letzten Endes entrissen, doch ohne sie hätte Henning nicht leben können. Vielleicht war er vor seiner Zeit gegangen, doch die Zeit, die er erlebt hatte, hatte er in vollen Zügen genossen. Er war der Typ Mensch gewesen, der mit jedem Atemzug das Leben in sich aufgesaugt hatte, er war der Typ Mensch gewesen, der seinen eigenen Weg gegangen war, und Renate war ein wichtiger Teil dieses Weges gewesen.
    Renate warf die Zigarettenkippe in den pechschwarzen Hof. Die organgefarbene Glut segelte tänzelnd in die Tiefe. Und

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