Rendezvous im Hyde Park
gefallene Frau", fuhr Newbury fort. Er schien einen Heidenspaß an der Sache zu haben. Langsam ließ er den Arm an ihr hinuntergleiten, damit er ihre Brust umfassen und drücken konnte. „Ausgesehen hast du ja schon immer wie eine."
Annabel stöhnte verängstigt auf.
„Das gefällt dir, was?", lachte er und drückte noch fester.
„Nein", versuchte sie zu sagen, doch er hielt ihr den Mund immer noch unerbittlich zu.
„Manche würden wohl sagen, dass du mich jetzt heiraten musst", fuhr Newbury fort und tätschelte auf ihren Brüsten herum, „aber ich frage mich, ob wohl irgendwer der Meinung wäre, dass ich dich heiraten müsste? Ich könnte einfach behaupten, dass du keine Jungfrau mehr bist, dass du Onkel und Neffen gegeneinander ausgespielt hast. Was für ein raffiniertes Weib du doch sein musst."
Annabel ertrug es keinen Moment länger, und so warf sie den Kopf von einer Seite zur anderen, um ihn abzuschütteln. Endlich gab er sie mit einem leisen Lachen frei.
„Denk dran", sagte er und schob die schlaffen Lippen an ihr Ohr, „mach nicht zu viel Lärm."
„Sie wissen, dass es nicht stimmt", flüsterte Annabel heiser.
„Was denn? Dass du keine Jungfrau mehr bist? Willst du etwa sagen, du bist keine Jungfrau mehr?" Er schlug die Decke zurück, drehte sie auf den Rücken und kauerte sich über sie. Mit den Händen packte er sie bei den Schultern und drückte sie nach unten. „Ja so was, das ändert ja alles."
„Nein", rief sie leise, „dass ich wie eine ..." Ach, was hatte es denn für einen Sinn? Vernünftig mit ihm zu reden war nicht möglich. Er war auf Rache aus. An ihr, an Sebastian, vermutlich an der ganzen Welt. Er war an diesem Abend zum Gespött der versammelten Gästeschar geworden; über zwanzig Mitglieder des Hochadels hatten seine Demütigung miterlebt.
Er war nicht der Mann, der so etwas einfach von sich abprallen ließ.
„Du bist ein dummes, dummes Mädchen", sagte er kopfschüttelnd. „Du hättest Countess werden können. Was hast du dir nur dabei gedacht?"
Annabel hielt still, sparte ihre Energie auf. Während er mit vollem Gewicht auf ihr saß, konnte sie ihm ohnehin nicht entkommen. Sie musste abwarten, bis er sich bewegte, vielleicht konnte sie ihn auf dem falschen Fuß erwischen. Aber auch dann würde sie alle Kraft brauchen.
„Ich war so sicher, dass ich genau die richtige Frau gefunden hatte."
Annabel starrte ihn ungläubig an. Er klang beinahe bedauernd.
„Alles, was ich wollte, war ein Erbe. Nur einen lumpigen kleinen Sohn, damit mein Schwachkopf von Neffe nicht erben kann."
Sie wollte protestieren, wollte ihm sagen, was sie an Sebastian alles brillant fand. Er hatte eine erstaunliche Fantasie, er war wunderbar klug im Gespräch. Niemand konnte ihn überflügeln. Niemand. Und er war witzig. Lieber Himmel, er konnte sie zum Lachen bringen wie sonst niemand auf der Welt.Und er war so einfühlsam. Aufmerksam auch.
Er sah alles, bemerkte jeden. Er verstand die Leute, nicht nur ihre Hoffnungen und Träume, sondern auch, wie sie hofften und träumten.
Wenn das nicht brillant war, wusste sie auch nicht mehr weiter.
„Warum hassen Sie ihn so sehr?", flüsterte sie.
„Weil er ein Esel ist", erklärte Lord Newbury abschätzig.
Das ist keine Antwort, hätte Annabel gern gesagt.
„Aber es spielt ohnehin keine Rolle", fuhr er fort. „Er schmeichelt sich, wenn er glaubt, dass ich nur nach einer Frau gesucht habe, um seine Ziele zu durchkreuzen. Ist es denn so falsch, wenn ein Mann sich wünscht, sein Titel und sein Heim mögen an seinen eigenen Sohn übergehen?"
„Nein", sagte Annabel leise. Wenn sie sich ihm gegenüber wie eine Freundin verhielt, würde er ihr vielleicht nicht weh-tun. Und weil das, was er sich wünschte, tatsächlich nicht falsch war. Falsch war nur die Art, wie er es durchzusetzen versuchte. „Wie ist er gestorben?"
Lord Newbury wurde ganz still.
„Ihr Sohn", stellte sie klar.
„Ein Fieber", sagte er knapp. „Er hatte eine Wunde am Bein."
Annabel nickte. Sie kannte einige Leute, die sich so ein Fieber geholt hatten. Bei einem tiefen Schnitt musste man immer aufpassen. Eiterte die Wunde? Wurde sie rot? Heiß?
Eine Wunde, die nicht ordentlich heilte, zog üblicherweise ein Fieber nach sich, und das Fieber endete viel zu oft mit dem Tod. Annabel fragte sich oft, warum manche Wunden schnell und sauber abheilten, während andere es nicht taten.
Es schien dabei keinerlei Regel zu geben, es blieb allein der ungerechten, kapriziösen Hand des
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