Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
konnte.
    Plötzlich hielt sie inne und sah ihn an. »Wie lange hungerst du jetzt schon?«
    Er zuckte vorsichtig mit den Achseln. »Ein paar Tage. Ich habe jedes Zeitgefühl verloren.« Er sah sie sanft und liebevoll an. »Ich habe nicht erwartet, daß du mich befreist, Lynna. Du hättest nicht kommen sollen.«
    »Ich habe dich schon einmal verloren, weil ich dachte, daß es keine Zukunft für uns gäbe. Ich konnte nicht zulassen, daß das noch einmal geschieht. Der Richter hat mir erzählt, du hättest mich verlassen.«
    Er schwieg und beschäftigte sich auf einmal sehr intensiv mit einer Brombeere.
    »Ich weiß, er war es, der... Ich weiß, was er getan hat.«
    »Das habe ich mir schon gedacht«, murmelte Devon und steckte die Beere in den Mund. »Komm jetzt, wir müssen weg von diesem Fluß. Sehen wir zu, daß wir etwas Schlaf kriegen. Morgen gehen wir dann zu Fuß weiter.«
    »Aber deine Füße — sie sehen einfach schrecklich aus!«
    Er langte hinüber und griff nach ihrem nassen Rock. »Wenn ich mich recht erinnere, trägst du genug von diesem Zeug mit dir herum, um etwa hundert Paar Mokassins zu machen. Vielleicht reicht es auch noch für ein paar Hemden.«
    »Ja. Natürlich.« Sie stand auf, hob ihren Rock hoch und löste das Band eines Unterrocks.
    Devon beobachtete sie genießerisch, sagte jedoch nichts.
    Sie riß den Unterrock in Streifen und band diese um seine Füße. Sie versuchte, keinen Ton des Bedauerns über die schauderhaften Wundmale zu verlieren. Als er wieder aufstand, sah sie weg, um nicht in Devons starre Augen schauen zu müssen. Es gab Zeiten, da war Devon sehr in sich selbst zurückgezogen. Wahrscheinlich kam hier das Erbe der Shawnee zum Tragen... Sie gingen nicht weit. Er brachte ihr bei, wie man in die Spuren des anderen trat.
    Schließlich hielten sie an und legten sich in einer geschützten Felsnische zum Schlafen nieder. Linnet löste noch fürsorglich die Bandagen von seinen Füßen, bevor sie in seinen Armen friedlich einschlief.
    Etwas kitzelte sie an der Nase. Schläfrig hob sie den Finger, um sich zu kratzen, und schlug dann die Augen auf. Devon beugte sich über sie und küßte zärtlich ihren verschlafenen Mund. Ihre Arme glitten wie selbstverständlich um seinen Nacken.
    »Nein, mein Täubchen. Nicht hier. Wir müssen weiter.«
    Er spähte um sich. »Hier sind wir nicht sicher. Wir werden verfolgt. Er ist ganz in unserer Nähe.«
    »Er?« Linnets Augen wurden groß.
    »Ich weiß nicht, wer es ist. Komm, laß uns schnell losgehen. Aber leise!« Devons Füße waren jetzt verschorft, und sie wußte, daß die Bandagen die Wunden wieder aufreißen würden.
    Sie gingen langsam, gebückt und vorsichtig. Devon schien das viel besser zu verkraften als Linnet. Sie war halb ohnmächtig und folgte ihm einfach, ohne zu fragen oder gar zu wissen, wo sie sich befanden. Manchmal hob Devon die Nase und schnüffelte suchend durch die Luft.
    »Devon —«, begann sie, doch sein strenger Blick brachte sie zum Schweigen.
    Er ging leise, war sich aber bewußt, daß Linnets Schritte so laut waren wie Gewehrfeuer. Sie hielten noch einmal an, um ein paar Brombeeren zu essen. Doch selbst da blieb Devon wachsam und sah sich immer wieder um. Währenddessen versuchte Linnet so viel von den Früchten in sich hineinzustopfen, wie sie konnte. Ihre Hände zitterten.
    »Komm«, sagte er so leise, daß sie ihn kaum hören konn-te. Sie warf noch einen letzten Blick auf die süßen, saftigen Beeren, ehe sie hinter ihm herschlich.
    Bei Einbruch der Dämmerung war sie so erschöpft, daß sie nur noch mit starrem Blick Devons vernarbten Rücken betrachtete. Plötzlich schien sich die Erde um sie zu drehen. Sie fühlte sich schwer und doch seltsam leicht. Ihre Knie gaben nach, und sie fiel hin.
    »Linnet!« Devon hielt zärtlich ihren Kopf in seinen Armen. »Linnet!« rief er wieder, und sie öffnete überrascht die Augen.
    Sie versuchte sich aufzusetzen, doch er hielt sie fest im Arm. »Bin ich hingefallen?«
    »Ja«, erwiderte er und runzelte besorgt die Stirn. »Tut mir leid, daß ich dich so überfordert habe. Siehst du die Felsen da drüben?«
    Sie hob den Kopf und nickte.
    »Schaffst du es bis dorthin?«
    »Natürlich.« Sie versuchte erneut sich aufzusetzen. Aber er hielt sie fest und funkelte sie zornig an.
    »Linnet! Ich habe es satt, ewig dein >Natürlich< zu hören«, äffte er ihren englischen Akzent nach. »Ich gebe ja zu, ich hatte vergessen, daß du eine Städterin und nicht an dieses Leben gewöhnt

Weitere Kostenlose Bücher