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Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Band und ein Stück der Leinenunterhose ab. Das Messer lag quer über ihrem Bauch. Das rauhe Leder des Futterals hatte die zarte Haut blutig gescheuert.
    Devon warf einen flüchtigen Blick auf die elfenbeinfarbene Haut, die in der Dunkelheit sanft schimmerte. Dann machte er sich daran, das Messer aus dem Futteral zu ziehen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern...
    Linnet merkte, wie müde sie war. Sie rollte sich auf den Bauch, damit er den Lederriemen durchschneiden konnte, der ihre Füße mit den Händen verband. Wie gut es tat, wenn man sich wieder ausstrecken konnte!
    Devon ließ das Messer fallen und legte das Gesicht erschöpft auf den kalten Lehmboden. Er war vollkommen kraftlos. Nach einem Augenblick: »Lynna, könntest du auch meine durchschneiden?«
    Sie runzelte die Stirn. Er war am Ende seiner Kräfte und diese überflüssige Höflichkeit bedeutete nur eine zusätzliche Anstrengung für ihn.
    »Mach schnell, Lynna. Schnell!«
    »Ja, Devon.« Mit gefesselten Händen tastete sie nach dem Messer, griff danach und kroch zu ihm. Er rührte sich nicht, als sie das Messer zwischen die Lederriemen schob, die seine Hände mit den Füßen verbanden. Es erschreckte sie, daß er, nachdem sie das Leder durchschnitten hatte, in dieser unnatürlichen Stellung liegenblieb. Gewaltsam zwang sie sich, ruhig zu bleiben.
    »Ich glaube, ich habe zu lange in dieser Position gelegen ... Könntest du auch meine Handfesseln lösen?«
    Es fiel ihr nicht leicht, die Angst und die Sorge um ihn zu überwinden. Doch ihre Hände zitterten nicht, als sie das Leder mit dem kleinen Messer durchsägte. Die Schnüre waren so eng gewickelt, daß sie kaum das Messer durchschieben konnte.
    »Du brauchst keine Angst zu haben. Du tust mir nicht weh«, raunte Devon leise. »Selbst wenn du meine Hand abhacken würdest — ich würde nichts spüren. Mach nur schnell!«
    Einmal spürte sie, daß die scharfe Klinge ihn verletzte. Doch er zuckte nicht mit der Wimper. Er hatte ihr also die Wahrheit gesagt. Seine Hände waren vollkommen taub.
    Nachdem sie ihn befreit hatte, streckte er mühsam die Arme aus und bewegte sie. »Gib mir das Messer, Linnet. Hör mir zu«, flüsterte er in ihr Ohr, während er ihre Handfesseln durchtrennte. »Ich bin jetzt schon eine ziemlich lange Zeit hier und mir... nun, mir geht es nicht besonders gut. Du mußt mir etwas versprechen. Wenn ich zusammenbrechen sollte, dann laß mich liegen und lauf weiter. Ich will nicht, daß Crazy Bear dich noch einmal in die Finger bekommt! Hast du mich verstanden?«
    »Jedes Wort«, erwiderte Linnet leise.
    »Dann versprichst du es mir also?«
    Linnet streckte die Arme aus und rieb sich die Knöchel. »Nein. Jetzt gib mir das Messer, damit ich dir deine Fußfesseln durchschneiden kann.«
    »Lynna, bitte.«
    »Devon, du verschwendest unsere Zeit!« Sie befaßte sich mit seinen Füßen. Sie fühlten sich feucht an. Sie erkannte erschrocken, daß er blutete. Sie hätte weinen können, aber sie kämpfte die Tränen nieder. Jetzt war nicht die Zeit für Gefühlsausbrüche. »Kannst du laufen?« fragte sie, als sie beide frei waren.
    »Nicht, wenn du mich tragen kannst.«
    Linnet hielt den Atem an, als sie aus der Rindenhütte hinausspähte. Es war dämmrig, und Crazy Bears Leute waren offenbar zu faul gewesen, Wachen aufzustellen. Der Häuptling war nicht im Lager, weil er nach Gelbe Hand suchte.
    »Die Luft ist rein«, flüsterte sie und bot ihm ihre Hand als Stütze. Dankbar ergriff er sie, und sie half ihm, sich in eine gebückte Stellung aufzurichten. Weiter konnte er sich nicht strecken. Sein Gesicht wirkte wie eine stählerne Maske, die all seine Gefühle vor der Außenwelt verbarg. Als sie ihn eingehender musterte, stellte sie fest, daß seine kaum verheilten Brandwunden wieder aufgebrochen waren. Doch sie verbiß sich jede Frage danach, ob Crazy Bear ihn gemartert hatte.
    Er sah sie an und bedeutete ihr, sich zu bücken. Etwa eine Stunde schlichen sie so durch den Wald, bis sie an die Ufer eines Flusses gelangten. Die Wasseroberfläche wurde von fertig zugeschnittenem Bauholz bedeckt. Linnet fragte sich, was die Siedler veranlaßt hatte, diesen kostbaren Schatz einfach aufzugeben. Da kam ihr eine Idee. Sie konnte Devon nicht tragen — aber das Wasser konnte und würde es tun!
    »Devon, könntest du dich im Wasser an einem Baumstamm festhalten?«
    Er nickte. Seine Augen glänzten fiebrig.
    Sie stützte ihn, so gut sie es vermochte, während er in den Fluß watete. Sie sah an der Art, wie

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