Rendezvous mit Übermorgen
aktualisierte Positionsbestimmung durchgesagt bekamen. »Ihr seid jetzt zirka zwei Ka-Emm südlich und vier Ka-Emm östlich vom Eismobil«, verkündete ihnen Richard Wakefield, als sie Mittagspause machten. Man hatte Wakefield für den Job eingeteilt, ihren Weg zu verfolgen. »Ihr seid jetzt genau östlich vom Zentralplatz.«
Sie waren zuerst auf diesen Hauptplatz zugegangen, weil Nicole es für wahrscheinlich hielt, dass auch Takagishi dorthin gegangen sein müsse. Sie waren auf eine offene runde »Plaza« gestoßen, umgeben von zahlreichen niederen Bauten, aber nirgendwo auf eine Spur ihres Kameraden. Inzwischen hatten Francesca und Nicole zwei weitere »Plazas« besucht und sorgfältig zwei ganze Keile der zentralen »Torte« durchgekämmt, waren aber nicht fündig geworden. Nicole gab schließlich zu, dass ihr weiter nichts einfalle.
»Das ist ein recht erstaunlicher Ort«, antwortete Francesca und begann ihre Mittagsportion zu verzehren. Beide saßen auf einer etwa ein Meter hohen flachen Metallkiste. »Mit meinen Fotos kann ich das nicht einmal halbwegs einfangen. Alles ist so ... still... so groß und ... so fremd.«
»Aber manche von diesen Bauwerken müssten ohne Ihre Bilder einfach unbeschreibbar bleiben. Zum Beispiel diese Polyeder. In jedem Tortenstück gibt es sie, und der größte ist immer direkt an der Plaza. Ich würde gern wissen, was sie zu bedeuten haben, falls sie irgendwas bedeuten ... Und wieso stehen sie genau an den Stellen?«
Die dicht unter der Oberfläche schwelende Spannung zwischen den zwei Frauen blieb weiterhin unter Kontrolle. Stattdessen plauderten sie ein bisschen über die Dinge, die ihnen bei der Durchquerung New Yorks aufgefallen waren. Francesca war besonders fasziniert von einem gigantischen Gitterarrangement zwischen zwei hohen Wolkenkratzern auf der Zentralanlage. »Was glauben Sie, was für eine Funktion hat diese riesige Gitter- oder Netzkonstruktion?«, fragte Francesca wie nebenbei.
»Das sind doch mindestens zwanzigtausend Schlingen, und es ist mindestens fünfzig Meter hoch.«
»Ich vermute, es wäre ziemlich kindisch und lächerlich, wenn wir hier irgendwas zu verstehen versuchten«, sagte Nicole mit einer weit ausholenden Handbewegung. Sie aß zu Ende, dann warf sie ihrer Begleiterin einen Blick zu. »Also? Können wir weiter?«
»Noch nicht«, sagte Francesca entschlossen. Sie sammelte die Reste ihrer Mittagsmahlzeit zusammen und stopfte sie in den Abfallbeutel in ihrem Flugdress. »Wir zwei haben da noch eine Sache zu klären.«
Nicole blickte sie fragend an.
»Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir beide die Masken fallen lassen und einander ehrlich und aufrichtig gegenübertreten«, sagte Francesca mit trügerischer Freundlichkeit. »Wenn Sie vermuten, ich hätte Valerij am Tag seines Todes irgendein Medikament gegeben, warum fragen Sie mich dann nicht persönlich und direkt?«
Nicole starrte ihre Feindin sekundenlang an. »Und? Haben Sie das getan?«, fragte sie schließlich. »Glauben Sie denn, dass ich es getan habe?«, fragte Francesca mit süß-verschämter Stimme.
»Sie spielen jetzt nur Ihr altes Spielchen auf einem anderen Brett«, antwortete Nicole nach einer Pause. »Natürlich sind Sie nicht bereit, irgendetwas zuzugeben. Sie wollen nur herausfinden, wie viel ich weiß. Aber ich brauche gar kein Geständnis von Ihnen. Auf meiner Seite steht die wissenschaftlich-technische Erkenntnis und die Exaktheit. Die Wahrheit wird einmal unübersehbar sein.«
»Das bezweifle ich«, sagte Francesca wegwerfend. Sie hüpfte von dem Kasten herunter. »Die Wahrheit entzieht sich stets jenen Leuten, die nach ihr streben.« Sie lächelte. »So. Und jetzt kommen Sie, suchen wir unseren Professor.«
An der Westflanke des Zentralplatzes stießen die zwei Frauen auf ein weiteres einzelne Bauwerk. Aus einiger Entfernung erinnerte es an eine gewaltige Scheune. Die Spitze des schwarzen Dachs lag gute vierzig Meter über dem Boden, und das Ganze war mehr als hundert Meter lang. Zweierlei war besonders interessant an dieser »Scheune«. Erstens war sie an beiden Enden offen. Zweitens konnte man von außen nicht ins Innere sehen, obwohl Wände und Dach von innen transparent waren. Abwechselnd traten Francesca und Nicole den Beweis an, dass es sich nicht um eine optische Täuschung handelte. Im Innern der Scheune hatte man tatsächlich freie Sicht in alle Richtungen, außer natürlich nach unten. Tatsächlich waren sämtiche umgebenden Spiegel-Wolkenkratzer so präzise
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