Rendezvous mit Übermorgen
schwere Probleme auf ihn zukommen. Die Bemerkung über ein Militärgerichtsverfahren war kein müßiges Geschwätz.«
»Ich glaube nicht, dass Michael Angst vor einem Militärtribunal hat. Vielleicht will er das seiner Familie ersparen, aber...«
Ein Ruf aus der Ferne unterbrach sie. General OToole kam im Rover heran und winkte ihnen zu. »Das verstehe ich jetzt aber gar nicht«, sagte Nicole. »Wie kann er so rasch hier sein? Du bist doch nicht etwa zu Fuß gekommen?«
Richard lachte. »Natürlich nicht. Ich hab am Fuß des Sessellifts einen Peilsender plaziert. Und als ich in Beta ankam und sah, dass du das Boot und Zubehör rausgeholt hast, habe ich den Rover per Autopilot zurückgeschickt.«
»Das war aber mutig«, sagte Nicole. »Und wenn ich nun bereits in See gestochen wäre, ehe du mich zu Fuß suchen kamst?«
Richard spähte über den Lippenrand zu dem Bootsrumpf am Ufer hinab. »Eigentlich bist du ja schon viel weiter, als ich erwartet hätte«, sagte er neckend. »In zwei Stunden könntest du es vielleicht geschafft haben.«
Er fing Nicoles Arme ab, als sie mit den Fäusten auf ihn einzuschlagen versuchte.
General OToole besaß als einziger Segelerfahrung. Bald nachdem sie die Hälfte ihres Turns erreicht hatten, befahl er Richard, sich mit einem Ruder zu bewaffnen, für den Fall, dass die beiden Hai-Bioten, die ihnen wie Schatten folgten, sich zu einem Angriff entschließen sollten. »Es ist nicht grad Marblehead oder das Kap«, sagte OToole und spähte nach New York hinüber, »aber es ist unzweifelhaft eine interessante Segeltour.«
Unterwegs mühte sich Richard erfolglos, die nervöse Nicole zu überzeugen, dass eine Belästigung durch die Hai-Bioten recht unwahrscheinlich sei. »Schließlich haben sie ja bei der ersten Rama-Expedition die Boote ganz in Ruhe gelassen«, sagte er zu ihr. »Mich haben sie wohl nur zum Kentern gebracht, weil irgendwas Besonderes im Design der neuen Motorboote ist.«
»Wie kannst du das so bestimmt sagen?«, fragte Nicole und blickte voll Unbehagen auf die grauen Schemen, die neben ihnen durchs Wasser glitten. »Und wieso, wenn sie uns gar nicht angreifen wollen, haben sie uns dann schon die ganze Zeit verfolgt?«
»Wir sind eine Kuriosität, weiter gar nichts«, erwiderte Richard. Dennoch ging er in Bereitschaft, als einer der Schatten plötzlich auf das Boot zu geschossen kam. Er schwamm unter dem Boot hindurch und gesellte sich auf der anderen Seite zu seinem Gefährten. »Na, siehst du«, sagte er und lockerte den Griff am Ruder, »ich hab dir doch gesagt, kein Grund zur Besorgnis.«
Sie machten am New Yorker Ufer fest. Dann stiegen sie über eine nahe Treppe hinauf. Da O'Toole zum ersten Mal in New York war, stockte er natürlich voller Neugier bei allem, was sich ihm an Sehenswürdigkeiten bot. Darum eilte Richard voraus, um sich in die Arbeit am Computer zu stürzen, während Nicole dem General unterwegs eine Art Zeitraffer-Führung angedeihen ließ.
Als sie mit dem General dann in der Weißen Kammer anlangte, konnte Richard bereits von einigen Fortschritten berichten. »Also war meine Hypothese richtig«, erklärte er ihnen. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich jetzt Zugriff auf ihr ganzes Sensorspektrum habe. Sie müssen hier Radar oder etwas Vergleichbares an Bord haben. Und während ich das zu lokalisieren versuche, könntet doch ihr beide ein Fließdiagramm erarbeiten, wie wir ihnen unsere Warnung mitteilen könnten. Und denkt dran: Es muss simpel sein! Uns bleiben möglicherweise nur vierundzwanzig Stunden, bevor die erste Rakete hier ankommt.«
Vierundzwanzig Stunden , dachte Nicole. Nur noch ein ganzer Erdentag. Sie blickte zu Richard hinüber, der besessen an seinem Keyboard arbeitete. Sie schaute sich nach General OToole um, der ein paar der schwarzen Objekte betrachtete, die da noch in einer Ecke herumlagen. Das Gefühl von zärtlicher Zuneigung zu den beiden Männern, das sich in ihr regte, erstickte rasch in dem Ausbruch erneuter heftiger Furcht. Die Erkenntnis der Hoffnungslosigkeit ihrer Lage überwältigte sie plötzlich.
Und morgen ? Werden mir morgen alle sterben ?, fragte sie sich bebend.
61 Schiff in Gefahr
»Wir sollten wirklich nicht überrascht sein«, sagte Richard nüchtern. Sie saßen zu dritt vor dem großen schwarzen Bildschirm. »Schließlich haben wir ja alle damit gerechnet.«
»Und haben trotzdem gehofft, dass es nicht so kommt«, warf Michael O'Toole ein. »Manchmal ist es schon arg niederschmetternd, wenn man
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