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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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intelligent, wie witzig-weise und wie empfindsam sein Vater ist.
    Ich habe eine letzte Bitte: Sollte es so kommen, dass ihr beide sicher zu Hause anlangt und ich nie wieder auf die Erde zurückkehre, dann bitte, erklärt Genevieve, was mir geschehen ist. Erzählt ihr die ganze Geschichte, von dem Traum, von dem Flakon und von der Vision bei der Poro-Zeremonie in meiner Kindheit. Und sagt ihr, ich liebte sie von ganzem Herzen.«
    Sie war tränenüberströmt, als sie die Aufnahme beendete.
    Sie stand auf und ließ das Band zurücklaufen. Sie spielte es eine Minute lang ab, um sicher zu sein, dass die Aufzeichnung in Ordnung sei. Dann begab sie sich zur Luftschleuse. Während sie sich den Helm aufsetzte, dachte sie: Himmel, ich will es ja wirklich tun.
    Auf der unheimlichen Talfahrt mit dem Sessellift ins Dunkle kamen Nicole heftige Bedenken über ihren Entschluss zurückzugehen. Dank ihrer gewaltigen Selbstdisziplin gelang es ihr jedoch, die lauernde Furcht abzuwehren. Als sie in den Rover stieg, um ans Zylindermeer zu fahren, dachte sie bereits intensiv darüber nach, wie sie sich der Intelligenz, die Rama lenkte, mitteilen könnte. Ganz bestimmt werde ich Bilder benutzen , sagte sie sich, und wo immer möglich die präzise Sprache der Wissenschaft. So viel hab ich immerhin von Richard gelernt.
    Der Gedanke an Richard ließ ihre Beklommenheit wieder aufleben. Er wird denken, ich hab ihn im Stich gelassen , dachte sie bekümmert. Und wie kann ich denn erwarten, dass er es anders sieht ? Sie erinnerte sich an jene ersten bedrückenden Tage, als sie mit Genevieve schwanger war, wie allein und total verlassen sie sich damals gefühlt hatte, weil sie ihre Gefühle niemandem mitteilen konnte. Wieder überkam sie der starke Drang, umzukehren und aus Rama fortzugehen. Der eindrucksvolle Tagesanbruch riss sie aus ihrer Grübelei. Wie zuvor schon stets war Nicole wie hypnotisiert vom Anblick, der sich ihr ringsum bot. Das ist einmalig im ganzen Universum , dachte sie.
    Als sie im vormaligen Beta-Camp angelangt war, suchte sie zunächst das große Segelboot und begann es auszupacken. Es war auf dem Boden eines großen Packcontainers verstaut, und es war in gutem Zustand. Die Montage verhinderte, dass Nicole allzu viel über ihre Entscheidung nachgrübeln konnte. Mechanikerarbeit war nicht gerade ihre Stärke. Fast wäre sie verzweifelt, als sie ein großes Passteil wieder ausbauen musste, das einzufügen sie zehn Minuten gekostet hatte. Die ganze Übung erinnerte sie an diverse frustbeladene Weihnachtsfeste, bei denen sie mit Pierre in Beauvois fast die ganze Nacht lang geschuftet hatten, um Genevieves neues Spielzeug zusammenzubauen. Es musste ein Gesetz geben, dass sie in den Geschäften nur fertig montiertes Spielzeug verkaufen dürfen , brummte Nicole mit einem grimmigen Lachen, während sie sich mit der Bauanweisung für das Segelboot herumplagte.
    Sie trug den Rumpf die Stufen hinab und setzte ihn am Rand der See ab. Die größeren Zusatzteile setzte sie oben auf dem Kliff zusammen, wo das Licht heller war. Sie war dermaßen in ihre Tüftelarbeit vertieft, dass sie die Schritte erst hörte, als sie nur noch ein paar Meter weit weg waren. Als sie sich kniend nach rechts wandte und etwas unmittelbar auf sich zukommen sah, erschrak sie entsetzlich.
    Augenblicke danach lag sie in Richards Armen, und sie küssten und drückten sich heftig. »O'Toole kommt auch«, sagte Richard, setzte sich neben Nicole und begann sofort an dem Boot zu arbeiten. »Als ich ihm erklärte, ich würde nicht ohne dich weggehen, dass mir ein wie immer geartetes Leben auf der Erde ohne dich nichts bedeuten kann, sagte er zunächst, wir hätten beide den Verstand verloren. Aber nachdem wir eine Weile drüber gesprochen hatten und ich ihm erklärte, wir hätten meiner Überzeugung nach die hinlängliche Probabilititätschance, die Ramaner zu warnen, entschied er, dass er die letzten Stunden seines Lebens lieber mit uns verbringen wollte, als den einsamen qualvollen Tod in der Kapsel zu riskieren.«
    »Aber du hast mir doch erklärt, es wäre für einen einzelnen Passagier ein sicherer Trip?«
    »Das ist nicht völlig sicher. Die Software in der Kapsel ist ein Albtraum. Aus der Programmierung ersieht man, dass alles überstürzt gemacht wurde. Und wie hätte man es auch anständig überprüfen können? O'Toole allein hätte vielleicht eine etwas größere Chance gehabt als wir beide zusammen - aber vergiss nicht, nach seiner Landung auf der Erde würden

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