Rendezvous mit Übermorgen
Landsmann, ein Priester aus dem Außenamt des Vatikans. Er stellte sich vor und entschuldigte sich ausgiebig dafür, dass er auf den Brief des Generals aus Boston im November nicht geantwortet hatte. Es hätte »die Prozedur erleichtert«, sagte der Priester beiläufig, wenn der General in seinem Brief erwähnt hätte, dass er der General O'Toole, der Newton-Kosmonaut, sei. Jedoch, fuhr er fort, man habe in den päpstlichen Agenda ein wenig jongliert, und Seine Heiligkeit werde entzückt sein, ihn am folgenden Morgen zu empfangen.
Als die Türen zum päpstlichen Arbeitszimmer aufgingen, erhob sich der General instinktiv. Derselbe Geistliche wie im Hotel kam sehr nervös herein und schüttelte ihm hastig die Hand. Beide blickten sie dann unauffällig durch die Tür, wo der Papst (in die normale weiße Alltagssoutane gekleidet) das Gespräch mit einem seiner Beamten beendete. Dann trat Johannes PaulV. ins Antichambre heraus, streckte O'Toole die Rechte entgegen und ließ ein freundliches Lächeln über das Gesicht gleiten. Wie ein Automat sank der Kosmonaut auf ein Knie und küsste den Ring am päpstlichen Finger.
»Heiliger Vater!«, murmelte O'Toole. Er war verblüfft über das erregte Pochen in seiner Brust. »Danke, dass Ihr mich empfangt. Es ist wahrhaftig eine große Ehre für mich.«
»Wie für Uns gleichermaßen«, antwortete der Papst in leicht akzentuiertem Englisch. »Wir haben mit großem Interesse die Unternehmungen von Ihnen und Ihren Kollegen verfolgt.«
Auf eine Handbewegung hin folgte der General dem Oberhaupt der Kirche in ein grandioses hohes Arbeitszimmer. An einer Seite des Raumes stand ein gewaltiger Schreibtisch aus dunklem Holz unter einem lebensgroßen Porträt Johannes Paul IV., des Mannes, der in den finstersten Tagen des Großen Chaos zum Papst gewählt worden war und der zwanzig Jahre lang der Kirche und der Welt das Bild einer Führungspersönlichkeit voll Energie und Charisma geboten hatte. Dieser begabte Venezolaner, von Haus aus ein Dichter und Historiker, hatte zwischen 2139 und 2158 der Welt gezeigt, welch positive Kraft eine organisierte Kirche in Zeiten sein kann, in denen praktisch alle anderen sozio-politischen Einrichtungen zusammenbrachen und sich dementsprechend als unfähig erwiesen, den verstörten Massen irgend Hilfe und Halt zu bieten.
Der Papst setzte sich auf ein Sofa und forderte OToole auf, neben ihm Platz zu nehmen. Der amerikanische Priester verließ den Raum. Durch weite Fenster sah man auf einen Balkon und auf die darunter liegenden Vatikanischen Gärten. Dahinter entdeckte OToole das Vatikanische Museum, wo er den gestrigen Nachmittag zugebracht hatte.
»In Ihrem Brief schreiben Sie«, sagte der Papst, ohne Rückgriff auf irgendwelche Notizen, »es gebe einige theologisch strittige Fragen, über die Sie mit Uns sprechen möchten. Vermutlich stehen sie irgendwie im Zusammenhang mit Ihrer Mission.«
OToole sah dem siebzigjährigen Spanier ins Gesicht, der das geistliche Oberhaupt einer Milliarde Katholiken war. Die Gesichtshaut hatte einen Olivton, die Konturen waren scharf. Braune, klare, sanfte Augen. Das dichte, ehemals schwarze Haar war nunmehr überwiegend grau. Er redet wirklich nicht lang um den heißen Brei herum , dachte OToole, und ihm fiel ein Artikel in einer katholischen Zeitschrift ein, in dem einer der führenden Kardinäle des Vatikans den Papst wegen seiner »Management-Effizienz« gelobt hatte.
»Genau, Heiliger Vater«, sagte OToole. »Wie Ihr wisst, begebe ich mich bald auf eine Reise, die für die Menschheit von allerhöchster Bedeutung ist. Und für mich als Katholiken ergeben sich daraus einige Probleme, und ich dachte mir, es könnte mir helfen, wenn ich mit Euch darüber reden könnte.« Er schwieg einen Augenblick lang. »Ich erwarte gewiss nicht, dass Ihr mir auf alles eine Antwort geben könnt. Aber vielleicht könnt Ihr mir aus dem Schatz Eurer Weisheit ein wenig auf den rechten Weg helfen.«
Der Papst nickte und forderte so O'Toole auf, er möge fortfahren. Dieser holte tief Luft. »Mich beunruhigt die Frage ... ah... das Problem der Erlösung, allerdings... ah... glaube ich, ist das nur Teil einer größeren Schwierigkeit, nämlich: Wie soll ich die Existenz der Ramaner mit meinem Glauben vereinbaren.«
Der Papst runzelte die Stirn, und O'Toole begriff, dass er sich nicht klar genug verständlich machte. »Es bereitet mir überhaupt keine Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass Gott die Ramaner erschaffen hat, das ist leicht
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