René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Treffern auf Platz drei der ewigen Torschützenliste der Bundesliga. Er spielte 308 Mal für die Borussia, wurde
vier Mal Deutscher Meister, trainierte den Verein dann von 1979 bis 1987 und gewann später als Coach mit Real Madrid die Champions League. Nun ist er zurück, und wenn Heynckes die Gladbacher Kabine betritt, müssen die Spieler aufstehen.
Mit diesem Trainer-General, der bei seinem Comeback in Mönchengladbach scheitern, den Ruhestand antreten, dann aber Bayer Leverkusen in die Champions League führen und im Sommer 2011 mit 66 Jahren zum dritten Mal die Profis des FC Bayern übernehmen wird, lachen sie nicht viel. Dafür lachen sie über ihn. »Heynckes hat ja immer so einen roten Kopf«, erzählt Schnitzler. »Dieses unglaublich knallige Rot. In der Kabine saß ich Wesley Sonck gegenüber, der hat sich kaum eingekriegt, wenn Heynckes gesprochen hat. Ich hab dann immer aufgepasst, dass ich Wesley nicht angucke, sonst musste ich sofort mitlachen. Oft habe ich vorsichtshalber den Pullover übers Gesicht gezogen.«
Sie sind jung, sie sind albern, und manchmal sind sie sogar richtig zornig. Der Belgier Sonck bringt eines Tages schwer erbost seinen Steuerbescheid mit in die Kabine. »Was ist diese scheiß Kirchensteuer?«, will er wissen. Auf seiner Abrechnung hat das Finanzamt mehrere tausend Euro ausgewiesen und einbehalten. Schnitzler lacht, natürlich. Und empfiehlt dem Kollegen, aus der Kirche auszutreten.
Ein größeres Thema als Geld sind Frauen. Manche Spieler schalten am Arbeitsplatz erst einmal ein Mobiltelefon an, das so genannte Kabinenhandy, das für Damen bestimmt ist, von denen die Frau oder feste Freundin nichts wissen soll. Die Kabinenhandynummer geben die Spieler abends weiter, wenn sie mit ein paar Kollegen essen und auch mal länger unterwegs sind, in Mönchengladbach in der »Nachtgalerie« zum Beispiel oder in Düsseldorf in
der »Nachtresidenz«. Dass es an solchen Abenden noch mal kurz und nicht allein in ein Hotel geht, das etwas versteckt, aber noch in der Altstadt liegt, ist keine Seltenheit. »Das sind ja fast alles coole Typen, lustfeindlich ist so eine Fußballmannschaft nicht«, sagt René Schnitzler. »Im Fußball ist niemand treu«, sagt einer seiner damaligen Mannschaftskameraden.
Zur vermeintlich locker leichten Seite des Profilebens zählt auch der Konsum. Schnitzler fährt schon länger, wie er selbst sagt, Autos über seinem Status. Dem 3er-BMW Cabrio folgt ein Porsche Boxster. In dem schwarzen Flitzer hat er bereits einen Unfall überstanden: Auf der A1 in Höhe Wuppertal ist er in die Leitplanke geknallt.
Schnitzler langweilt sich schnell, braucht immer neue Wagen, und so besorgt er sich in seiner Zeit in der Gladbach-Reserve einen 330 BMW. Der grau lackierte Sportwagen besitzt eine Sprachsteuerung für Musikanlage und Navigationssystem und ist so ziemlich das Modernste, was man zu dieser Zeit bekommen kann.
Autos faszinieren Schnitzler bis heute, ohne Mühe kann er Preise und PS von dutzenden Modellen aufzählen und auch noch die Wagen seiner Kollegen in Leverkusen, in Hamburg, auch in Mönchengladbach. »In der ersten Mannschaft fuhr Oliver Neuville einen Audi R6, Kasey Keller einen großen Landrover, Ze Antonio Mercedes Jeep und Kaspar Bøgelund einen Porsche Carrera.«
Doch nicht nur für Autos kann man viel Geld ausgeben, das merkt Schnitzler, der auf teure Klamotten, Schuhe und Schmuck keinen allzu großen Wert legt. An einem Nachmittag, das Training ist vorbei, verkündet Wesley Sonck, er kaufe sich jetzt eine Breitling. Der Brasilianer Kahé bekommt das mit und begleitet den Kollegen spontan zum Nobeljuwelier. Beim nächsten Training präsentieren sie stolz ihren Kauf: Beide tragen ein Chronometer der Schweizer Luxus-Marke. »Die Jungs haben eben Zeit und Geld«, sagt Schnitzler im Rückblick und klingt dabei, als sei das bei ihm anders gewesen. »Und wenn dann einer los geht, kommt eben ein anderer mit und greift auch zu. So ist das, wenn man 100 000 Euro zu viel auf der Bank hat.« 100 000 Euro zuviel allerdings, da liegt tatsächlich ein Unterschied, hat René Schnitzler nicht auf dem Konto.
[REF 5]
Tor durch Superman: Schnitzler zeigt sein T-Shirt, hinten jubelt Marko Marin, der damals auch für Mönchengladbach spielt
Er verdient in Mönchengladbach 5 000 Euro brutto – als Fußballspieler. Das Zocken wird ihm zum ständigen Nebenerwerb und gleichzeitig zum Hauptverlust. Sie tippen wie verrückt, und in der Kabine klebt Schnitzler die gewonnenen
Weitere Kostenlose Bücher