René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
am Interieur wird dabei nicht gespart, vor allem nicht an der Matratze. Schnitzler sucht sich eine für 300 Euro aus, aber der Betreuer besteht auf einem Modell, das 1 500 Euro kostet.
Darauf schlafen wird Schnitzler allerdings nicht – er übernachtet kein einziges Mal in seiner Dienstwohnung. Leverkusen und er führen eine Fernbeziehung. Der Spieler fährt nach dem Training entweder nach Osten zu seiner Freundin Ina, die in Hagen wohnt, oder nach Westen zu seinen Eltern. Abends tummelt er sich dann am Alten Markt, in Mönchengladbachs Kneipenviertel. »Der Held vom Alten Markt wollte er sein«, sagt vom Bruch. Schnitzler fährt so vor, dass es alle mitbekommen, und erzählt aus der Glamourwelt des Profifußballs. In seinen Geschichten nimmt er eine wichtigere Rolle ein als tags darauf beim Training.
Bei Bayer beobachten sie durchaus, dass Schnitzler in Leverkusen nicht heimisch wird. Seinen Wohnungsschlüssel leiht er anderen Spielern. Fußballprofis werden auch in Leverkusen von Frauen umworben, und so kommt die teure Matratze doch noch zum Einsatz.
Leverkusen unterhält eine Spitzenmannschaft, aber Schnitzler kapiert bald, dass Fußballer überall Fußballer sind. Die meisten im Kader schließen Fußballwetten ab. »Die Jungs haben gewettet wie verrückt. Meine Erfahrung ist, dass 70 bis 80 Prozent der Spieler einer Mannschaft auf irgendwelche Partien in irgendwelchen Ligen setzen. In der Kabine zeigt man sich die Tippscheine, da gibt es keine Scheu.« Als Schnitzler in Leverkusen ankommt, meidet er Spielkasinos und Pokerrunden kurzzeitig, weil er sich ganz auf Fußball konzentrieren will. Doch dann fasziniert
ihn diese Szene doch. Er sieht, dass Stars auf großem Fuß leben. Auf dem Parkplatz neben dem Trainingsplatz steht Jens Nowotnys Mercedes SLR, der neu bald eine halbe Million Euro gekostet haben muss und nicht besonders alt wirkt. Bernd Schneider fährt einen Audi A8, der polnische Nationalspieler Jacek Krzynówek die Sportversion des 6er-BMW. Es dauert nicht lange, bis sich Schnitzler, der Amateur, ein 3er-BMW Cabrio bestellt.
In Leverkusen infiziert ihn ein Virus, den er bis heute nicht losgeworden ist. »Da habe ich als 20-Jähriger richtig kranke Dinge erlebt«, sagt Schnitzler. Als die Mannschaft zu einem Freundschaftsspiel gegen Legia Warschau nach Polen fliegt und am Gepäckband wartet, hält ein älterer Spieler den Kollegen einen Hut hin – den schwarzen Filzhut von Dimitar Berbatov. Jeder Spieler soll einzahlen, 500 Euro. »Da segelten die Scheine, mehr als 5 000 Euro lagen schließlich drin«, erinnert sich Schnitzler. »Und die hat der kassiert, dessen Koffer zuerst auf das Gepäckband fiel.« Es ist einer der Torhüter, der den Hut leeren darf. Er steckt das Geldbündel lose in die Hosentasche, wie eine Packung Kaugummi. Geld, das lernt Schnitzler schnell, scheint für Fußballer keinen allzu großen Wert zu besitzen, es geht bei ihnen schneller über den Tisch als anderswo.
Schnitzler findet Gefallen daran, um Geld zu spielen. Mit Marko Babić zum Beispiel, einem kroatischen Nationalspieler, wettet Schnitzler. Einmal stehen sie sich auch im Tischtennis gegenüber. Nach jedem Satz erhöhen sie den Einsatz, und binnen Minuten hat Schnitzler 180 Euro verspielt. Doch darüber macht er sich keine Gedanken.
Schnitzlers Mutter Heike kann der Zeit ihres Sohnes bei Bayer Leverkusen heute wenig Gutes abgewinnen. »Als er dort mitgekriegt hat, wie respektlos die mit Geld umgegangen
sind, war er ja noch Kleinverdiener. Da stand er mit großen Augen daneben und guckte, was die machten. Der Fußball ist keine gute Erziehung für das Leben«, sagt Heike Schnitzler.
Die Saison, die für Schnitzler persönlich mit dem Aufstieg zu den Profis so positiv begonnen hat, nimmt für Bayer Leverkusen keinen guten Lauf. Nur am ersten Spieltag überzeugt die Mannschaft, siegt 4:1 in Frankfurt. Es folgt eine 2:5-Heimniederlage gegen Bayern München. Bayer verliert auch in Wolfsburg mit 1:2 und kommt im nächsten Heimspiel nicht über ein 1:1 gegen Schalke hinaus. Mit nur vier Punkten aus den ersten vier Spielen gelingt Leverkusen der schlechteste Bundesliga-Start seit 23 Jahren. Als die Mannschaft am 16. September 2005 auch im UEFA-Pokal gegen CSKA Sofia mit 0:1 verliert, wird Klaus Augenthaler entlassen.
Für Schnitzler geht nicht nur der Cheftrainer. Er hat Augenthaler als Mentor und Förderer begriffen, als einen, der etwas auf ihn hält. Als Nachfolger kommt nun ausgerechnet Michael Skibbe, sein
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