René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
sms weiter. Schnitzler in Viersen, das lockt weitere Spieler an. Er ist ein Gewinn für den Laden, und niemand weiß das besser als Uli Hamanns, dem die Spielhölle zur Hälfte gehört.
Uli Hamanns ist ein freundlicher Typ und inzwischen über 50 Jahre alt. Die Haare sind schwarz und schütter, die Brillengläser halb umrandet, die unteren Augenlider geschwollen und gerötet. Über seinem Bauch trägt er einen schwarzen Wollpullover, am Handgelenk ein Chronometer. »Nichts Teures«, sagt Hamanns. Er hat Apfelkuchen mit Sahne und schwarzen Kaffee bestellt, als er in einem Café in Mönchengladbach zu erzählen beginnt – vom Zocken, vom Wetten und von seinem Kumpel René. Auf den ist er gerade nicht so gut zu sprechen, aber, meint Uli, meint auch René, das gibt sich schon wieder.
Hamanns arbeitet noch immer in Viersen, allerdings als Angestellter in einer Spielothek. Seinen illegalen Laden musste er schließen. »Passiert schon mal«, sagt Hamanns. Plötzlich hatte die Polizei vor der Tür gestanden, alarmiert wohl von einem Zocker, der ihm eins auswischen wollte. Auch das passiert schon mal, wo viel Geld auf dem Tisch liegt und einige am Morgen trotzdem mit leerem Portemonnaie nach Hause gehen müssen.
Wunderbar kann Hamanns schimpfen auf René Schnitzler. Ein Verrückter sei das, der erzähle zuviel, und überhaupt, was der sich so denke. Doch in fast jedem seiner Sätze schwingt Sympathie und Nähe mit. Die beiden haben
einiges zusammen erlebt und – von froher Natur sind sie beide – viel zusammen gelacht.
»Im Glücksspiel ist heute kein Geld mehr drin«, bedauert Hamanns. »Wo früher Millionen lagen, liegen heute Tausende.« Glücklich mache Glücksspiel auch nicht, findet Hamanns, doch wenn man ihn fragt, warum er trotzdem immer noch spiele, fragt er zurück: »Was gibt es denn Schöneres als ein Spielchen?«
Er selbst hat früher Estrich gelegt, dann ist er Taxi gefahren, und als sie am Stand mal wieder lange warten mussten auf den nächsten Kunden, nahm ein Kollege ihn mit in eine illegale Runde. Da gab es kostenlos Kaffee, Cola und Zigaretten. »So bin ich da reingezogen worden«, erzählt Hamanns und tippt sich an die Schläfe. »Bei manchen ist das Spiel-Gen einfach drin im Kopf und breitet sich dann aus. Bei mir wohl auch.« 15 Jahre lang sei er jetzt Glücksspieler, »da müssen wir nicht drum rum reden«.
Manchmal grüßen ihn Leute auf der Straße, die er gar nicht mehr zuordnen kann – mit so vielen Typen hat er schon gespielt. Hamanns kennt auch Tuna Akbulut, einen der vier Angeklagten beim Bochumer Wettskandal-Prozess im Frühjahr 2011. Akbulut ist ebenfalls schon lange im Geschäft. Für Wettmafiosi, so ist während der Verhandlungen am Bochumer Landgericht zu hören, soll er Spielern Geld zugesteckt haben und anschließend auch selbst auf manipulierte Begegnungen gesetzt und kassiert haben. Hamanns steht mit Akbulut in Kontakt zu dieser Zeit. Auch während des Gesprächs im Café ruft Akbulut an.
Als Schnitzler und Hamanns sich in dem illegalen Laden in Viersen kennen lernen, wissen sie noch nicht, dass sie einen gemeinsamen Bekannten haben. Uli Hamanns war 13 Jahre
lang mit einer Tante von Schnitzlers Mannschaftskollegen Marcell Jansen liiert. Der kleine Marcell ging ein und aus in Hamanns Haus, manchmal übernachtete er auch dort. »Absolut in Ordnung, der Marcell, auch heute noch«, sagt Hamanns.
Mit Schnitzler versteht sich Hamanns von Anfang an gut. »Wir wollten den alle beschützen, so ein großes Talent, wie der war. Millionen wollen Fußballprofi werden, und der René dreht durch, wenn er Leute am Tisch sieht, die ein paar Karten auf der Hand und einen Haufen Geld vor sich liegen haben.« Am Anfang habe René noch ganz normal gespielt, aber dann sei er plötzlich nicht mehr wiederzuerkennen gewesen beim Poker, »immer um das ganz große Geld, immer rein ins Risiko«. Am besten habe René gespielt, wenn er kein Geld gehabt habe.
Dass andere Zocker sich mit dem Hinweis anlocken ließen, Schnitzler sitze am Tisch, bestätigt Hamanns. »Es war ja auch immer sofort bekannt, wenn der René zum Beispiel in Venlo kräftig gewonnen hatte. So etwas bleibt in der Zockerszene nicht verborgen.« Und bei Schnitzler kann man sicher sein, dass er den Gewinn bald wieder einsetzt.
Seine Schulden steigen langsam, aber stetig. Er leiht sich Geld bei Banken und auch bei Zinsenmännern. Zinsenmänner halten sich überall dort auf, wo um Geld gespielt wird. Sie sitzen in jedem staatlichen
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