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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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Kasino, mustern unauffällig das Spielgeschehen und nehmen jene ins Visier, die verlieren. Auch in illegalen Runden kann man auf Kredit spielen, und Schnitzler tut das. »Ich habe von Zinsen-Murat, so wird der wirklich genannt, 10 000 bekommen und musste im nächsten Monat 11 000 zurückzahlen«, erzählt Schnitzler. »Als ich das nicht konnte, musste ich nur 1 000 Euro zahlen und im Monat drauf dann noch mal 11 000. So ging das ein paar Monate. Zinsen-Murat war später auch
bei meinen Eltern. ›Ich musste dem Jungen doch Geld geben‹, hat er gesagt, ich hätte ja einen Namen gehabt, und wie sehe das denn aus, wenn er von einem Gladbach-Spieler gefragt würde und dem nichts leihe. Mit Murat habe ich mich nachher echt gut verstanden, der hat mir auch mal 500 oder 1 000 ohne Zinsen geliehen. Der lebt ja von seinen Zinsen. Wenn man dem sagst, er sei ein Arschloch, dann sagt der, dass ja keiner bei ihm leihen müsse.«
    Schnitzler muss das aber, und das liegt am Roulette, am Black Jack und daran, dass er sich beim Pokern schon damals nicht auf Turniere beschränken kann. »Beim Turnier verstand René es, mit der Angst der anderen zu spielen, die auf keinen Fall rausfliegen wollten«, erinnert sich Poki. »Die bluffte er dann raus. Wenn so ein Turnier nicht allzu stark besetzt war, durchschaute er seine Gegner. In der Pokersprache sagt man, er hatte einen Read auf die. René konnte sich ziemlich gut in die anderen reinleveln. Der denkt, dass ich denke, dass er denkt – in diesen Gedankenspielchen war er exzellent.« Dass Menschen relativ nah beieinander sitzen, sich beobachten und spüren können und die Bewegungen der Gegner beobachten und deuten, ist auch beim Cash-Game der Fall. Doch hier geht alles schneller. Für Schnitzler, den Ungeduldigen, ist das nicht von Vorteil.
    Er pokert sich durchs Rheinland. In Hamanns Laden in Viersen trifft er eines Abends einen Kollegen von den Gladbacher Profis, mit dem er sich danach mehrfach zum Zocken verabredet. Der Kollege verharrt ruhig an seinem Platz, dreht sich Zigaretten und pokert Schnitzlers Einschätzung nach recht kontrolliert. Nachts um drei Uhr verlässt er die Spielhölle. Oliver Neuville, der Vizeweltmeister von 2002, will am nächsten Tag ausgeschlafen zum Training erscheinen. Darin unterscheidet er sich von René Schnitzler.

    Marcell Jansen, den Jürgen Klinsmann zu dieser Zeit bereits in die Deutsche Nationalmannschaft berufen hat, lässt sich ebenfalls in Viersen blicken. »Marcell ist kein guter Spieler«, findet Schnitzler heute, er selbst spiele Klassen besser. Beim Pokern mag das sein. Im Fußball ist es umgekehrt.
    NACH OBEN
    Zuerst allerdings kommt auch Schnitzler voran. Er erlebt eine für Talente gute Zeit bei Borussia Mönchengladbach. In der Saison 2006/2007 schaffen es Marvin Compper, Eugen Polanski und auch Marko Marin in die erste Mannschaft. Schnitzler wird ebenfalls berücksichtigt, am 19. Mai 2007, dem allerletzten Spieltag. In der 57. Minute nimmt Jos Luhukay, der dem erfolglosen Jupp Heynckes als Cheftrainer gefolgt ist, den Mittelstürmer Kahé vom Feld. Mehr als 50 000 Zuschauer sind an diesem Samstagnachmittag in den Borussia-Park gekommen und applaudieren, als der Stadionsprecher den Namen des Einwechselspielers nennt: Renééé Schnitzler. »Das war ein bewegender Moment, um Gottes Willen«, erinnert sich seine Mutter, die damals im Stadion saß. »Unser Sohn in der Bundesliga, im Trikot von Mönchengladbach. All die Jahre hatten wir uns das erhofft.« Jetzt soll er dabei helfen, den 0:1-Rückstand gegen den VfL Bochum aufzuholen.
    Das gelingt ihm nicht, Bochum gewinnt sogar 2:0. Doch Schnitzler, der Torschützenkönig der Regionalliga, kann sich ab jetzt Bundesligaspieler nennen.
    Ein Draufgänger ist er auf dem Fußballplatz, einer, der sich im rauen Strafraumgetümmel wohl fühlt. Technisch
agiert Schnitzler stark genug, und wenn er im Zweikampf seine 1,87 Meter und seine 84 Kilo einsetzt, behält er häufig die Oberhand. Schnitzler lässt sich leiten von seiner Intuition. Oft schleicht er sich von seinen Bewachern weg und wartet am langen Pfosten auf seine Gelegenheit. Schnitzler ist abgebrüht, einer, der im richtigen Augenblick an der richtigen Stelle steht. »Ich war ein bisschen wie Gerd Müller. Wo der Ball hinkam, da war ich auch.«
    Ihm liegen nun einige Anfragen vor, vom aufwärts drängenden Dorfklub Hoffenheim etwa, aus Osnabrück und vom FC St. Pauli. Die nächste Stufe seiner Fußball-Karriere, sie ist in Sicht.

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