René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
er bekommen, so viel wie als Amateur in Leverkusen. Dort aber ist auf Dauer mehr möglich: Wenn Schnitzler im ersten Vertragsjahr fünf Mal in der Bundesliga eingesetzt wird, soll er einen Profivertrag erhalten. Dann, so geht seine Rechnung, könnte er in Leverkusen wesentlich mehr Gehalt einstreichen. »Außerdem haben sich Leverkusens Amateurtrainer Ulf Kirsten und Ralf Minge nachhaltig um mich bemüht«, fügt Schnitzler noch hinzu.
Das war, nachdem sie den Stürmer in einem Punktspiel der Gladbach-Amateure gegen Borussia Freialdenhoven beobachtet hatten. Schnitzler gelang in der ersten Halbzeit nicht viel. »War das alles?«, fragte der frühere Mittelstürmer Ulf Kirsten in der Pause Thomas Kastenmaier. »Wartet’s ab«, erwiderte Kastenmaier, »der René ist immer für eine Überraschung gut.« Wenig später stand Schnitzler mit dem Rücken zum Tor, drehte sich, hob den Ball mit der Hacke über sich und drosch ihn in den Winkel. »Ein Wahnsinnstor«, schwärmt Schnitzler noch heute, »vielleicht das schönste in meiner Karriere.« Die Spione aus Leverkusen jedenfalls waren erstmal überzeugt.
UNTER STARS
René Schnitzler ist in Leverkusen als Stürmer Nummer fünf vorgesehen, hinter Dimitar Berbatov, dem Brasilianer França, dem Ukrainer Andrej Voronin und dem Kroaten Josip Tadić. França jedoch will unbedingt nach Japan wechseln. Auf dem Platz streikt er deshalb, nach dem Training in der Kabine tanzt er. Bald darauf darf er gehen.
Für Schnitzler ist das ein Glücksfall, er rückt in der Stürmerhierarchie bereits vor Saisonbeginn auf Position vier. Augenthaler plant ihn offenbar als feste Größe im Kader ein. »Das lief super an für mich«, erinnert sich Schnitzler. »Sofort im Bundesligakader, damit hatte ich nicht gerechnet. «
Im Mannschaftsbus sitzt er in der zweitletzten Reihe neben Simon Rolfes, der aus Aachen gekommen und auch neu ist. Rolfes erlebt den Anfang einer langen, erfolgreichen Zeit, bald zählt er zur deutschen Nationalmannschaft. Rolfes liest Bücher, Schnitzler beobachtet von hinten zufrieden eine Weltauswahl. Er ist dort angekommen, wo er immer hinwollte.
Bei Auswärtsfahrten teilt er das Zimmer mit dem Ersatztorhüter Tom Starke, heute Stammtorwart der TSG Hoffenheim. In jeder Mannschaft haben sich ein paar Spieler zum Fernstudium angemeldet, sie nutzen die vielen Stunden in den Hotels zur Lektüre von Fachbüchern. Schnitzler und Starke vertreiben sich die Zeit an der Playstation.
Schnitzler ist dabei, als Leverkusen im eigenen Stadion die Spitzenteams Bayern München und Schalke 04 empfängt. Gegen Bayern will Augenthaler ihn gerade einwechseln, als das Spiel abgepfiffen wird. Das Debüt in der Bundesliga ist ausgefallen, nun will Schnitzler aber wenigstens
das Trikot mit dem Bayern-Star Michael Ballack tauschen. Ohne Scheu geht er auf ihn zu, aber Ballack lehnt ab.
In der Reservemannschaft trifft Schnitzler in den ersten drei Spielen zweimal – und weckt so das Interesse anderer Klubs. Möglich ist ein Wechsel noch, die Transferperiode endet erst am 31. August. Als der Zweitligist Hansa Rostock Schnitzler verpflichten will und ihm einen Stammplatz in Aussicht stellt, verweigern Klaus Augenthaler und Manager Michael Reschke die Zustimmung. Sie wollen Schnitzler an ihr Bundesligateam heranführen.
An einem Freitagabend spielt Schnitzler mit Bayer Leverkusen II in Osnabrück. Er erzielt das Siegtor und wird nach einer Stunde vom Platz genommen. Er soll sich schonen, weil Augenthaler ihn auch bei den Profis haben will. Bayer schickt einen Fahrer nach Osnabrück, der Schnitzler abholt und nach Leverkusen ins Mannschaftshotel Lindner bringt. Klaus Augenthaler sitzt noch an der Bar, als sie das Hotel erreichen. Wie so oft hat der Trainer ein Weizenbier und eine Schachtel Zigaretten vor und seinen Co-Trainer Peter Hermann neben sich. »Wie geht es?«, fragt Augenthaler. »Du hast das Tor gemacht, geh jetzt ins Bett, deine Tore können auch wir gebrauchen.« Viel redet Augenthaler nicht mit seinen Profis, das Training leitet in der Regel Peter Hermann. Aber Schnitzler fühlt sich trotzdem gut aufgehoben bei diesem coolen Niederbayern mit dem markigen Gesicht.
Der Verein hat Schnitzler eine Wohnung eingerichtet, nur 120 Meter vom Stadion entfernt. »Die haben sich richtig Mühe gegeben, da war alles vom Feinsten«, erinnert sich Schnitzlers damaliger Berater Gerd vom Bruch. Auch Schnitzler wundert sich über die Fürsorge. Ein Betreuer holt
ihn sogar zur Einkaufstour ab, und
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