Renegade
missbilligend mit der Zunge.
»Genetisch bist du allen anderen in dieser Stadt überlegen. Du warst ein
Wunderkind, sozusagen die perfekte Vollstreckerin. Dein Körper wurde im
wahrsten Sinne des Wortes für diese Aufgabe konzipiert â ich muss es wissen,
schlieÃlich habe ich selbst dafür gesorgt. Leider wehrt sich dein Gehirn
beständig gegen die Konditionierung, doch das hätte sich leicht beheben lassen:
und zwar bei deinen Kindern. Ein paar geringfügige Umrüstungen in ihrer DNA , und schon hätten wir wirklich perfekte
Vollstreckerinnen gehabt.«
Nun packt mich die
Wut. »Hast du mich deshalb am Leben gelassen, Mutter? Wo es doch leichter
gewesen wäre, mich einfach umzubringen?«
»Natürlich. Doch
sobald wir uns sicher gewesen wären, dass deine Kinder die Anlagen besitzen,
die wir uns vorstellen, hätte ich dich vernichtet. Wie jedes andere
Mängelexemplar auch.«
»Da wird nichts
draus«, erklärt Gavin.
»O doch, und zwar
ganz von selbst«, erwidert Mutter. »Evelyns Konditionierung wird die Oberhand
gewinnen, dann wird sie dich töten und zu mir zurückkehren. AnschlieÃend werden
wir diese ganze hässliche Angelegenheit wie gewohnt hinter uns lassen.« Sie
macht eine kleine Kunstpause, bevor sie hinzufügt: »Ach, Evelyn, pass bis dahin
bitte auf dich auf, ja? Es wäre höchst unerfreulich, wenn du dich von einem der
Mängelexemplare umbringen lässt, die sich in Sektor Drei herumtreiben.«
Der
Krieg hat die Oberflächenbewohner verdorben.
Sie wurden von Hass und Gewalt zerfressen und müssen als äuÃerst gefährlich
angesehen werden. Jeder Oberflächenbewohner, der versucht in Elysium
einzudringen, muss unverzüglich erschossen werden.
Statuten
der Vollstreckerinnen 104Â a.1 â
Der
Lautsprecher knackt noch einmal, dann verstummt er. Ich werfe ihm noch einen
finsteren Blick zu, bevor ich mich dem Schaltpult zuwende. Gavin streichelt
meine Schulter. »Keine Sorge, Evie. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas
passiert.«
Ich erwidere nichts,
weil ich mich voll auf die Bedienoberfläche konzentriere. Kein einziges
Lämpchen leuchtet. Sie ist so dunkel wie die Korridore.
»Verdammt!«
Frustriert schlage ich auf das Pult.
»Was ist los?«,
fragt Gavin.
»Wir haben keinen
Strom«, erkläre ich ihm seufzend.
Das scheint ihn
nicht zu überraschen, denn er zuckt nur mit den Schultern. »Aber das lässt sich
doch leicht ändern, oder? Ich meine, was ist mit diesem Generatorenraum?«
»Ich erinnere mich
nicht, wo der liegt.« Verlegen starre ich auf meine FüÃe. Wieder fällt es mir
schwer, Gavin in die Augen zu sehen. Einerseits aus Scham, andererseits weil
das den Impuls in mir auslöst, ihm den Hals umzudrehen. Er ahnt zwar nicht, wie
sehr ich mit mir ringe, doch offenbar spürt er, dass irgendetwas nicht stimmt,
denn er streicht mir über den nackten Arm. Bevor ich mich beherrschen kann,
habe ich bereits seine Hand gepackt und drehe sie ihm um. »Fass mich nicht an«,
knurre ich. »Ist dir denn nicht klar, gegen was ich gerade ankämpfen muss?«
»Verdammt, Evie! Das
sehe ich doch. Soll ich da einfach tatenlos rumstehen?«
»Du hast keine
Ahnung! Ich möchte nämlich meine Hände um deinen Hals legen und zusehen, wie du
stirbst.« Als ich ihn loslasse, blinzelt Gavin schockiert und weicht einen
Schritt zurück. »Also hör endlich auf, mich anzufassen!«
»Tut mir leid«,
erwidert er leise.
Als ich die Angst in
seinen Augen sehe, reiÃe ich fluchend an meinen Haaren. »Nein, mir tut es leid. Es wird einfach immer schwieriger für
mich, in deiner Nähe zu sein.«
»Sollen wir uns
aufteilen? Würde dir das dabei helfen, mich nicht umzubringen?«, schlägt er mit
einem schmalen Lächeln vor, doch ich schüttele den Kopf.
»Nein, wir sollten
uns nicht trennen. Nicht solange diese ⦠Dinger hier rumlaufen. Alles in allem
bist du bei mir wahrscheinlich immer noch sicherer. Ich kann ⦠ich werde es unter Kontrolle halten.« Ich ringe mir ein Lächeln
ab. »Wir stecken hier gemeinsam drin, richtig?«
»Bis zum bitteren
Ende«, nickt er. »AuÃerdem, falls mich wirklich jemand umbringen sollte, dann
doch besser du.« Er haucht mir einen Kuss auf die Wange, direkt neben meine
Lippen, zieht sich langsam von mir zurück und beobachtet mich
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